Kapitel 3

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„Hey, Farlan! Du bist mit Levis Nachtwache dran!“, rief ein rothaariges Mädchen. Sie stand bereits im Schlafanzug neben ihrem Bett, ich lag in dem Bett das mir zugeteilt wurde und sah an die Zimmerwand. „Alles klar, aber um Mitternacht wecke ich dich für den Schichtwechsel“, meinte der Junge, der wahrscheinlich Farlan hieß,  schmunzelnd und verließ dann den Schlafsaal. Die Rothaarige ging zu mir und sah mich neugierig an. „Hey Petra, wer ist der Neue?“, rief sie aufgeregt. „Marco, Isabel. Isabel, Marco“, meinte sie knapp und legte sich dann auch ins Bett. Sie schien müde zu sein.
„Seid ihr alle Levis Schutzengel?“, fragte ich in die Runde. Isabel löste ihre Zöpfe und nickte schulterzuckend. „Farlan, Kuchel und ich sind seine Schutzengel. Petra, Gunther, Eld und Aurou werden gerade dazu ausgebildete. Manche Engel behaupten schon mit Big Bro befreundet zu sein wäre ein Fluch.“ Sie grinste und kletterte dann bei sich unter die Bettdecke. „Eld, mach mal das Licht aus“, rief Petra. Eld kam dem nach und auf einmal war es stock dunkel im Raum.
'Hast du Angst im Dunkeln, Marco?'
'Nein, aber ich mag es lieber, wenn es hell ist.'
'Aber die Dunkelheit beschützt uns vor Titanen. Mehr als Eren es mit seinen Wutanfällen je könnte.'
'Jean, was soll das?'
'Hab einfach keine Angst. Ich bin doch hier.'
Das hatte er damals gesagt und jetzt gerade würde ich alles dafür tun un bei ihn zu sein, damit er es mir wieder sagen kann.
Ich hörte wie Petra und Aurou sich noch leise flüsternd unterhielten, bis auch aus ihrer Richtung irgendwann nur noch gleichmäßiges Atmen zu hören war. Sie schliefen alle, doch ich war noch wach und wollte auch einfach nicht einschlafen. Stunde um Stunde verging, ohne das ich es wirklich bemerkte und plötzlich öffnete sich die Tür, Farlan kam rein und ging auf leisen Sohlen zu Isabels Bett. 'Schichtwechsel? Ist etwa schon Mitternacht?', dachte ich mir. Ich hörte die Beiden miteinander flüstern und kurz darauf verließ Isabel leise das Zimmer.
Am nächsten Morgen kam es mir so vor, als ob ich gar nicht geschlafen hätte und die anderen hatten es auch nicht gerade leicht damit mich aus dem Bett zu bekommen. „Komm schon, Marco! Du musst aufstehen, sonst kommst du an deinen ersten Tag noch zu spät!“, sagte Petra und versuchte mir die Bettdecke weg zu ziehen, doch ich krallte mich daran fest. „Lass mich das machen, Petra“, hörte ich Aurou sagen, was mir in dem Moment aber relativ egal war. In diesem Moment war ich mir sicher, dass nichts und niemand mich aus dem Bett kriegen würde. Jedenfalls dachte ich das, bis Jemand meine Matratze auf einer Seite hoch hob, so dass ich der Schwerkraft komplett ausgeliefert aus dem Bett stürzte. Ich sah verschlafen hoch und erkannte auch sofort, wer mich buchstäblich aus den Federn geworfen hat: Aurou.
„Jetzt beeil dich endlich. Du musst vor Unterrichts Beginn auch noch zu Kuchel und ich denke echt nicht, dass du zu spät kommen willst!“, meinte Petra und schob mich Richtung Badezimmer.

Wenig später saß ich Kuchel angezogen und einigermaßen wach gegenüber, so wie gestern, als ich hier ankam und mir gesagt wurde, dass ich gestorben bin. Meine Ausbilderin gab mir meinen Stundenplan und einige Bücher die ich für den Unterricht brauchen würde, bevor sie etwas unter den Schreibtisch hervorholte und es vor mir abstellte. „Ist das...“, fing ich an, brach aber mitten drin ab und sah meinen Gegenüber fragend an. „Ganz recht, eine 3D Manöver Ausrüstung. Du hast deine Prüfung noch nicht bestanden und dir deine Flügel noch nicht verdient, aber irgendwie musst du dich ja fortbewegen und hiermit kennst du dich ja sicherlich schon aus“, sagte sie lächelnd und ich nickte, bevor ich die Bücher und Ausrüstung an mich nahm. „Marco“, meinte sie da plötzlich, ihr Gesichtsausdruck war ernst, es machte mir beinahe schon Angst. „Ja?“ Kuchel räusperte sich und schien mit den Worten zu ringen. „Weißt du, es ist jetzt soweit, dass Jean...deine Leiche findet und ich dachte...etwas himmlischer Beistand würde ihm nicht schaden.“ Ich sah sie fassungslos an und versuchte mich wieder zu fangen, doch da bildete sich ein Knoten in meinen Hals, der mir das Atmen erschwerte. Jean sollte meine Leiche finden? Warum ausgerechnet er? Das kann doch alles nicht wahr sein. Ich legte die Sachen wieder hin, als die Schwarzhaarige meine Hand nahm. „Willst du zu ihn?“ Ich nickte und sie schnipste. Ach ja, dieses Teleportation Schnipsen. Ich schloss automatisch meine Augen und als ich sie wieder öffnete, stand ich neben Kuchel mitten in Trost. Die Gebäude waren zum größten Teil zerstört, es stank nach Verwesung, die Leichen stapelten sich am Wegesrand und Menschen in Schutzkleidung rannten durch die Straßen. Ja, es sah aus wie ein Schlachtfeld, aber ich konnte weit und breit keinen Titanen sehen. Hieß das etwa, die Menschheit hatte diesen Kampf gewonnen und Trost zurück erobert? Ich sah mich um und plötzlich sah ich Jemanden am Straßenrand stehen, er starrte auf einen Punkt an der Wand, den ich von meinen Blickwinkel aus nicht sehen konnte, aber trotz Mundschutz erkannte ich die Person. „Jean“, rief ich, auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass er mich so als Azubi Engel nicht sehen konnte. Ich hörte Kuchel hinter mir irgendetwas rufen, doch ich beachtete sie nicht und rannte einfach weiter auf meinen Freund zu. „Jean“, keuchte ich außer Atem (A/N: Wer zweideutig denkt bekommt Schläge) und blieb neben ihm stehen. Erst jetzt, wo ich so nahe bei im war, erkannte ich, dass er den Schock im Gesicht stehen hatte und als ich seinem Blick folgte, sah ich auch warum.

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