Kapitel 9

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Marcos Pov:

Das erste was ich hörte als ich wach wurde war das schnelle kratzen von einem Stift über Papier, rascheln, mehr nicht. Langsam öffnete ich meine Augen und sah mich um, nur um festzustellen, dass ich nicht die leiseste Ahnung hatte wo ich mich befand. Ein dreckiges Kellerloch ohne Fenster nur von einigen Kerzen beleuchtet un in dem Schein der Kerzen erkannte ich einen Engel, ungefähr so alt wie ich, vielleicht auch etwas älter. Sie kritzelte in ein kleines Büchlein, als sie plötzlich auf sah und sich unsere Blicke kreuzten. „Oh gut, du bist wach“, stellte sie fest und steckte das Notizbuch weg. Ich stand auf und sah sie verwirrt an, während die Erinnerung der letzten Nacht auf mich einprasselten. „Mr. Angelus“, murmelte ich und das Mädchen nickte wissend. „Ich weiß, ich weiß. Komm, setz dich erst mal!“ Sie zog mich am Handgelenk zu ihr runter und ich setzte mich im Schneidersitz neben sie. „Ilse Langnar“, stellte sie sich knapp vor und hielt mir die Hand hin. „Marco Bott.“ Wir gaben uns die Hand und für einen kurzen Moment herrschte Stille. „Also, bist du diesen Durchgeknallten auch auf die Schliche gekommen?“, fragte Ilse woraufhin ich nickte. „Ja schon schön blöd. Die einzigen die darüber bescheid wissen und wir sitzen hier fest“, murmelte sie, was mich noch nervöser machte. „Wo sind wir hier überhaupt?“, erkundigte ich mich. Sie seufzte. „Im Hochsicherheitstrakt. Hier kommt man nicht so leicht raus, ich suche schon seit einem Monat nach einen Ausweg.“ Einem Monat? Autsch, das war heftig. Ilse holte wieder ihr Notizbuch hervor und blätterte darin herum. „Meine Nachforschungen haben ergeben, dass Mr. Angelus eine Truppe an Engeln anführt die sich gegen die Regeln des Himmels auflehnen wollen, so wie sein Vater zuvor. Zuschlagen will er bei der nächsten Expedition, die in kürze stattfinden müsste. So genau weiß ich das nicht, dass mit dem Zeitgefühl ist hier unten so eine Sache.“ Sie schlug das Buch wieder zu und seufzte. „Ist auch eigentlich egal, wir werden ihn sowieso nicht aufhalten können.“ Die nächste Expedition? Wenn ich nicht länger als 24 Stunden geschlafen habe, müsste die eigentlich schon morgen sein und ich wollte da mit. Wer sollte sich sonst um Jean kümmern? „Wir können doch nicht einfach hier rum setzten und nichts tun, irgendeinen Weg muss es geben. Was ist mit teleportieren?“ Ich hatte den Satz kaum ausgesprochen, da traf mich Ilses Notizbuch zum Rohr gerollt auf dem Kopf. „Für wie blöd hälst du mich eigentlich? Wenn man sich hier weg teleportieren könnte, wäre ich schon längst weg, aber im Hochsicherheitstrakt kann man seine Kräfte nicht anwenden.“ Ja, sie hatte ja recht, aber es wäre ja möglich gewesen. Ich sah mich um, doch der einzige Weg raus war die Stahltür am anderen Ende des Raumes. Warum ausgerechnet Stahl? Wie einfach es doch jetzt wäre, wenn die Tür aus Holz wäre. „Ich frage mich nur, warum er uns noch nicht getötet hat. Ich meine, eigentlich hat er doch keine Verwendung mehr für uns“, meinte Ilse, woraufhin ich sie entnervt ansah. „Warst du schon immer so optimistisch?“, fragte ich sarkastisch, doch sie zuckte nur mit den Schultern. „Weißt du wie ich gestorben bin?“, fragte ich beiläufig. Sie schüttelte den Kopf, schien aber interessiert zu sein. „Ich habe ein Gespräch mit angehört, das nicht für meine Ohren bestimmt war. Das war mein Todesurteil, ähnlich wie jetzt. Ich scheine ein verstecktes Talent dafür zu haben.“ Ilse kicherte und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. „Falls es dich tröstet, mein Todesurteil war, dass ich lieber das Verhalten eines sprechenden Titanen dokumentiert habe anstatt um mein Leben zu rennen.“ Ich stand auf und hielt ihr eine Hand hin, welche sie nur argwöhnisch musterte. „Komm schon, wird Zeit, dass wir ein Rätsel mal zu Ende bringen anstatt kurz vorher zu sterben.“ Sie nickte zustimmend und nahm meine Hand, woraufhin ich sie hoch zog. „Na schön, aber wie sollen wir jetzt hier raus kommen? Mit den Kopf durch die Stahltür wird wohl kaum funktionieren“, meinte sie, doch ich deutet mit einen nicken an die Decke. „Da oben ist ein Lüftungsschacht der nach draußen auf den Gang führen müsste. Wir machen eine Räuberleiter, du kletterst da hoch und siehst dann irgendwie zu, wie du die Tür von außen auf bekommst.“ Ilse nickte und so stellte ich mich unter den Lüftungsschacht, die Hände zu einer Schale geformt und auf mein Knie gestützt. Sie stellte einen Fuß in meinen Hände und hielt sich mit der Hand an meiner Schulter fest, bevor ich mich auf richtete und sie so in die Nähe des Schachtes brachte. „Lass mich bloß nicht fallen“, meinte sie und nahm das Gitter, das die Öffnung des Lüftungsschachtes versperrte, ab. Ihr Gewicht auf meinen Händen und der Schulter ließ nach, als sie sich hoch stämmte und im inneren des Schachtes verschwindete. „Ihhh hier ist es voll staubig!“, hörte ich ihre gedämpfte Stimme und schüttelte den Kopf. War das jetzt etwa ihre einzige Sorge? Ich hörte das laute rumpeln über mir, als Ilse sich ihren Weg durch den Schacht bahnte, so dass es mich schon fast wunderte, dass niemand etwas bemerkte. Ich hörte einen dumpfen Knall und kurz darauf Ilses Stimme auf der anderen Seite der Tür. „Das ist nur ein Riegel. Ich hab dich im Hand umdrehen da raus!“ Ein Klacken war zu hören und kurz darauf öffnete sich die Tür. „Von wegen Hochsicherheitstrakt. Wir haben es geschafft!“, rief ich und verließ die Zelle, doch sie schien nicht so überzeugt zu sein. „Freu dich nicht zu früh, hier laufen überall Wachen rum und die Chance einen von denen in die Arme zu laufen ist groß. So viel ich weiß, gehören sie auch alle zu Mr. Angelus.“ Für mich hieß das im Klartext, dass wir sowieso erwischt werden würden, aber nachdem wir es so weit geschafft hatten, wollte ich mich davon nicht abhalten lassen.

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