Aussicht

2.8K 125 10
                                    

Ich frage mich oft wer ich bin.
Ich meine damit, ich habe eine Identität aber diese ist nur eine Hülle meines Äusseren. Ich frage mich oft was ich will, was ich nicht will und was mit die Zukunft bringen wird. Viele Menschen träumen vom grossen Reichtum, vom Leben ohne Limit und von Aussichten auf Paris oder London. Sie stellen sich vor wie sie über allen anderen Menschen stehen und auf sie hinabblicken. Oft frage ich mich ob ich mich in diese Gruppe von Menschen einordnen kann, und ob ich ebenfalls über alle anderen stehen und auf Paris oder London blicken will von meiner teuren Anlage aus.
Oder ordne ich mich vielleicht in die Gruppe ein, die zufrieden sind mit dem was sie haben? Die, die später einmal nur ein Haus mit ihrer Familie in einer kleinen Siedlung haben möchten und dort ihr restliches Leben verbringen wollen.
Ich frage mich ob ich auch beides haben könnte.
Vielleicht bringt mir die Zukunft aber eher negative Überraschungen, vielleicht läuft alles schief und ich ende obdachlos auf der Straße.
Jedes mal wenn ich an Obdachlosen vorbeilaufe lege ich etwas Kleingeld in deren Bächer und hoffe das es ihnen etwas bringt, aber vielleicht lege ich es auch nur hin weil ich hoffe das Menschen bei mir das selbe machen wenn ich in dieser Situation bin.

Ich erinnere mich noch gut an meine Denkweise vor einiger Zeit. An die Denkweise, die meine Zukunft beschrieb, kaum negativ..eher voller Hoffnung.

Vor drei Tagen jedoch, habe ich diese Hoffnung verloren. 

Ich wachte auf und neben mir lag Taehyung. Ich war ungefesselt und er hatte mich gefragt wieso ich nicht versuchen würde zu fliehen, so fing das Chaos an. Vor drei Tagen.. oder waren es schon mehr? Ich habe mein Zeitgefühl verloren, und liege nun hier auf den kalten, nassen Kellerboden welcher mir 24 Stunden am Tag eine Gänsehaut bereitet, denn Taehyung muss völlig durchgedreht sein, so furchtbar, dass das alles außer Kontrolle gerät. Ich habe inzwischen eine solche Angst, das sich meine Fingerkuppen nicht mehr erwärmen, und sie wohl bald absterben.

Taehyung und ich lagen in seinem Bett und er hatte mir von seiner Kindheit erzählt. Er hatte mir erzählt wie stark er von seinen Eltern vernachlässigt worden ist, und wie seine Eltern beide Drogenabhängige waren, sie nicht mal davor zurück schreckten ihren Kindern ebenfalls welche an zu bieten. Er hatte immer abgelehnt, seine Schwester hatte jedoch ein paar Mal ebenfalls etwas ausprobiert, und war letztendlich an einer Überdosis verstorben, mit 14 Jahren. Taehyung war zu dem Zeitpunkt schon 18 und hatte entschieden sich von seinen Eltern abzuschotten und ein neues Leben als Künstler zu beginnen. Für seine Kunst hatte er vieles machen müssen, Tiere aufschlitzen und sie dann abmalen, Gebäude in Brand setzen um sie dann auf der Leinwand abzubilden, und Menschen eine Todesangst einjagen nur um ihre verängstigten Gesichter auf sein Block zu zeichnen. Freunde hatte er nie viele, ein paar enge Kontakte aber nichts für die Ewigkeit. Mit der Zeit hatte er angefangen sich Prostituierte zu kaufen und One Night Stands zu habe, eine Beziehung hatte er auch nie. Er hatte von niemandem auf dieser Welt Liebe bekommen, und war immer nur ganz allein. Ich hörte ihm natürlich die ganze Zeit zu während er erzählte, und wagte es kaum ihn zu unterbrechen. ''Menschen, Jungkook. Sie sind alle grausam, doch die die ihre dunkle Seite ausleben, sind die, die mit gutem Gewissen ins Grab gehen.'', hatte er mir gesagt, jedoch wusste ich nicht ganz was ich dahinter deuten sollte.

Im Laufe seiner Geschichte hatte er oftmals seine Mutter erwähnt, und ich erinnerte mich wie er mir gesagt hatte er hätte sie ermordet. Er erzählte, das sie eine wundervolle, traumhaft schöne Frau, voller Eleganz und Stolz gewesen sei, und die beste Mutter die er sich hätte vorstellen können zu haben. Sie war die Art von Mutter, die ihren Kindern täglich das Pausenbrot zubereitet hatte, und jedes mal mit gekochtem Essen auf dem Tisch gewartet habe bis ihre Kinder nach Hause kamen nach der Schule. Sie war die Art von Mutter, die ihnen Schlaflieder vorgesungen habe, und sie so doll zugedeckt habe, das auch ja keine bösen Monster unterm Bett ihnen hätten schaden können, eine Bilderbuch Mama eben. Doch seine Miene verfinsterte sich. ''Nachdem mein Vater anfing mit den Drogen und dem Alkohol, konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Er fing an sie zu schlagen und furchtbare, furchtbare Dinge mit ihr anzustellen. Sie veränderte sich natürlich, sie war nie wieder die Mutter die sie einmal war. Sie redete kaum noch mit uns, kümmerte sich nicht mehr um mich und meine Schwester und fing nach etlichen Drohungen meines Vaters ebenfalls mit Alk und Drogen an.'' erzählte er. Irgendwann sei seine sonst so süße Mama durchgedreht, so schlimm das seine Schwester sich das Leben mit der genannten Überdosis nahm. Ich bin mir sicher, er hat sich nie davon erholt. Und meine Intuition hatte sich nicht geirrt. 

Ich machte den größten Fehler überhaupt. ''Taehyung, hast du deine Mutter umgebracht?'', das waren meine Worte, die mich in diesen kalten Keller versetzt hatten, denn ich hatte seinen wunden Punkt getroffen. Gleich nachdem ich diese Worte ausgesprochen hatte packte er mich an meinem Hals und warf mich auf den Boden, schlug auf mich ein und ließ wohl seinen ganzen Schmerz an mir aus. Ich hatte einen solchen Schock das ich während dem Ganzen kaum etwas mitbekam, ich erinnere mich nur wie es plötzlich nass unter mir wurde da ich wohl so Angst hatte. Er band mehrere Seile um mich und zog mich wie ein totes Tier hinter sich her, die Treppe runter in den Keller. Dort legte er mich ab und nun warte ich hier. Worauf ich warte, weiss ich nicht, ich bin gefesselt, habe Hunger und Durst, und möchte endlich aus diesem Keller raus, doch ich weiss einfach nicht wie.

PsychopathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt