Fröhlich singend wandere ich durch den Wald. Aus weiter Entfernung habe ich gehört wie die Menschen Musik machen. Mit diesem Lied im Kopf tanze ich nun leise vor mich hin summend zwischen den Bäumen hindurch, welche inzwischen zu meinem Zuhause geworden sind. Meine nackten Füße berühren den Waldboden und ich kann die kleinen Nadeln der Bäume in meine Fußsohlen piksen fühlen, was mich unglaublich beruhigt. In der Natur zu sein erfreut mein Herz, meine Seele und mein inneres Tier.
Glücklich atme ich den Duft des Nadelwaldes ein und drehe mich mehrmals im Kreis, einfach weil mir danach ist. Noch vor einigen Jahren hätte ich nie gedacht, dass mir dies einmal möglich sein würde. Einfach frei und glücklich zu sein. Mein Leben so zu gestalten wie ich es möchte. Mit Schaudern denke ich an die Zeit zurück, als mich meine Familie versteckt gehalten und nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen hat. Seufzend vergrabe ich meine Füße im Boden und schüttele die störenden Gedanken ab. Es gibt nichts mehr, was mich an diese Zeit erinnert.
Seufzend wende ich mich wieder der Realität zu. Mein Weg führt mich tiefer in den Wald. Nach einer längeren Reise, nur begleitet vom zwitschern der Vögel, komme ich an meinem Ziel an. Eine große Eiche steht inmitten dieses Mischwaldes und das wahrscheinlich auch schon länger, als ich mir das überhaupt vorstellen kann.
Dort oben, in den Wipfeln etwa hundert Meter in der Luft, habe ich mir ein kleines Baumhaus errichtet. Und wenn ich klein sage, dann meine ich auch klein. Ohne mit der Wimper zu zucken steige ich hinauf. Das habe ich schon so oft gemacht, dass es sogar im Schlaf für mich möglich wäre hier hoch zu kommen.
Mein eigenes kleines Reich ist kaum zehn Quadratmeter groß, aber ich bin so stolz drauf als wären es hundert. Es hat mich Unmengen an Zeit gekostet all das hier hoch zu schleppen. Vor allem die Matratze, welche zwei mal zwei Meter groß ist und lediglich auf den Holzbrettern liegt, welche den Boden bilden, hat mich einiges an Mühe gekostet. Zusätzlich verfügt mein Domizil über mehrere Regale, in denen kleine Fläschchen mit Medizin oder vorbereiteten Suppen stehen. Diese kann ich mir auf einer kleinen tragbaren Herdplatte erhitzen, welche über ein Solarpaneel auf dem Dach ihren Strom bekommt. Mehr benötige ich nicht.
Die meiste Zeit verbringe ich sowieso draußen in der Natur. Für Gestaltwandler ist das Waschen in einem See kein Problem, sondern eher ein inneres Bedürfnis. Fröhlich vor mich hin pfeifend hänge ich die Kräuter auf, wegen denen ich unterwegs gewesen bin. Dabei schwingt mir mein braunes Kleid, welches ich mir vor einigen Jahren besorgt habe, locker um die Beine.
„Gestohlen hast du es.", schaltet sich mein inneres Tier ein, welches die meiste Zeit über nur blöde Kommentare von sich gibt. „Ach halt die Klappe.", murmel ich und ignoriere die Tatsache, dass ich mit mir selbst rede. Unter Gestaltwandlern ist das beinahe normal, schließlich sind der Mensch und das Tier selten einer Meinung. „Ich habe etwas zum anziehen gebraucht, auch wenn du das anders siehst. Außerdem bin ich vorsichtig gewesen. Niemand hat mich gesehen." „Dafür habe ja wohl ich gesorgt. Ohne mich hättest du die letzten zehn Jahre nicht in der Wildnis überlebt."
Diese Tatsache kann ich leider nicht verleugnen, weshalb ich nur leise aufseufze. Manchmal bin ich es Leid niemals alleine in meinem Kopf zu sein. Andererseits wöllte ich sie jedoch auch nicht missen. Dann hätte ich niemanden mehr, mit dem ich reden könnte.
Nachdem ich alle Kräuter verkehrt herum zum trocknen aufgehangen habe, klettere ich einen Ast entlang, um bis über das Blätterdach zu gelangen. Von hier aus kann ich den Sonnenuntergang beobachten. Wie er den Himmel und die wenigen Wolken in allen möglichen Farben erleuchtet.
„Hier ist es wunderschön.", kann ich das glückliche und entspannte murmeln in meinem Kopf hören und dem nur gedanklich zustimmen. Jetzt wo der Frühling langsam dem Sommer weicht und die Temperaturen immer weiter ansteigen fühle ich mich richtig wohl. Im Winter schläft die Natur und ich muss in meiner kleinen Hütte ohne Heizung frieren. Zudem sind Versteckmöglichkeiten nur spärlich vorhanden. Deshalb bin ich im Winter meistens unterwegs und reise durch die Gegend. An schönere, sonnigere und vor allem wärmere Orte. Doch nun bin ich froh, dass ich mal wieder für längere Zeit in gewohnter Umgebung sein kann. Endlich Zuhause.
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Gefährtin des Alphas
FantasyIsalie ist einst aus ihrem Rudel geflohen und lebt seitdem fernab jeglicher Zivilisation. Allein schlägt sie sich durchs Leben, bis ein schicksalhafter Tag alles verändert. Und die junge Gestaltwandlerin ihrer eigentlichen Bestimmung zuführt. Hallo...