Kapitel 4

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Als ich dieses Mal wach werde ist alles ganz anders. Keine Schmerzen oder laute Stimmen drängen sich in mein Bewusstsein. Aber auch keine grauen Augen sind zu sehen. In diesem Moment bin ich mir nicht sicher, ob ich das alles vielleicht nur geträumt habe. Langsam sondiere ich die Lage. Das Zimmer ist immer noch das einer Krankenstation. Mit weißen Fliesen überall und einem Waschbecken an der Seite. Ein großer Schrank, in welchem ich Arzneimittel vermute, steht neben einem großen Fenster links von mir. Leider sind die Vorhänge davor gezogen, weshalb ich nichts erkennen kann. Zu meiner rechten ist die einzige Tür, durch welche ich gleich verschwinden werde.

Vorsichtig richte ich mich in dem Bett auf, doch der befürchtete Schwindel bleibt aus. Um mich herum sind eine Menge Geräte und die meisten davon sind auch in Verwendung. Zuerst entferne ich die Nadel aus meinem Arm, welche wohl für irgendwelche Infusionen genutzt worden ist. Dann die Aufkleber, welche meinen Herzschlag überwachen. Ich will gerade aufstehen, als mir auffällt, dass ich nackt bin. Dann entdecke ich auf einem Stuhl, welchen ich bis jetzt noch gar nicht registriert hatte, mein Kleid. Es sieht ein wenig schmutzig und zerknittert aus, trotzdem Streife ich es mir schnell über. Der Junge hat es also wirklich zu seinem Rudel zurück geschafft!

„Wir können stolz auf uns sein." Dem kann ich nur zustimmen. Leise schleiche ich zur Tür und öffne sie vorsichtig. Da niemand zu sehen ist gehe ich einfach weiter, bis ich eine weitere Tür erreiche. Diese scheint nach draußen zu führen. Und es stimmt. Kaum habe ich sie geöffnet, werde ich von strahlendem Tageslicht geblendet. Es kommt mir so vor als hätte ich die Sonne seit Tagen nicht gesehen. Vielleicht ist es auch genau so. Gerade als ich mich davon schleichen will, ohne das ich irgendeine Art von Aufmerksamkeit auf mich ziehe, springt mich jemand an.

Sofort erkenne ich den kleinen Jungen und fange ihn auf. "Du bist ja schon wach. Mama hat gesagt das dauert noch etwas. Wie geht es dir?", sprudelt es aus ihm heraus. Ich kann ein Lächeln nicht unterdrücken, als ich ihm antworte. "Mir geht es wunderbar. Besonders jetzt wo ich dich hier herum toben sehe." Als sich uns Schritte nähern drehe ich mich zu ihnen um, halb in Erwartung, dass es wieder die Wölfe sind. Doch um die Ecke kommt die große Frau, die ich auch schon bei mir im Krankenzimmer gesehen habe.

"Bastien! Da bist du ja! Du sollst dich doch ausruhen hat der Arzt gesagt!" Die Besorgnis einer Mutter ist deutlich heraus zu hören, auch wenn meine eigene nie um mich besorgt gewesen ist. "Ich wollte sie besuchen. Sieh mal, sie ist wach.", ruft der Junge freudig, runzelt dann jedoch die Stirn und sieht mich fragend an. "Wie heißt du eigentlich?" Verwirrt muss ich blinzeln. Offenbar weiß niemand hier meinen Namen. „So sollte es besser auch bleiben. Ist ungefährlicher für alle Beteiligten." Dem kann ich nur zustimmen. So oft sind wir lange nicht mehr einer Meinung gewesen. Trotzdem muss ich antworten. "Du kannst mich Izzy nennen.", teile ich ihm schließlich meinen Spitznamen aus Kindertagen mit. Bevor alles in die Brüche gegangen ist.

"Hallo Izzy. Ich heiße Bastien und das ist meine Mama." "Hallo Bastien. Wie geht es dir denn? Hast du Spaß hier draußen?" Beinahe hätte ich ihn an die dramatischen Stunden im Wald erinnert, die er sicherlich noch nicht verarbeitet hat. "Wenn der Arzt sagt, dass ich wieder raus darf, spielen wir dann zusammen?" Das ist eine knifflige Frage. Ein solches Versprechen kann ich nicht geben, aber ihn vor den Kopf stoßen will ich auch nicht. Gespannt wartet der Junge auf meine Antwort und offenbar geht es seiner Mutter da nicht anders.

"Werde erstmal gesund. Dann sehen wir weiter, ja? Und danke, dass du auf mein Kleid aufgepasst hast." Ablenken ist bei Kindern immer die beste Strategie, auch wenn seine Mutter meine Taktik bemerkt. Sagen wird sie nichts, einfach schon um ihren Sohn zu schützen. Wie sie ihn nach diesem Vorfall überhaupt schon aus den Augen lassen kann ist mir sowieso ein Rätsel. Mir fällt es schon schwer ihn wieder abzusetzen, auch wenn ich weiß, dass er jetzt wieder in Sicherheit ist.

Gefährtin des AlphasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt