Kapitel 5

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Wieder wache ich an einem Ort auf, den ich nicht kenne. Langsam wird das zur Gewohnheit. Ich sollte wieder mehr auf mich und meine Gesundheit acht geben. Der Gedanke verstärkt sich, als ich die vielen Verbände sehe, welche um meinen Körper gewickelt sind. Mein rechter Arm befindet sich in einer Schlinge, der linke sowie mein halber Oberkörper und Teile meiner Beine sind so oft umwickelt, dass ich keine Haut mehr sehen kann. Da lediglich mein rechter Arm schmerzt beginne ich einen Verband um mein Bein abzuwickeln. Hervor kommt ein verheiltes Stück, welches lediglich eine winzige Narbe aufweist. An meinem anderen Bein ist sogar gar keine zu sehen.

Ich will gerade anfangen meinen Oberkörper abzuwickeln, als ich Schritte hören kann, die auf mich zu steuern. Schnell bedecke ich meinen Körper wieder mit der Decke und sehe zur Tür. Diese wird leise geöffnet und ein schwarzer Haarschopf mit blauen Augen schaut herein. "Ach, du bist wach. Das ist ja schön! Ich soll nach dir sehen." Wie selbstverständlich kommt Natalya herein und schließt die Tür hinter sich. In der Hand hält sie ein grünes Kleid, welches sie nun zu mir aufs Bett legt. Auf meinen fragenden Blick hin gibt sie eine Erklärung ab.

"Im Kampfgetümmel ist deins leider zerstört worden. Also bringe ich dir ein neues, welches so ähnlich ist. Ich hoffe es gefällt dir." Ohne weitere Aufforderung hilft mir die Gestaltwandlerin die restlichen Verbände abzulegen. Zu meiner Überraschung sind sonst nirgends Narben zurück geblieben. Lediglich mein rechter Arm schmerzt noch etwas, aber das geht auszuhalten. Trotzdem muss ich einen Schmerzenslaut unterdrücken, als ich mir vorsichtig das grüne Kleid überziehe. Natalya scheint es bemerkt zu haben und kommentarlos bindet sie ihn wieder ein, damit er geschont bleibt.

"Wo bin ich hier eigentlich?", traue ich mich schließlich zu fragen und sehe zu der Gestaltwandlerin, welche mir nun hilft aus dem Bett zu kommen. Kurz habe ich mit Gleichgewichtsproblemen zu kämpfen doch das verfliegt schnell wieder.

"Das ist Luciens Zimmer.", lautet die kurze Erklärung, von der ich mehr als nur überrascht bin. Normalerweise überlässt ein Alpha keinem fremden Gast sein Zimmer. Aber hier ist es auch nicht so, wie ich es bisher kennen gelernt habe. Vielleicht hält er es für seine Pflicht auf mich aufzupassen weil ich bereits das zweite Mal verletzt worden bin, als ich mit seinem Rudel zu tun hatte.

Gestaltwandler denken manchmal in unlogischen Bahnen. Vor allem Alphatiere. Schließlich habe ich mich aus freien Stücken dazu entschieden. Niemand hat mich dazu gezwungen. Das werde ich ihm sagen und dann nach Hause gehen. Und ich werde mich beim Arzt bedanken. Der hat wirklich erstaunliches geleistet. "Wie geht es den anderen? Wurde noch jemand verletzt?" Vor meinem inneren Auge taucht der Gestaltwandler mit dem kleinen Mädchen im Arm auf. Viele der Kinder und Alten sind noch nicht in Sicherheit gewesen, als der Kampf begann und über die Kämpfer will ich gar nicht erst nachdenken.

"Einige wurden verletzt, aber nicht so schwer wie du. Das meiste hat Titus, unser Beta, abbekommen als er Lucien verteidigt hat. Er ist noch nicht aufgewacht." Die Sorge in Natalyas Stimme ist nicht zu überhören. Wieder macht sich Ärger und Kummer in mir breit, wenn ich an die Wölfe und ihren Angriff denke. Aber hier kann ich nichts tun. Viel eher bin ich eine Last. Ein schwarzer Panther hat immer eine Zielscheibe auf dem Rücken und deshalb sollte ich so schnell wie möglich verwinden. Und das am Besten auch den Wölfen mitteilen. Nach einem Jahr Sesshaftigkeit ist nun wieder die Zeit des umher Ziehens gekommen. Offenbar ist es mein Schicksal nicht länger an einem Ort zu verweilen.

"Ich würde mich gerne noch bei eurem Arzt bedanken. Was er für mich getan hat ist unglaublich. Das war nicht selbstverständlich.", bringe ich schließlich über die Lippen. Überrascht runzelt Natalya die Stirn, sagt aber nichts und führt mich zu dem Gebäude, in welchem ich zum ersten Mal erwacht bin.

Als wir den Vorraum betreten kann ich den Geruch des Arztes, von Lucien, Titus und einem mir unbekannten Gestaltwandler erkennen. Einmal atme ich noch tief ein, dann betrete ich das Krankenlager. Ich kann sofort erkennen, dass der mir unbekannte Geruch der Frau von Titus angehört, welche weinend auf dem Stuhl neben seinem Bett sitzt.

Lucien steht hinter ihr und hat zum Trost eine Hand auf ihrer Schulter. Der Arzt steht auf der anderen Seite und erzählt irgendwas über die Chancen des Gestaltwandlers. Offenbar sieht es gar nicht gut aus. Ich wünschte ich könnte helfen. „Wir helfen am Besten, wenn wir verschwinden." Damit hat mein Panther wahrscheinlich recht. Trotzdem ist es nicht so leicht, auch wenn mir hier alle fremd sind. Als Natalya und ich bemerkt werden verstummt der Arzt und aller Augen richten sich auf uns.

"Was willst du hier? Das ist alles deine Schuld! Verschwinde!", faucht mich die Frau an. Wir wissen beide, dass ihr Hass mir gegenüber unbegründet ist, aber wenn sie ihre Wut und Trauer nicht irgendwie loswerden kann, dann schadet sie sich selbst am meisten. Da ich sowieso vorhabe zu gehen ist es mir einerlei, was sie von mir hält. "Ich will mich verabschieden. Ich danke euch für die Gastfreundschaft, aber es ist an der Zeit." Mein Blick richtet sich auf den Arzt, welcher am Unglücklichsten über meine Ankündigung zu sein scheint.

"Besonders an sie richtet sich mein Dank. Ich hätte nicht gedacht das eine Heilung innerhalb weniger ... ähm ... Tage möglich ist." Wenn man es genau betrachtet habe ich nie nachgefragt, wie lange ich eigentlich geschlafen habe. Stirnrunzelnd betrachte ich meinen Arm. Er muss gebrochen gewesen sein. Und auch wenn er noch etwas schmerzt ist er trotzdem so gut wie heil. Es muss mindestens ein paar Tage gedauert haben. Scheinbar bin ich schon länger hier als ich dachte. „Das ändert aber nichts an unserem Plan."

Die Umstehenden können sich sicher vorstellen in welche Richtung meine Gedanken gedriftet sind, geben aber keinen Kommentar dazu ab. Aber mein Panther hat mal wieder recht. Der Plan zu verschwinden ändert sich dadurch nicht. "Ich danke euch allen, aber es ist besser wenn ich jetzt gehe." Ein lautes Piepsen hält mich davon ab die Tür zu öffnen, gerade als ich die Hand nach der Türklinke ausgestreckt habe. Überrascht drehe ich mich um und sehe in die braunen Augen von Titus. Seine Frau umarmt ihn stürmisch, aber seine Augen sind auf mich gerichtet.

Gefährtin des AlphasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt