Kapitel 12

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Ich schnappte mir das nächst beste was ich fand - was leider nur ein Buch war - und begab mich in Angriffstellung. Aus meinem Augenwinkel, sah ich, dass Jim leicht zusammen gezuckt war. Aber vielleicht habe ich es mir auch nur eingebildet. Der Junge schaute mich leicht erschrocken an, aber dann hob er eine Augenbraue, als er das Buch in meiner Hand sah.

»Was?«, fragte er spöttisch, »Willst du mich mit einem Buch bewerfen?« Ich funkelte ihn an. »Ich wette du würdest nicht mal treffen.«

»Kyle« Ich sah Kate hinter ihm auftauchen. »Was machst du denn hier?«

»Was machen diese zwei Kinder hier?«, konterte er. Kinder? Also bitte. Als ob er so viel älter wäre! Höchstens zwei, drei Jahre...

»Emily hat sie her gebracht.«, erklärte Kate, »Aber solltest du nicht oben, bei ihr sein?«

»Was denkt sie sich eigentlich, die zwei hier her zu bringen?« Er fuhr sich mit der Hand, seine dunklen Haare nach oben.

»Der Junge brauchte Hilfe.« Jetzt ist auch Kate ein bisschen verärgert.

»Na und?«, fuhr dieser Kyle sie an, »Hätte er doch zu einem Arzt gehen sollen!« Also ist dieser Doktor James doch kein Arzt...

»James ist ein Arzt«, beharrte Kate und sah mich an.

Verstehe... Der Junge hat versehentlich zugegeben, dass James kein Arzt war und jetzt versuchte Kate mir klar zu machen, dass er eben doch Arzt war.

»Du kannst das Buch weg legen, Liebes.« Kates Stimme wurde wieder sanfter. Aber als ich nichts der gleichen tat, sagte der Junge: »Du wirst mit einem Buch eh nicht besonders viel anfangen können.«

»Wir tun dir nichts.«, versuchte Kate erneut.

»Ach, lass die doch machen was sie will. Der Junge ist eh jetzt geheilt, also können sie jetzt verschwinden.«, knurrte er.

»Kyle!«, sagte Kate empört und verärgert, »Die beiden haben Emily gerettet! Zeig wenigstens ein bisschen Respekt!«

»Emily gerettet? Sieht eher so aus, als hätte sie die zwei gerettet.« Es ärgerte mich, dass er sprach, als ob ich gar nicht hier wäre.

Kate funkelte ihn an. »Jetzt hör mir mal gut zu. Wenn die zwei nicht gewesen wären, wäre Emily jetzt tot. Der Junge hat sein Leben riskiert, um Emily zu helfen und wäre selbst beinahe gestorben.«

»Das alles wär doch gar nicht erst passiert, wenn Emily nicht weggelaufen wäre!«, sagte Kyle wütend.

»Und wieso ist sie wohl weg gegangen?« Kate verschränkte die Arme. Kyle zuckte leicht zusammen, aber fasste sich dann wieder.

»Trotzdem ist es nicht richtig, dass sie zwei Fremde ins Haus gebracht hat.«, murmerlte er. Mir kam es so vor, als hätten die beiden völlig vergessen, dass Jim und ich noch im Raum waren. Zumindest bis Jim aufstöhnte. Kyle machte ein Schritt auf ihn zu, aber ich stellte mich so hin, dass er Jim nicht sehen konnte.

»Komm bloß nicht näher.«, warnte ich ihn.

»Oder was? Bewirfst du mich mit dem Buch?«, er verschränkte die Arme.

»Ist schon gut. Er tut ihm nichts.«, sagte Kate.

»Kennst du überhaupt deren Namen?«, Kyle schaute zu Kate, aber sie schwieg. Er stöhnte verärgert und sah mich dann wieder an. »Also Mädchen. Wie heißt du.« Ich schwieg. »Ach was solls. Ich muss deinen Namen eh nicht kennen.« Er versuchte um mich herum zu gehen, aber ich versperrte ihm abermals den Weg. Seine grauen Augen funkelten mich an. Er öffnete den Mund um etwas zu sagen, aber wurde dann unterbrochen.

»Was macht ihr denn hier?« Ich sah den Doktor ins Zimmer kommen. »Raus mit euch. Der Junge braucht Ruhe.«

»Weißt du überhaupt wer der Junge ist, Doc?«, fragte Kyle.

»Er hat Emilys Leben gerettet.«, antwortete er.

»Und sonst?«, bohrte er weiter.

»Würde es dir nicht reichen, zu wissen, dass der Junge Emily geholfen hat und dabei schwer verwundet wurde?« Kyle starrte den Arzt an, und der wiederrum seufzte. »Der Junge heißt Jim und steht in irgendeiner Beziehung zu diesen Mädchen.« Er nickte in meine Richtung. »Und jetzt raus hier.« Doch niemand machte Anstalten das Zimmer zu verlassen. Sogar Kate nicht.

»Was ist los mit euch?«, fragte Doc, genervt.

»Ich werde Jim ganz sicher nicht verlassen.«, sagte ich.

»Zu große Angst, dass sich irgendjemand deinem Freund nähert?«, spottete Kyle.

»Was ist los mit dir Kyle?«, fragte Kate empört.

»Was los ist? Ihr lässt irgendwelche fremde Kinder ins Haus, über die ihr rein gar nichts wisst!«, sagte er laut. Hinter mir hörte ich schon wieder ein Stöhnen.

»Der Junge wäre gestorben, Kyle.«, sagte Doktor James streng, »Und jetzt geh raus. Du schadest seiner Gesundheit.«

»Wieso seid ihr euch denn so sicher, dass diese zwei Fremde Emily gerettet haben?«, sagte er kalt.

»Frag sie doch selbst, wenn du uns nicht glaubst.«, sagte James ebenso streng.

»Würde ich ja gerne.«

»Aber?«

»Emily ist verschwunden.«

Gabe, oder Fluch?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt