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Nach einem kurzen Moment der Überraschung, man könnte es wohl auch Verunsicherung oder sogar Fassungslosigkeit nennen, löste ich mich, trotz des angenehmen Gefühls und wendete mich ab.
Mein Blick heftete sich starr auf mein Glas.

Was sollte das? Wieso tat er das? Wir kennen uns doch kaum! Und überhaupt, ich will eh nichts von einem so aufdringlichen und selbstverliebten Mann dessen Gesicht zu 90 Prozent aus Augenbrauen besteht! Ich hatte zugestimmt ihn zu treffen, damit er mich in Ruhe lässt, nicht damit er mich küsst!

Ich spürte seinen Blick auf mir und hob langsam wieder den Kopf um ihn anzusehen.
Er grübelte, das sah ich deutlich.

"Was stört dich an mir?" fragte er dann schlagartig.

Ich war überrascht. Erneut. Verdutzt sah ich ihn an, bevor ich antwortete.

"Ich kenn dich halt nicht."

Gut, das war nicht der einzige Grund, aber der Wichtigste.

"Gut, was möchtest du wissen?" fragte er mich mit einem sanften Lächeln.

"Alles was relevant ist.."

Und so fing er an über sich zu erzählen. Er sagte mir, dass er Erwin Smith hieße, 32 Jahre alt sei und der Inhaber einer recht erfolgreichen Softwarefirma sei. Zudem habe er in Hamburg studiert und besäße einen Hund.

Ich mag Tiere. Gut, eine Katze wäre mir lieber gewesen, aber Hunde sind auch nicht schlecht. Sie sind treue Wesen mit einem gütigen Herz.

"Willst du sonst noch etwas wissen?"

Ich nickte. "Wieso kommst du her? Also, nicht heute, sondern generell."

"Nun.. Aus den selben Gründen wie alle anderen nehme ich an? Du und deine Kollegen sind sehr schön anzusehen, und ab und zu ein Drink kann ja auch nicht schaden."

Ja, da hat er recht. Wie alle anderen. Was habe ich mir auch anderes erhofft? Es war kindisch anzunehmen, es könnte einen anderen Grund geb-

"Und ich mag dich."

Ich sah ihn mit großen Augen an und wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Mögen? Er? MICH?! Ich war fassungslos.

Ein Schmunzeln huschte über seine Lippen.

"Pass auf, sonst fallen deine Augen noch raus."

Schnell blinzelte ich ein paar mal und würge einen Kurzen hinunter. Doch es machte immernoch keinerlei Sinn.

"I-ich... Ich muss mich fertig machen... Arbeiten..."

Er nickte nur und sah mir zu wie ich wortlos verschwand um mich aus meiner Kleidung zu schälen.
Ich atmete tief durch und betrat dann ein weiteres Mal eine der kleinen Bühnen um an der Stange zu tanzen.

Doch zu meiner Überraschung war Erwin nicht mehr da. Er war gegangen und hatte nur einen Schein an der Bar zurück gelassen.

Ich ertappte mich dabei, ein wenig enttäuscht zu sein.

Und diese Enttäuschung wuchs immer mehr. Denn jeden Tag rechnete ich damit er würde durch die Tür treten. Doch er tat es nicht. Jeden Tag erwartete ich, seine Haare zu sehen, seinen Blick zu spüren. Doch er kam nicht.
Tag für Tag. Woche für Woche.





Irgendwann kam der Tag, an dem ich 18 wurde. Volljährig. Ab heute würde ich mit einem echten Personalausweis leben, den Gefälschten brauchte ich nicht mehr.

Mike hatte mir einen winzigen Kuchen gebacken, jeder bekam ein Stück ab. Petra schenkte mir eine Kette. Eine, die man befüllen konnte, beispielsweise mit Asche von Verstorbenen.
Da Mama nie beerdigt wurde, hatte ich keine Asche, doch ich hatte eine kleine Haarlocke von Ihr. Ich ließ die pechschwarze Strähne vorsichtig hinein gleiten und verschloss die Kette.

Mike erlaubte mir, sie auch bei der Arbeit zu tragen.

Doch als alle gegangen waren und nurnoch Mike und ich, da ich heute frei bekommen hatte, an dem kleinen Tisch saßen sah er mich ernst an.

"Du weißt dass wir eine Abmachung haben?"

"Was meinst du?"

"Der Keller. Morgen."

Ich schluckte. Der Keller. Also Sex mit einem Fremden. Der Gedanke war einfach nur ekelig.
Dennoch nickte ich und verschwand dann schnell in die Stadt um mich von dieser negativen Nachricht abzulenken. Ich verplemperte den Tag damit mir neue Kleidung zu kaufen und eine Kleinigkeit beim Griechen zu essen.

Als ich Abends zurück kehrte waren alle am arbeiten. Ich sah kurz zu und trank ein Bier, doch wie schon den ganzen Tag plagten mich die Gedanken an morgen.

Sex mit jemand Fremden.. Dieser Gedanke sorgte für ein flaues Gefühl in meinem Bauch, so dass ich früh hoch ging und mich ins Bett legte.

Lange konnte ich nicht einschlafen, doch dann träumte ich irgendwann unruhige, beängstigende Träume.

Am nächsten Tag wachte ich verschwitzt auf und musste erstmal Duschen.
Mike teilte mir mit, dass ich noch ein paar Minuten Zeit hätte, bis der Kunde kommt, daher aß ich schnell eine Kleinigkeit und zog mich um.

Nervös ging ich runter in den Keller, in den grauen Raum und wartete ungeduldig neben der Tür.

Mit jeder Sekunde steigerte sich meine Angst, bis ins unermessliche.

Doch ich konnte nicht ahnen, wer nach wenigen Minuten durch die Tür trat, und meine schlimmsten Befürchtungen wurden übertroffen.

PLEASE don't leave meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt