10. (K)eine gute Idee

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"Also..", begann Arman.

Das Orakel sah ihn fragend an.

"Beschäftige mich."

Sie lachte. "Was du möchtest."

Er setzte sich ihr gegenüber und beugte sich vor. "Gut, dann erzähl etwas über dich."

"Wie langweilig. Ich bin doch der uninteressanteste Mensch der Welt." Sie verzog den Mund. "Erzähl mir doch lieber was über dich."

Arman grinste. Er war bereit dieses Spielchen zu spielen. "Ich dachte du weißt schon alles über mich."

Sie beugte sich zu ihm und sah ihm fest in die Augen. "Der Spaß dabei ist aber, es aus deinem Mund zu hören." Sie lehnte sich wieder zurück und deutete um sich. "Wie wäre es, wenn du hiermit anfängst."
Arman sah sie verständnislos an.
"Warum glaubst du, sieht dieser Ort eben genau SO aus?"

***

"Aber, wie kann das sein?", rief Charlie.

"Ich weiß es nicht. Die Quelle der Wünsche ist noch nie versiegt", antwortete Mick nachdenklich.

"Aber das heißt doch, dass dieser blöde Kelch, selbst wenn wir ihn finden, uns nichts nützen wird!" Dem Mädchen standen Tränen in den Augen.

Garwin schluckte nervös. "Vielleicht blockiert etwas den Ausgang." Er sah auf. "Das hier ist nur der Ort, wo das Wasser ans Tageslicht tritt. Die eigentliche Quelle liegt tief in diesem Berg."

"Dann sehen wir doch nach!" Charlie wurde unruhig.
"Warte," unterbrach Tarik sie, "wie tief ist tief?"
Garwin seufzte. "Sehr tief. Einen Tag hinein und wieder heraus - mindestens. Man verliert da unten schnell das Zeitgefühl."

"Ist doch egal, wir müssen so oder so da runter", meinte Charlie ungeduldig.
"Wir verlieren zu viel Zeit. Denkt daran, dass wir auch noch den Kelch brauchen", unterbrach Mick sie.

"Also ich geh da jetzt rein! Wo ist der Eingang?" Sie blickte sich suchend um.

"Bitte Charlie, lass uns das ausdiskutieren," flehte er.
Charlie sah in die Runde. "Ist doch ganz einfach. Da unten ist es sicher dunkel und ich habe mein Sternenlicht. Einer von euch begleitet mich und die anderen zwei holen diesen Kelch zurück."

"Ich werde zu den Zwergen gehen. Es war immerhin meine Schuld. Und außerdem weiß ich, wo ich hin muss", meldete sich Garwin.

"Dann gehe ich mit Charlie", erbot sich Tarik.

Alle sahen Mick an. Er blickte sichtlich unwohl in die Runde. "Hört zu, ich habe Feenja schon zu lange allein gelassen. Ich kann nicht von ihr verlangen, sich so lange um Milena zu kümmern."

Charlie schnappte nach Luft.
Milena!
"Glaubst du, dass sie etwas mit Armans Vergiftung zu tun hat?", fragte sie.
Tarik und Garwin schauten überrascht. Keinem von ihnen war bislang dieser Gedanke gekommen.
Mick verzog das Gesicht. "Ich weiß es nicht... zumindest nicht sicher." Er machte eine Pause.
"Aber mein Gefühl sagt mir, dass sie es war. Aber das würde ich auch gerne herausfinden."

"Gut, dann tu das und ich gehe alleine, das kann ich", bot Garwin an. Doch Mick protestierte. Es wäre zu gefährlich, sich alleine mit den Zwergen anzulegen.

"Oh nein!" Charlie war etwas eingefallen. Tarik legte eine Hand auf ihre Schulter. "Ich denke, dass wir gerade das gleiche denken." Er seufzte. Das war definitiv keine gute Idee.

"Klärt ihr uns bitte auf?", wollte Mick wissen.

"Nun ja, es gibt da jemanden, mit einem guten Draht zu Zwergen..", begann Charlie. "... und eine Bad-Ass-Bogenschützin!", kam Tarik ihr schnell zur Hilfe.

"Patrizia", seufzte Mick und Garwin erstarrte.
Er sah die zwei an. "Haltet ihr das für eine gute Idee?"

Charlie biss sich auf die Lippe. "Vielleicht keine Gute, aber die einzige, oder?"

Mick wandte sich an Garwin. "Kommst du mit Patrizia klar?"

"Diese Frage solltest du besser ihr stellen", antwortete dieser verbissen.
Der Andere nickte. "Gut, am Besten ist, ich begleite dich zurück ins Dorf und wir reden gemeinsam mit ihr."

Die zwei Männer ließen ihren Wegproviant bei Tarik und Charlie und machten sich auf den Rückweg.

***

"Hast du jetzt gefragt, wo der Eingang zur Quelle ist?"

Charlie sah Tarik entsetzt an. Er lachte: "Keine Sorge. Pass auf!"
Er bückte sich nach einem Ast, legte ihn auf seine Handfläche und
dann murmelte er leise vor sich hin.

Charlie sah fasziniert zu, wie der Ast zuerst leicht zitterte und sich dann bewegte.
"Wie ein Kompass!", staunte sie erfreut.
"Ein Suchzauber", erklärte Tarik, "Da stecken Blut, Schweiß und Tränen dahinter - und das meine ich wörtlich." Er zwinkerte ihr belustigt zu.

Sie folgten der Richtung, die der Ast angezeigt hatte und fanden hinter einem Efeuvorhang eine große Öffnung.
Tarik zog die Ranken beiseite und machte eine einladende Geste.
"Nach dir."

***

Tariks Zelt war aufgeräumt und Patrizia hatte im hinteren Teil einen Badezuber gefunden, den sie mithilfe eines netten Elbenjungen mit warmem Wasser hatte auffüllen können. Frisch gebadet und mit gewaschenen Kleidern, die Lore ihr mitgegeben hatte, fühlte sie sich das erste mal, seit sie wieder in Namra war, halbwegs ruhig.

Sie hatte die Tatsache akzeptiert, erst mal hier festzusitzen und würde das Beste draus machen. Und das hieß, Arman zu retten.
Viel wusste sie ja nicht über ihn, außer dass Charlie ihm zuliebe in Namra geblieben war - auch wenn sie die Tatsache, dass er zuerst mit Charlies Großmutter und dann mit ihr zusammen war, mächtig schräg fand.
Bei diesem Gedanken huschte ein Lächeln über ihr Gesicht.

Wenigstens sie hatten ihr Glück gefunden.
Patrizia seufzte.
So weit wäre sie gerne mal gekommen. Nachdem Charlie und Nils sich getrennt hatten, war sie mit ihm ein paarmal ausgegangen, aber etwas Ernstes war daraus nicht geworden.

Ob sie es wollte oder nicht, wanderten ihre Gedanken wieder zu Garwin. Damals hatte sie tatsächlich an Liebe auf den ersten Blick geglaubt, nur um von ihm bitter enttäuscht zu werden. Es verfolgte sie bis heute und sie gab ihm die Schuld, dass sie nun kurz vor dem Abi stand und noch nie einen festen Freund gehabt hatte.

Ihn jetzt wiederzusehen brachte die ganze Wut, den Schmerz und die Enttäuschung wieder, die sie so lange verdrängt hatte.

"Patrizia, bist du da?" Sie erkannte Micks Stimme draußen vor dem Zelt.

"Komm rein!", rief sie und fuhr jäh zurück, als nicht nur er, sondern auch Garwin das Zelt betraten.

Mick setzte sie schnell auf den neuesten Stand.

"Und ist irgendjemand auf die Idee gekommen, mich vorher zu fragen?", fauchte sie ihn an, als er geendet hatte.

"Hör zu, wenn du Arman helfen willst-" - "Klar will ich das, aber ohne ihn!" Sie zeigte entrüstet auf Garwin.

Mick sah sie scharf an. "Mir ist es egal, was du mit Garwin für ein Problem hast, aber ich schlage vor, du schiebst es vorerst beiseite. Ihr zwei seid die einzigen, die auch nur eine Chance haben, den Kelch der Lebens von den Zwergen zurückzuholen. Daran bin sogar ich gescheitert, also reiß‘ dich am Riemen."

Patrizia schluckte. Mick hatte recht - sie verhielt sich kindisch. Wortlos ging sie zu einem Korb, in dem sie eine kleine Auswahl Waffen gesehen hatte und zog einen kleinen Dolch, Bogen und einen Köcher hervor. Das musste reichen.  Und falls Garwin auch nur die kleinsten Anstalten machte, wäre sie vorbereitet.

Umständlich versuchte sie, die Gegenstände an ihrem Rücken zu befestigen, bis Mick kam und ihr half.
Als sie zum Eingang hinaus wollte, hielt er sie auf. "Nein, zu Pferd kommt ihr nicht weit."
Sie drehte sich um. "Sollen wir etwa den ganzen Weg laufen?"

Da erhob Garwin das Wort: "Ich bringe uns, soweit es mir möglich ist." Er streckte die Arme nach ihr aus. Patrizia stutzte und wich zurück, aber unter Micks warnendem Blick ergriff sie dann doch widerwillig seine Hände.

"Viel Glück!", wünschte Mick ihnen noch. Dann spürte sie, wie Garwins Hände wärmer wurden und sah, wie die Umgebung um sie herum rasch verschwand.

✓ Die Quelle der Wünsche // Armans GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt