18. Leid und Liebe

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„So machte sich das Mädchen auf zu der Quelle und nach einer beschwerlichen Reise traf sie dort auf ein altes Weiblein.
Das sagte zu ihr: "Nimm dich in Acht, Königstochter. Dieses Wasser mag das Tote wieder lebendig machen, doch es verhält sich auch andersrum."
Aber sie hörte nicht auf die warnenden Worte, schöpfte das Wasser mit ihrem Becherlein und trank davon. Im nächsten Moment fiel sie tot zu Boden und im Schloss erwachte der Bauer wie aus einem tiefen Schlaf.
Der König war in tiefer Trauer um den Verlust seiner Tochter, die sein einziges Kind war. Und so blieb ihn schlussendlich nichts anderes übrig, als der Liebe seiner Tochter Anerkennung zu zollen und er ernannte den Jungen zum Thronfolger.
Und so wurde ein Bauer zum Herrscher des Reiches, doch kein König, so war es des Alten Wille und so wurde er Häuptling und fortan seine Nachkommen."

Arman sah das Orakel an.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis er verstand, warum sie ihm diese Geschichte erzählt hatte.

"Nein.", sagte er nur.

Sie lächelte ihn an. "Das zeigt, wozu wahre Liebe fähig ist."

"Und du willst mir sagen, dass Charlie gerade...?"

Das Orakel hob wissend die Brauen.

Da verlor Arman die Fassung. Er packte sie an den Schultern und schüttelte sie fest.

"Du musst gehen und sie aufhalten!"

***

Garwin öffnete langsam die Augen.
Wie lange hatte er geschlafen?
Er sah nach oben und erkannte die tiefstehende Sonne.
Dann erst bemerkte er Patrizia, die an ihn gelehnt friedlich schlief.

Er hatte von ihr geträumt. Sie hatte ihn geküsst.
Der junge Mann seufzte.
Als ob das in diesem Leben noch einmal passieren würde! Da konnte er es sich noch so sehr wünschen.

Er strich ihr leicht über die Wange. "Patrizia," sagte er leise, "wach auf, wir müssen weiter."

Sie murrte und kuschelte sich fester an ihn. Garwin schloss die Augen und holte tief Luft. Wenn es nach ihm ginge, könnten sie noch stundenlang so dasitzen.

Tat es aber nicht.

Er rüttelte sie sanft, bis sie schließlich doch aufwachte.

Patrizia schrak hoch.
"Oh nein, wie lange hab ich geschlafen?"

Er zeigte in den Himmel, wo die Sonne gerade begann, unterzugehen. "Wir müssen von der Heide weg", stellte er fest.

Ach ja, die Flederziesel, fiel Patrizia ein. Sie rappelte sich umständlich auf.

Garwin war ebenfalls aufgestanden und hielt erwartungsvoll die Hände auf.

Sie sah ihn besorgt an. "Meinst du, dass du das schon wieder schaffst?"

"Ich bringe uns direkt zur Quelle - wahrscheinlich warten Tarik und Charlie schon auf uns."

"Aber.."

"Keine Sorge, wenn das alles hier vorbei ist, kann ich mich genug ausruhen."
Er lächelte ihr aufmunternd zu.

Zögerlich ergriff sie seine Hände. Garwin sah zuerst darauf hinunter, dann in ihre Augen.
War es der Schein der Abenddämmerung, oder hatten Patrizias Wangen etwas Farbe angenommen?

Sie erwiderte stumm seinen Blick. Da war es wieder, dieses verhasste Gefühl, doch wollte sie sich diesmal nicht wehren.

Er schien ähnliche Gedanken zu haben und öffnete den Mund, doch Patrizia kam ihm zuvor.
"Später," sagte sie nur und wob ihre Finger zwischen seine.
Garwin besann sich, nickte und beschwor den Zauber, der sie auf die Waldlichtung bringen würde.

✓ Die Quelle der Wünsche // Armans GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt