19. Abschied

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Mick, Tarik und Patrizia waren am nächsten Tag mit leeren Händen an den Hof zurückgekehrt.
In dem Moment, als Charlies Herz aufgehört hatte, zu schlagen, hatte sich ihr Körper in Sternenlicht aufgelöst und nichts zurückgelassen.

Arman war zwei Tage lang für niemanden zu sprechen.
Gefangen in seiner Trauer musste er auch noch akzeptieren, Charlie nicht einmal begraben zu können.

Als er endlich sein Zimmer verließ, weigerte er sich zuerst, überhaupt mit jemandem zu sprechen. Er gab Tarik und Patrizia Mitschuld an Allem, was passiert war.

Der Lilientalhof hatte sich in einen düsteren Ort verwandelt.
Alle verrichteten ihre Arbeit in Schweigen und auch abends, als alle beisammen saßen, wurde nur wenig gesprochen.

Obwohl Patrizia jetzt endlich ihre Chance sah, nachhause zurückzukehren, blieb sie vorerst. Sie wollte weder Mick noch am Wenigsten Arman jetzt damit belästigen, sie zurückzubringen.

Sie nutzte die Zeit, um gemeinsam mit Tarik zu trauern. Sie verbrachten Stunden damit, einfach nur zu reden. Über ihre erste gemeinsame Zeit in Namra, über Patrizias Studienpläne, über Tariks Auszeit von seinem Studium und natürlich auch über Charlie.
Da Patrizia sie seit ihrer ersten gemeinsamen Zeit in Namra kaum gesehen hatte, konnte ihr Tarik von vielen Erlebnissen erzählen, die für sie neu waren.
Und trotz des sehr losen freundschaftlichen Bandes, vermisste sie ihre Freundin ungemein. Charlie war einfach immer dagewesen, wenn sie sie gebraucht hatte.

***

Es war am dritten Tag, als Arman wortlos sein Pferd sattelte und zu Mick ritt.

Dort ließ er sich von ihm den Hergang der vergangenen Woche schildern und nur widerwillig erzählte ihm sein Freund, welche Rolle seine Schwester in dieser Tragödie gespielt hatte.

"Diesmal muss ich sie bestrafen, Mick", erklärte Arman.

Mick seufzte hilflos.
"Ich weiß."

"Und das nicht bloß wegen..", er schluckte, "..wegen Charlie. Sondern wegen des Mordversuchs an mir."

Mick bat Arman, seine Entscheidung gut zu überlegen. Trotz Allem, sie war die Schwester, die er liebte und er wollte nicht, dass Arman im Affekt eine Entscheidung traf, die Namras Werte verletzte.
Es könnte eine Veränderung herbeiführen, die er in der Menschenwelt leider zu oft erlebt hatte.

***

Eine Woche war vergangen, als Arman ausrichten ließ, dass er sich entschieden hatte.

Der Versammlungsplatz neben der Hüterburg war voller Leute. Arman hätte sich gewünscht, es wären weniger gewesen.
So viele Bewohner waren erschienen und er würde im Mittelpunkt stehen und jeder könnte sein Elend sehen.

Auch seine ganze Familie war da, ebenso Patrizia und Tarik.
Sogar Garwin war gekommen.
Dass sein ehemaliger bester Freund sich ebenfalls in Gefahr begeben hatte, um ihn zu retten, bedeutete ihm viel. Auch wenn er sich noch immer wünschte, sie hätten keinen Erfolg gehabt, so waren die Anstrengungen seiner Freunde ein Liebesbeweis gewesen.
Das hatte er nach dem ersten Groll gegen sie inzwischen akzeptiert.

Es sind eindeutig zu viele Leute hier!

An die hundert hatten sich mittlerweile versammelt und noch immer kamen mehr dazu.

Arman fühlte sich unwohl.
Seine Augen waren gerötet vom Weinen und er war noch immer geschwächt von den Nachwirkungen des Giftes.
Niemand sollte ihn so sehen müssen.

"Es ist eine gute Entscheidung", hörte er plötzlich eine Stimme neben sich.
Das Orakel war wie aus dem Nichts neben ihm aufgetaucht.

"Charlie bringt mir das nicht zurück", erwiderte er bitter. Er musste fest schlucken, um nicht wieder zu weinen. Das hätte jetzt noch gefehlt!

✓ Die Quelle der Wünsche // Armans GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt