•▪■Kapitel 10■▪•

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"Ich hab mein'm Freund Bescheid gesagt." Khaja stand bei ihnen auf Krasus' Landeplatz, um sie zu verabschieden. "Er weiß, was er tun muss, wenn ihr erwischt werdet."
"Vertrauen die anderen Trolle ihm?", fragte Sayana vorsichtshalber nach und überprüfte erneut, ob der Gurt Gonks Jagdgleve auch gut gesichert hielt.
"Mein Freund is 'n Raptor.", stellte Khaja klar. "'S heißt, er wird sein Leb'n riskier'n. 'S is nich sehr unwahrscheinlich, dass sie ihn für verrückt halt'n un' umbring'n werd'n."
Sayana nickte knapp und sah weiter zu Leyria, die gedankenverloren in die Gegend starrte.

Vor drei Tagen hatte sie begonnen, den Namen Zalani einer Erinnerung zuzuordnen und sie war sich ziemlich sicher, dass sie es endlich geschafft hatte.
Nun stellte sich allerdings die Frage, ob es praktisch wäre, Khaja davon zu erzählen.

"Leyria!"
Die Stimme riss sie zurück in die Gegenwart.
"Warum denkst du neuerdings so viel?"
"Ich..." Leyria biss sich auf die Unterlippe. "Ich denke, ich weiß, wo Zalani ist."
Khajas Augen weiteten sich voller Hoffnung.
"Ich glaube, ich habe sie mal in dem Dungeon der SI:7 gesehen..." Unsicher sah sie zu der Trollin auf. "Groß, hellblauhäutig, lange rote Haare mit violetten Spitzen, ein sanddornfarbenes und ein schwarzes Auge?"
"Zalani.", bestätigte Khaja überwältigt. "Ich muss ihr helf'n!"
"Du wirst wohl kaum einen Allianzler treffen, der sich mit dem SI:7 anlegen würde, um eine Hordlerin zu befreien.", meinte Sayana und legte ihr eine Hand auf die Schulter. "Aber du kannst Khadgar und Kalec fragen. Die beiden haben einen Raptor in ihre Reihen gelassen und wissen bestens über deine Situation Bescheid. Sie denken sich bestimmt eine gute Ausrede aus."
Khaja nickte langsam, dann deutete sie mit dem Kopf auf den Flugmeister. "Ich will euch nich zu lang aufhalt'n. Viel Glück."
"Ebenso.", erwiderte Leyria mit einem schwachen Lächeln und schwang sich hinter Sayana - die wann auch immer schon aufgesprungen war - auf den Greifen.

Kaum waren sie in der Luft, sahen sie, wie Khaja zurück zum Violetten Turm stürmte.

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Der Greif landete einige Stunden später in der Beutebucht, wo auch schon das Schiff am Dock vertaut war.

"Hab ich doch richtig gerechnet.", grinste Sayana, sprang auf den Boden und huschte förmlich durch die Goblinstadt, so flink, dass Leyria kaum folgen konnte.
Als sie sie endlich einholte, hatte die Magierin auch schon die Überfahrt bezahlt.

Unbeirrt marschierte sie in ihre Kajüte, die ihnen wohl zugeschrieben worden war, und warf sich sofort in die nächstbeste Hängematte, die selbstverständlich sofort sanft zu schaukeln begann.
Leyria gesellte sich zu ihr auf der zweiten Hängematte und taste vorsichtig das Ei ab.
Es schien noch makellos zu sein.

"Also, ich weiß nicht recht...", begann Sayana leise. "Das mit Zalani. Warum sollte der SI:7 Interesse an ihr haben?"
"Normalerweise weißt du doch über alles Bescheid.", seufzte Leyria und zog die Schultern hoch. "Ich vermute mal, da sie eine Dunkelspeer ist und somit Informationen über den Kriegshäuptling hat."
Sayana grummelte leise.
"Wie bitte?"
"Nichts."

Langes Schweigen.

Auf dem Deck rannten die Matrosen umher.
Rufe ertönten, kurzzeitig übertönt vom Kreischen der Möwen und Greifen und dem Rauschen der Wellen.
Dann ertönten Schritte.

Eine muskulöse, vermummte Gestalt stand im Eingang ihrer Kajüte, eine weitere, sichtlich männliche Gestalt hinter sich.
Bei beiden war der Maskenball eher nutzlos.
Die spitzen Ohren und felgrünen Augen verrieten sofort, dass sie Blutelfen waren.

"Verzeiht, die Damen." Der hintere Elf, wenig größer als sein Gefährte, schob diesen in die rechte Hälfte der Kajüte, wo nochmal zwei Hängematten hingen. "Lasst euch von uns nicht stören."
"Kein Problem.", winkte Sayana ab und beobachtete sie genau wie Leyria.

Bei diesen mussten sie sich keine Sorgen machen. Sehr offensichtlich, wie Sayana fand.

Innerhalb von Sekunden waren die Elfen so weit entkleidet, dass sie sich gegenseitig die Zunge in den Hals rammen konnten, und einer der beiden bei dem anderen vorsichtig seine Hand in dessen Hose gleiten lassen konnte.

Definitiv keine Gefahr von den beiden.

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In Ratchet hatten die Elfen sich leicht bekleidet Richtung Brachland gegeben und Sayana rieb sich verschlafen die Augen.

"Wer hätte das gedacht?" Leyria gähnte herzlich.
Sayana schüttelte den Kopf. "Ich jedenfalls nicht."
"Warum mussten sie die ganze Nacht durchmachen?"
"Weil sie notgeil sind?"

Leyria lachte und Sayana verdrehte die Augen.
"Ich werde meinen Schlaf vermissen...", grummelte sie und stapfte schlecht gelaunt voran, aus der Stadt heraus, den weit entfernten Blutelfen einen mörderischen Blick zuwerfend, bevor sie den Weg gen Osten verließ. "Wir müssen vorsichtig sein. Unser Weg führt uns mitten durch die Orcs, Trolle und die Nordwacht."
"Was ist an der Nordwacht so tragisch?" Leyria folgte ihr, glücklich über das leichte sanddornfarbene Gewand streichend, welches sie der Umgebung anpasste, wenn auch sie Kapuzen benötigten, um ihre auffälligen Haarfarben zu verdecken.
"Allianzler, die vermummte Allianzler zu den Trollen schleichen sehen? Was denkst du wohl, was uns danach blüht?"
"Eine Exekution in Burg Sturmwind vor den Augen aller Bürger und für besondere Demütigung aller, die uns nahestehen.", nuschelte Leyria und kratzte sich an der Wange. "Dann wäre Schwimmen doch am einfachsten?"
"Haie?"
"...Erinner mich nicht daran..."

Diesmal lachte Sayana. "Keine Sorge, ich habe schon einen recht unauffälligen Weg herausgesucht. Wir gehen direkt an den Felsen der Nordwacht her, schleichen uns dann zwischen die Hügel und warten dann eine Weile in den toten Oasen. Am besten bis nachts. Dann klauen wir uns ein Boot von den Trollen in Sen'jin und fahren damit einmal um die gesamte Inselgruppe bis zu dem kleinen Strand neben der Dunkelspeerfestung. Von dort aus wird es ein Leichtes, in die Festung zu gelangen."
"Wenn du meinst." Leyria biss sich auf die Unterlippe und hielt ihren Zweifel für sich.

Sowohl Sen'jin als auch - selbstverständlicherweise - die Dunkelspeerfestung waren stark bewacht und es kam nie vor, dass sie angegriffen wurden, im Süden Durotars, dass die Wachen wahrscheinlich überall herumschlendern konnten...

Dear twin brother...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt