In einem abgelegenen Gasthof hatte sich die Gruppe bestehend aus einem Menschen, einem Halbmenschen und einer Elfe niedergelassen. Da Ricardus ungern mehr Geld als nötig ausgab und die Elfe mit der mittelmäßigen Unterkunft einverstanden war, war ihre Wahl darauf gefallen. Mikalis hatte ohnehin kein Mitspracherecht, also war er ihnen stumm gefolgt. Während Ricardus und die Elfe auf einem Sofa im Empfangsbereich Platz genommen hatten, lief Mikalis den kleinen Raum auf und ab, um seine Langeweile zu vertreiben. Nebenbei lauschte er ihrem Gespräch.
"Mein Name ist Ricardus Ostrathes und mein Partner hört auf den Namen Mikalis Draelto. Als Ritter bin ich dazu verpflichtet, dem Volk unseres Landes zu helfen. Und so möchte ich auch Euch meine Hilfe anbieten", stellte sich der pflichtbewusste Ritter vor und versäumte es nicht, den Kopf devotional zu senken. Ricardus war einer der wenigen Ritter, die sich als Diener des gemeinen Volkes betrachteten. Der Großteil von ihnen empfand den Ritterstatus als höherrangig, weshalb Leute wie Mikalis eigentlich nur davon träumen konnten, ihnen ebenbürtig gegenüber zu treten. Einige verlangten, dass vor ihnen auf die Knie gegangen wurde, bevor sie sprechen durften, doch in Ricardus' Fall war er es, der sich dem anderen unterwarf. Anfangs hatte Mikalis ihn deswegen für dumm gehalten, aber langsam fing er an, seinen Charakter zu verstehen. Das hieß nicht, dass er es für richtig hielt, aber er verurteilte ihn auch nicht. So war Ricardus eben; ein naiver Weltverbesserer, dem das Wohl der anderen mehr bedeutete als sein eigenes.
Die Elfe war nach seiner Geste kurz perplex und wackelte orientierungslos mit den Armen hin und her. "V-vielen Dank, Herr Ostrathes! Ihr seid so großzügig! Eure Unterstützung verdiene ich gar nicht! Als Vertriebene meines Stammes auf solch freundliche Weise in einem fremden Land empfangen zu werden, muss ein Geschenk der Göttin sein." Sie faltete ihre Hände vor ihrem Kopf zusammen und murmelte einige Worte vor sich hin. Ricardus hörte sie vermutlich kaum, aber Mikalis konnte genau heraushören, dass es sich dabei um ein Gebet an die Göttin der Elfen handelte. Die Elfen waren ein sehr gläubiges Volk, was einige Vorteile, aber ebenso Nachteile mit sich zog. Jeden Moment ein Gebet aus dem Ärmel schütteln zu können, war jedenfalls nichts, das Mikalis herbeisehnte. Was er dagegen sehr beneidete, war die Sammlung von Zeichnungen ihrer Göttin. In seinen Büchern wurde sie stets als unbeschreibliche Schönheit bezeichnet, der keine simplen Worte gerecht wurden. Aber bei den Elfen musste es wenigstens Gemälde oder Ähnliches geben, wenn sie schon nicht mit der Schrift festgehalten werden konnte.
Abseits von ihrer Gläubigkeit hatte sie noch eine andere wichtige Sache ganz beiläufig erwähnt: Sie wurde vertrieben. Davon konnte gehalten werden, was man wollte, aber Mikalis beeindruckte ihre Unbeschwertheit, mit der sie ihre privaten Angelegenheiten zwei Fremden anvertraute.
Ricardus hatte damit aber kein Problem. Er war sogar ganz in seinem Element: "Umso wichtiger ist es, dass wir Euch unsere leitenden Hände anbieten. Einer verlorenen Seele den rechten Pfad zu weisen, ist genau der Grund, weshalb ich zum Ritter wurde. Eure Lage bedrückt mich sehr... Ich kann mir nicht vorstellen, wie sehr Ihr leiden müsst durch den Verlust Eurer Heimat."
Genau genommen hatte sie ihre Heimat nicht verloren, sondern durfte sie nur nicht mehr betreten. Das war ein feiner Unterschied, denn irgendwo gab es immer Schlupflöcher, um sich auf ein verbotenes Gelände zu begeben. Dagegen hatte die Rückkehr an einen zerstörten Ort wenig mit der altbekannten Heimat gemein.
"Gibt es denn keine Möglichkeit, Eure Verbannung aufzuheben, edle Dame?", suchte Ricardus nach Lösungen.
"Illya Urania. Eine edle Dame bin ich wohl kaum, darum könnt Ihr mich auch gerne einfach nur Illya nennen", entgegnete sie lächelnd und legte eine ihrer Strähnen hinters Ohr. "Ich bin... beziehungsweise war Kundschafterin unseres Landes. Allerdings habe ich meine Aufgaben nie zur Zufriedenheit unserer Königin verrichtet, wodurch ich letztendlich hinausgeworfen wurde. Das klingt vielleicht komisch, aber ich empfinde trotzdem keinen Groll gegenüber unserer gütigen Königin. Sie hat unserem Land so viel gegeben, dass ich kein Recht dazu habe, ihre Handlungen in Frage zu stellen. Zudem ist eine Verbannung keine Bestrafung, die mir Schmerzen bereitet. Auf diese Weise lerne ich die Kulturen der anderen Länder noch besser kennen."
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Nur der Ritter und der Magier können die Prinzessin retten
FantasyIm friedlichen Land Nuaria ist etwas Schreckliches vorgefallen: Die Prinzessin wurde von der mächtigsten magischen Kreatur entführt - einem Drachen. Die stärksten Ritter Nuarias wurden auserkoren, um sie zu retten, darunter Paladin Ricardus Ostrathe...