Banditenversteck - Kapitel 3

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Ricardus hatte auch den nächsten Pfeil noch vorhersehen und knapp mit seinem Schild abfangen können. Ein weiteres Mal würde er sein Glück allerdings nicht herausfordern.

"Illya, nehmt Mikalis und lauft in die Höhle! Ich werde Frank dorthin bringen!", teilte er seinen Plan mit den anderen.

Es war ein großes Risiko, direkt ins Versteck ihrer Feinde mit zwei Verletzten einzudringen, doch dieser Scharfschütze ließ ihnen keine andere Wahl. Sie konnten nicht sowohl Frank und Mikalis beschützen, als auch gleichzeitig gegen den Scharfschützen kämpfen, dessen Position sie nicht einmal kannten. Illyas Schießkünste hatte er vorhin bestaunen können. Auf sie wäre kein Verlass in einem Duell zwischen zwei Fernkämpfern. Zudem waren ihre beiden Magier gerade außer Gefecht gesetzt. Ohne Zweifel würde es Verluste geben. Die Banditenhöhle hörte sich im ersten Moment genauso gefährlich an, aber dort hätten sie immerhin einen Moment zum Durchatmen, bis die nächsten Diebe kamen. In der Zeit könnte er Mikalis schon einmal versorgen.

Illya zögerte nicht lang und legte Mikalis' Arm um ihre Schultern. So schnell es mit Mikalis möglich war, rannte sie zum Eingang der Höhle, um sich und ihn in Sicherheit zu bringen. Indessen stemmte Ricardus den kräftigen Frank auf seinen Rücken und lief anschließend Illya hinterher. Sein Tempo wurde durch Franks Gewicht erheblich geschmälert, aber das hielt den Ritter nicht davon ab, seine Pflicht zu erfüllen. Er musste Frank um jeden Preis beschützen, selbst wenn es bedeutete, sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen.

"B-Beeilung! G-gleich kommt n-noch ein Pfeil g-geflogen!", rief Meppet panisch den anderen zu. Er hatte als Erster die Höhle erreicht und wartete ungeduldig auf seine Kameraden. Seine Beine zitterten vor Angst und seine Stimme hatte allen Mut verloren. Sogar der vorlaute Gnom wusste in dieser Situation keinen Rat mehr. Der Einzige, dem er zutraute, noch einen kühlen Kopf zu bewahren, war ein gewisser Magier. Doch solange seine Wunde unbehandelt blieb, konnte er auf seine Hilfe nicht bauen.

Ricardus stürzte beinahe in die Höhle und fiel noch glatt auf Illya und Mikalis. Um ein Haar hätte ihn und Frank ein Pfeil auf der linken Bauchseite getroffen, doch mit einem letzten Kraftschub hatte er sie noch rechtzeitig in die Höhle gebracht. Keuchend fiel Ricardus auf seine Knie und Hände und schaute Illya flehend an. "Bitte... nehmt Frank..."

"S-sofort!" Hastig setzte sie Mikalis ab und lehnte ihn an die Höhlenwand, damit ihre Hände frei für den Halbriesen waren. Danach hob sie gemeinsam mit Meppet Frank von Ricardus' Rücken, wobei der Gnom hauptsächlich um Illyas Beine herum tanzte und sie eher beim Gehen behinderte, statt zu helfen. Glücklicherweise kam es zu keinem Unfall und Frank wurde unversehrt hingelegt.

Die kurze Erholungspause hatte Ricardus wirklich gebraucht. Seine Beine hätten ihn keinen weiteren Zentimeter unter dieser Last mehr getragen. Das hatte nicht nur mit Franks erstaunlichem Gewicht zu tun, sondern war auch der Anspannung geschuldet, die seinen gesamten Körper durchzogen hatte. Mit der Flucht vor dem Scharfschützen hatte sie sich etwas gelöst und er konnte wieder normal atmen.

"Dem ersten Problem sind wir entkommen", fasste er die Lage für die anderen zusammen, nachdem er sich in eine sitzende Haltung gebracht hatte. Meppet und Illya schauten ihn jedoch nicht an und kommentierten seine Aussage auch nicht. Niedergeschlagen sahen sie auf den Boden und warteten darauf, dass ein anderer darauf einging. Ricardus war sich bewusst, dass sie sich in einer schwierigen Situation befanden. Er selbst hatte wenig Hoffnung, dass sie überleben würden, und konnte ihre Angst absolut nachvollziehen. Doch den Kopf hängen zu lassen, führte sie auch nicht an ihr Ziel.

"Wir müssen nach vorne blicken! Wenn wir von vornherein aufgeben, werden wir ohne Zweifel verlieren! Solange wir aber die Möglichkeit haben, zu kämpfen, sollten wir sie auch ergreifen!", wollte er sie ermutigen.

Nur der Ritter und der Magier können die Prinzessin rettenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt