Das Gesicht meiner Mutter war verstört, als sie zurückkam.
„Cara, es ist für dich.", sagte sie. Ich stand stirnrunzelnd auf und ging zur Tür. Wer sollte das sein? Und warum hatte meine Mutter so verwirrt ausgesehen? Für einen kleinen Moment hoffte ich, dass es Henry war und mein verräterisches Herz machte dabei einen albernen Sprung, aber dann schob ich den Gedanken fort. Henry hatte etwas anderes vor. Warum sollte er mich besuchen?
Ich war also neugierig, als ich die Tür öffnete und erschrak.
Davor stand Noah. Seine blauen Augen beobachten mich nervös hinter seiner Brille und seine rotbraunen Haare lagen nicht ganz so kontrolliert auf seinem Kopf.
Sein Anblick versetzte mir einen Stich ins Herz und ich sah ihn verletzt an. Was tat er hier? Ich wollte ihn nicht sehen. Er rang mit sich und sah sichtlich gestresst aus.
„Mein Bruder hat gesagt, dass es nur eine Caramel gibt und, dass ich zu dir fahren soll, um dir das zu sagen.", sprudelte er nervös. Ich kannte ihn nur als ruhigen und geordneten Noah und ihn so aufgelöst zu sehen brachte mich noch mehr aus der Fassung. Und dann erzählte er auch noch so einen Mist.
Ich sah ihn verwirrt an. Jetzt versuchte er mir irgendwas zu sagen, aber ich wollte es gar nicht wissen. Ich bekam ein kühles Gefühl im Hals, dass mir die Luft abschnürte.
„Also ich bin hier, um dir zu sagen, dass ich...", er atmete tief durch, aber ich schnappte nach Luft. Ich wollte nein schreien, aber ich konnte mich nicht bewegen. Ich wollte nicht, dass er diesen Satz beendete, aber er schloss seine Augen und presste die Wörter heraus: „..., dass ich dich liebe."
Mir wurde kalt. Nein, nein, nein, nein. Vorsichtig schüttelte ich den Kopf: „Noah, was", doch weiter kam ich nicht, denn er kam auf mich zu und zog mich in eine Umarmung.
Ich konnte meine Arme nicht bewegen, also ließ ich ihn einfach, bis er von selbst auf die Idee kam mich wieder loszulassen. Vielleicht war er auch nicht ganz von selbst darauf gekommen.
Hinter mir stand Oliver in der Tür. Er sah Noah mit verschränkten Armen grimmig an.
„Wer bist du?", fragte er dann und trat neben mich.
Noah sah mich mit verletztem Gesichtsausdruck an.
Mir wurde schwindelig. Ich wollte nicht, dass er hier stand. Hinter meinen Augen brannten Kopfschmerzen.„Noah. Ich bin ein Freund von Cara.", das Wort Freund sprach er aus wie eine Beleidigung.
Oliver nickte, wie jemand, der ein Problem erfasst hat und es jetzt lösen will.
„Gut, ich weiß nicht was du dir vorgestellt hast, was hier passieren wird, aber du könntest fürs erste einfach mal reinkommen.", dann trat er zur Seite, damit Noah reinkommen konnte.
Ich sah ihn hilfesuchend an.
Er drückte meinen Arm beruhigend und ich folgte ihm in die Küche, in der Roy ihn bereits kritisch musterte. Meine Mutter war wohl gegangen, um sich anzuziehen.
„Also ich hab in der nächsten Woche keine Schule, weil da irgendwelche Reparaturen gemacht werden.
Und ich hab Cara vermisst. Ich weiß nicht wie das passiert ist, auf einmal saß ich im Zug hier her."
Ich versuchte die Tränen wegzublinzeln.
Das Problem mit meinen Abschieden war, dass ich danach einfach den Schmerz verdrängte. Das funktionierte auch ganz gut, aber jetzt stand er hier vor mir und alle verdrängten Gefühle stürzten auf mich ein.
Auch die Erinnerungen an alle anderen Freunde von denen ich mich verabschiedet hatte stiegen in mir auf. Mein Kopf platzte gleich.
Oliver bemerkte es als erster und strich mir beruhigend über meine Oberarme.
Die Besorgnis in seinen Augen galt ganz mir und das machte es noch schlimmer. Vielleicht sah es für die Umstehenden unfreundlich aus, aber ich schob mich von Oliver weg und stützte mich wieder auf die Kochinsel, an der auch Roy saß und ließ meinen Kopf zwischen meinen Schultern fallen. Ich versuchte ruhig zu atmen und nicht daran zu denken, wie elend ich mich gefühlt hatte, jedes mal wenn ich von einem Ort hatte gehen müssen. Denn jedes Tröpfchen schlechten Gefühls, das ich je gefühlt hatte schien auf mich einzuschlagen wie harte Regentropfen.
Mir wurde schwarz vor den Augen und kleine weiße Punkte zogen durch mein Sichtfeld. Ich blinzelte es weg und richtete mich hastig auf.
Was keine gute Idee war, denn ich merkte wie meine Beine nachließen und der kalte Boden immer näher kam.
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CARAMEL
RomanceNachdem Caramels Mutter sich erneut neu verliebt hat, ziehen die beiden nach Atlanta. Caramel ist genervt von den ständigen Umzügen und ihr Herz bricht jedes mal, wenn sie sich verabschieden muss. Deshalb nimmt sie sich vor in Atlanta keine Freund...