24 | Des Rätsels Lösung

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Am nächsten Tag hatte ich Wahrsagen zusammen mit den Gryffindors, doch das störte mich ausnahmsweise überhaupt nicht, denn Wahrsagen war eines meiner absoluten Lieblingsfächer und nichts und niemand konnte mir das schlecht machen - Nicht mal die üble Miene meines Bruders, der mich missmutig anstierte. Ich saß mit Maisie an einem der kleinen Teetische und sah wie hypnotisiert in die Kristallkugel vor mir. Im Gegensatz zu den meisten meiner Klassenkameraden konnte ich der Wahrsagerei tatsächlich etwas abgewinnen und sah etwas im trüben Inneren der Kugel vor mir. Professor Trelawney pflegte mindestens einmal die Stunde zu sagen, ich sei die geborene Seherin. Ich wusste nicht wie viel Wahrheit in ihrer Aussage lag, doch das ich etwas sah, konnte ich nicht bestreiten. Heute tanzten düstere Schatten umher und ich versuchte verzweifelt herauszufinden was sie mir sagen wollten.
„Wie kannst du da irgendwas sehen? Ich frage mich das jede Stunde. Ich meine das ist gar nichts. Alles was ich erkennen kann, ist mein Spiegelbild. Bist du sicher, dass du nicht auch nur dein Spiegelbild siehst?" Ich verdrehte die Augen, wie konnte Maisie nur glauben ich würde mein eigenes Spiegelbild nicht erkennen wenn ich es sah?
„Ich bin mir sehr sicher, dass es nicht mein Spiegelbild ist. Du musst dich nur drauf einlassen und schon erkennst du was. Guck? Schau direkt in die Mitte, schau durch dein Spiegelbild durch und sag mir was du erkennst." Ich lehnte mich etwas zurück, damit Maisie besser in die Kugel sehen konnte, doch etwas an ihrem Gesicht verriet mir, dass sie eigentlich nichts sehen wollte. Obwohl wir in einer Welt voller Magie lebten, hielten viele Zauberer und Hexen die Wahrsagerei für einen Aberglauben. Ich hatte sogar gehört, dass man im Ministerium überlegte es als Unterrichtsfach abzuschaffen. Das hoffte ich nicht, denn es war absolut kein Aberglauben, es war echt was ich hier sah. Maisie zuckte mit den Schultern. „Da ist nichts."
Ich widersprach ihr nicht, es würde sowieso nichts ändern, wenn sie es nicht wirklich wollte, würde sie auch nichts sehen. Ich beugte mich wieder vor und setzte meine Feder aufs Pergament, ohne die Augen von den Schatten in der Kugel zu nehmen, begann ich das was ich sah zu zeichnen. Ich war künstlerisch nicht begabt, doch meine Hand schien wie von einer unsichtbaren Macht gesteuert zu werden und nach einer Weile starrte ich auf eine perfekte Abbildung dessen, was sich im trüben Kristall befand.
Angestrengt studierte ich meine Zeichnung und versuchte die Schatten irgendwie etwas zuzuordnen.
Maisie sah sich das Pergament stirnrunzelnd an. „Unmöglich, dass du das da drin gesehen hast." Stellte sie nach einer Weile fest und ich seufzte. Es war aussichtslos.
„Wenn du so wenig hieran glaubst, warum hast du es dieses Jahr überhaupt nochmal gewählt?" Fragte ich sie gereizt.
Sie zuckte mit den Schultern. „Weil Alte Runen viel zu viel mit Auswendiglernen zu tun hat."
Fantastisch.
„Dann versuch es doch wenigstens." Brummte ich, doch Maisie schüttelte den Kopf.
„Nein danke, das ist doch Schwachsinn."
Etwas wütend widmete ich mich wieder meiner Zeichnung und schlug mein Buch auf, vielleicht konnte es mir ja weiterhelfen. Doch auch das hatte keine Antwort für mich parat.
Die Schatten waren verschwommen, ganz so, als würde ich durch eine beschlagene Scheibe gucken oder ... Ich starrte die Zeichnung an.
Oder die Szene die sich mir bot war unter Wasser. Ich sah nochmal genauer hin und plötzlich war alles klar.
Fünf Gestalten konnte ich erkennen, sie sahen alle menschlich aus, im Hintergrund waren so etwas wie Ruinen zu sehen und ganz an der Seite ... Waren das Meerjungfrauen?
„Oh mein Gott ..." Flüsterte ich.
„Was? Wird jemand sterben?" Maisie klang gelangweilt und war es offenbar leid hier zu sein.
„Maisie, gibt es Wassermenschen im Schwarzen See?" Fragte ich, ohne meine Augen von meiner Zeichnung zu sehen.
„Ja, ich glaube schon, aber warum zur Hölle fragst du?"
Ich sah sie an, sagte jedoch nichts, ich musste meine Gedanken sortieren. Mein Körper war wie elektrisiert, ich musste sofort in den Schlafsaal und das Goldene Ei holen, ich hatte eine düstere Ahnung was es damit auf sich hatte.
Stumm und voller Adrenalin wartete ich bis die Stunde vorbei war. Ich war die erste die den stickigen Klassenraum verließ, Maisie dicht auf den Fersen rannte ich die spiralförmige Treppe hinunter bis in die Kerker. Dort sprintete ich zu meinem Bett und riss das Ei aus meinem Koffer.
„Was zur Hölle ist hier bitte los, Lil?" Fragte meine Freundin mich außer Atem, doch ich war viel zu abgelenkt um ihr eine Antwort darauf zu geben. Konnte das möglich sein?
Ich rannte wieder hinaus, das Ei unter dem Arm. In der Eingangshalle lief ich direkt in die Arme der Weasley Zwillinge, die mich offenbar gesucht hatten, denn sie grinsten und holten grade Luft um etwas zu sagen, doch ich kam ihnen atemlos zuvor.
„Keine Zeit Jungs."
Ich sah wie Maisie, auf die fragenden Blicke der beiden hin, einfach mit den Schultern zuckte, dann rannte ich aus dem riesigen Tor hinaus auf die Ländereien, direkt auf den See zu.
Das große Schiff der Durmstrangs lag dort friedlich und die feinen Wellen plätscherten in einheitlichen Abständen gegen das Holz.
Am Ufer des Sees angekommen ließ ich meine Tasche fallen und versuchte zu Atem zu kommen, meine Lunge brannte, doch ich hatte keine Zeit. Erst jetzt bemerkte ich, dass Maisie und die Zwillinge mir gefolgt waren und mich jetzt erwartungsvoll ansahen.
„Okay, was ist hier los?" Verlangte George zu wissen und ich atmete tief durch, mein Puls wollte sich einfach nicht beruhigen.
„Ich ... Ich weiß jetzt glaube ich, was die zweite Aufgabe ist." Japste ich und begann meinen Umgang auszuziehen. Erst als ich nur in Bluse und Rock dastand merkte ich, wie kalt der Wind mittlerweile war. Wir hatten Mitte Dezember, der Rasen war mit Raureif bedeckt und man konnte unseren Atem sehen.
„Und? Was ist es?" Fragte Maisie aufgeregt.
„Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube ich werde die Antwort finden, wenn ich das Ei unter Wasser öffne." Sagte ich und nickte hektisch, Georges Augen weiteten sich.
„Du willst im Dezember in den See gehen? Bist du irre?!"
Ich schaute ihn lange an. „Ja, George, ich bin irre. Ich bin absolut und ohne jede Frage irre, aber wen kümmert das schon?"
„Du kannst da jetzt nicht rein, es ist zu kalt." Sagte jetzt auch Maisie, doch das war mir grade egal. Ich knöpfte meine Bluse auf, es war mir auch egal, dass die Zwillinge da waren, alles was zählte, war die Lösung zu diesem verdammten Rätsel zu finden.
„Wie bist du da überhaupt drauf gekommen?" Fragte Fred, es schien ihn überhaupt nicht zu stören, dass ich grade nur im BH vor ihm stand, während sein Bruder angestrengt versuchte woanders hinzusehen. Doch ich konnte genau sehen, das sein Blick hin und wieder zu mir huschte.
„Wir hatten grade Wahrsagen und ich habe das hier in der Kristallkugel gesehen." Ungeduldig kramte ich meine Zeichnung aus meiner Tasche und drückte sie ihm in die Hand.
„Fünf Menschen, wir sind fünf Champions, das kommt also schon mal hin. Und da, das sieht aus wie eine Meerjungfrau oder ein Wassermensch, Maisie hat gesagt, dass es Wassermenschen im Schwarzen See gibt und es ist alles so verschwommen wie unter Wasser. Das ist ein Hinweis, versteht ihr? Die nächste Aufgabe hat irgendwas mit diesem See zutun und ich bin mir sicher, dass dieses unerträgliche Gekreische aus dem Ei zu etwas Verständlichen wird, sobald man es unter Wasser hört." Ich hatte das alles in meinem einzigen Atemzug gesagt und rang nun abermals nach Luft, ich war so aufgeregt, dass sich alles in meinem Kopf drehte.
George hatte Fred das Pergament aus der Hand genommen und studierte es nun ebenso so sorgfältig wie ich vorhin und nickte dann.
„Ja, das könnte Sinn ergeben."
„Ja, genau! Das tut es, also muss ich das jetzt tun!"
Ich zog nun auch meinen Rock aus und drehte mich um, jetzt wo ich es nicht mehr sah, starrte George mich direkt an, ich konnte seine Blicke spüren und mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Entschieden schnappte ich mir das Ei und zog meine Schuhe aus.
„Beeil dich, okay? Es wird arschkalt sein, ich will nicht, dass du das Bewusstsein verlierst." Sagte Maisie nervös und ich nickte, dass wollte ich auch nicht.
„Eins noch, weder Draco noch mein Bruder dürfen hiervon erfahren, klar?" Ich drehte mich nochmal um, um die drei ernst anzugucken und sie nickten schnell.
„Viel Glück." Sagten die Zwillinge gleichzeitig und ich nickte.
Dann ging ich schnell und zielsicher in den See. Das Wasser war wirklich eiskalt, kurz erschauderte ich und fragte mich, ob es nicht noch eine bessere Lösung hierfür gab, doch mir fiel keine ein.
Also machte ich einen Schritt nach dem anderen und stand bald bis zum Hals im Wasser, ich drehte mich wieder zu den anderen um. Maisie hatte die Hände vor Mund und Nase geschlagen und sah mich aus großen Augen an. Die Zwillinge standen sichtbar nervös direkt neben ihr und beobachteten jeden meiner Schritte.
„Wie kalt ist es?" Rief Fred und ich verzog das Gesicht.
„Kalt genug um zu sterben, ich beeile mich besser."
Und mit diesen Worten tauchte ich unter.
Die Kälte umschloss mich wie ein Sarg und ich bekam plötzlich Panik, wollte sofort wieder hoch, doch ich wusste, dass ich keine Wahl hatte. Also umfasste ich, etwas gelähmt durch meine steifen Finger, den Drehverschluss des Eis und öffnete es. Kurz kniff ich die Augen zusammen und erwartete erneut das entsetzliche Geschrei, doch nach einigen Sekunden vernahm ich Gesang. Ich öffnete die Augen und sah in das schimmernde Herz des Eies. Eine hohe Stimme sang so laut, dass ich es selbst durch den Druck auf meinen Ohren hören konnte. Sie sang ein schönes, aber auch schauriges Lied, denn das was ich da hörte, war nicht gut.
Komm, such, wo unsere Stimmen klingen,
denn über dem Grund können wir nicht singen. Und während du suchst, überlege jenes:
Wir nahmen, wonach du dich schmerzlichst sehnest. In einer Stunde musst du es finden
und es uns dann auch wieder entwinden.
Doch brauchst du länger, fehlt dir das Glück,
zu spät, 's fort und kommt nicht zurück"
Dann herrschte Stille und ich stieß mich vom schlammigen Boden ab.
Nach Luft ringend durchbrach ich die Wasseroberfläche und hustete laut, ich hatte mich so auf das Lied konzentriert, dass ich gar nicht gemerkt hatte, dass mir die Luft ausgegangen war.
Japsend begann ich auf das Ufer zu zu schwimmen, die Strömung hatte mich etwas hinaus getrieben. Ich spürte wie meine Glieder immer tauber wurden und plötzlich bekam ich Angst, dass ich es nicht bis zum Ufer schaffte.
Ich hustete erneut heftig, weil eine kleine Welle mir Wasser in den Mund spülte.
„Ist alles okay?" Schrie Maisie mir entgegen, doch ich hatte keine Kraft zu antworten, meine Lunge brannte wie Feuer.
„Scheiße, das Wasser war viel zu kalt, sie war zu lange drin!" Fluchte George und zog seine Schuhe aus. Dann watete er in Wasser und verzog das Gesicht.
„Heiliger Merlin."
Er kam mir entgegen und ich konnte gar nicht beschreiben, wie froh ich war, als er mich am Arm zufassen bekam und zu sich zog.
Kurz hielt ich mich einfach nur an ihm fest, dann nahm er mich auf den Arm und trug mich aus dem Wasser. In diesem Moment war es mir egal, dass ich nichts außer Unterwäsche trug und ihm wohl auch, denn seine Miene war unergründlich, doch in seinen Augen konnte ich so etwas wie Erleichterung sehen.
Am Ufer stellte er mich auf den Boden und Fred reichte mir meinen Umhang, in den ich mich dankbar wickelte. Der Wind fühlte sich im Vergleich zum Wasser lauwarm an.
Meine Zähne klapperten, Maisie umarmte mich und ich ließ das Ei in den Dreck fallen.
„Danke." Sagte ich nach einer Weile etwas steif zu George und er lächelte sachte.
„Kein Problem. Aber mach sowas Dummes nie wieder." Schon wieder versuchte er mich nicht anzusehen.
„Das kann ich nicht versprechen." Murmelte ich und zog meinen Rock wieder an. Ich hasste es nass in Klamotten zu steigen, doch das war jetzt egal, ich hatte gleich Zaubertränke und ich konnte wohl schlecht halb nackt aufkreuzen.
„Ich hatte recht." Sagte ich dann und stieß das Ei mit dem Fuß an.
„Es war ein Lied, man konnte es nur unter Wasser hören. Irgendetwas was uns wichtig ist, wird uns weggenommen und im See versteckt, wir müssen es innerhalb einer Stunde finden, sonst bekommen wir es nicht zurück." Ich stotterte leicht vor Kälte, doch langsam ging es wieder, meine trockenen Klamotten fühlten sich schön warm auf meiner Haut an.
„Das ist krank." Sagte Fred und zusammen machten wir uns auf den Weg zurück zum Schloss.
„Ja, ist es. Der See ist riesig, wie zur Hölle soll ich irgendetwas finden? Und dann auch noch in einer Stunde? Und wie, bei Merlin, soll ich solange die Luft anhalten?"
Maisie hatte einen Arm um meine Schultern gelegt und ich war dankbar für die Wärme die sie mir so spendete, meine nassen Haare wehten im Wind und ich spürte, wie mir Wasser den Nacken herunter lief.
„Wir könnten in die Bibliothek gehen und nach Zaubern gucken." Schlug George vor und ich schüttelte den Kopf.
„Ich finde schon was, ihr müsst mir nicht helfen." Vor allem er hatte mir heute wirklich genug geholfen, erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich mich vor den Zwillingen ausgezogen und in den See gestürzt hatte. Und dann hatte George mich aus dem See gefischt und rausgetragen wie der Prinz in den ganzen Mugglefilmen die Tante Petunia immer im Fernsehen sah. Wie peinlich.
Plötzlich wollte ich nicht mehr mit ihm zum Ball, eigentlich wollte ich ihm nicht mal mehr unter die Augen treten, was er jetzt wohl von mir denken musste ... Stopp. Warum dachte ich über so etwas nach wie irgendeine verliebte, dumme Gans? Völlig egal was er dachte. Das versuchte ich mir jedenfalls einzureden, doch es funktionierte nicht.
Es war mir nicht egal.
Und das war verdammt scheiße.

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Guten Abend, meine Lieben!

Es macht mir momentan wirklich viel Spaß an dieser Fan Fiction zu arbeiten, meine Leser, also ihr, seid aktuell so viel aktiver als sonst, dass macht mich richtig happy! Ich hoffe ihr könnt euch auch weiterhin für die Geschichte begeistern, auch wenn ich ein bisschen von der Draco-Schiene abgekommen bin. Um ehrlich zu sein finde ich das Klischee Draco x Harry Potters Zwillingsschwester etwas ausgelutscht und ich habe zwar vor, es auch etwas zu nutzen, aber halt nicht nur.
Ich habe noch so viele Ideen hierfür und ich kann es gar nicht erwarten sie alle umzusetzen!

Wie immer bin ich gespannt auf eure Meinung, also lasst mich eure Gedanken doch in den Kommentaren wissen! :)

LG Beccy

Dunkle Seele |HP FF|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt