Kapitel 13

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Ich schwebte in tiefer Dunkelheit, hatte das Gefühl, mich selbst zu verlieren. Was meine Augen nicht sehen konnten, spürte meine Haut. Es fühlte sich an, wie feiner Nebel, der um mich herumschlich, feucht und kalt. Gänsehaut überzog meine Arme, ich fröstelte. Wo befand ich mich?

Angst machte sich in mir breit, schlich sich in meinen Körper und ergriff von mir Besitz. Ich spürte, wie der Nebel um mich herum dichter wurde und damit wurde auch die Angst stärker. Mühevoll versuchte ich, meine Beine zu bewegen, doch ich hatte nicht das Gefühl, mich fortbewegen zu können. Der Nebel verdichtete sich um mich herum und ein Schrei verließ meinen Mund, bahnte sich seinen Weg durch die Dunkelheit und hallte in ihr nach. Verzweifelt versuchte ich, mich zu befreien, irgendetwas zu erreichen, doch ich schaffte es nicht. Zu der Angst mischte sich nun dunkle Verzweiflung, ergriff von meinem Geist besitz und infiltrierte mein Denkvermögen. Es war mir schlicht nicht möglich, einen klaren Gedanken zu fassen.

Da spürte ich plötzlich etwas warmes an meiner Schulter und ich wurde geschüttelt, sodass ich das Gefühl hatte, schwerelos durch die Dunkelheit geschleudert zu werden. Moment. Waren da Stimmen? Ein weiterer Schrei verließ meine Lippen und ich versuchte mit wilden Armbewegungen auf die Stimmen zuzurudern. Es gelang mir nur mäßig, doch die Stimmen wurden deutlicher.

"Evelyn?", vernahm ich meinen Namen, panisch gerufen, und wieder wurde ich durchgeschüttelt, flog durch die Dunkelheit und hatte das Gefühl, mich ein paar Mal zu überschlagen, bis ich mir den Kopf an etwas Hartem stieß.

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Mit einem Ruck schlug ich die Augen auf und fuhr hoch, stieß beinahe mit jemandem zusammen, der mich mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn ansah. Lyael legte mir beide Hände auf die Schultern und sah mich durchdringend an. "Evelyn?"

Verwirrt blickte ich hin und her und bemerkte, dass sich die halbe Mannschaft um das Bett versammelt hatte, auf dem ich lag. Wo war ich noch gleich?

"Was?", fragte ich und schüttelte kurz den Kopf, um mich zu fangen. "Wo bin ich?"

Lyael umfing mit einer Hand mein Kinn und drehte meinen Kopf zu ihm. "Weißt du, wer ich bin?"

Ich nickte schwammig. "Lyael", hauchte ich und beobachtete, wie sich seine Gesichtszüge lockerten, entspannten und er sich schließlich mit der anderen Hand, die, die nicht mein Kinn gefangen hielt, durch die strähnigen Haare fuhr. Er ließ mich los, behielt mich aber weiterhin im Auge. Von dort, wo seine Hand mein Kinn berührt hatte, ging eine angenehme Wärme aus, die durch meinen ganzen Körper fuhr und dafür sorgte, dass ich mich beruhigte und mein pochendes Herz langsamer schlug.

Die Erinnerungen kehrten schleichend zurück und als ich meinen Blick abermals durch den Raum gleiten ließ, erkannte ich ein paar Gesichter wieder. Marylin stand ganz hinten, ein wenig versteckt hinter Perry und hielt sich erschrocken eine Hand vor den Mund. Tränen schimmerten in ihren Augen und sie sah aus, als würde sie am liebsten davon laufen.

Aniel hielt eine kräftige Frau im Arm, die sich an ihn schmiegte und mich neugierig musterte. An einige konnte ich mich erinnern, als ich meine winzige Ansprache gehalten hatte, an Deck, nachdem Lyael mich auf sein Schiff gebracht hatte. Andere erkannte ich gar nicht wieder. Ein Schiff! Ich stolperte über diesen Gedanken und schüttelte ungläubig den Kopf. Wie war ich hier nur hineingeraten?

"Lasst uns bitte alleine. Sie braucht Ruhe", gab Lyael Anweisung und die Crew trollte sich aus der Kajüte. Nur Marylin stand bewegungslos an der selben Stelle, die Hand vor dem Mund und Tränen nur mühsam zurückhaltend. Lyael stand auf und ging langsam auf sie zu, strich ihr über den Arm und zog sie an sich.
"Du auch, Lin. Mach dir keine Sorgen. Evelyn geht es gut", flüsterte er so leise, dass ich seine Worte kaum verstand. "Sie ist wieder da."

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