Der verfluchte Stein

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In einem Dorf, dessen Name für diese Geschichte nicht von größerer Bedeutung ist, steht ein altes, halb zerfallenes Anwesen. Viele Geschichten ranken sich um dieses Gebäude, gute und schlechte.

Eine dieser Geschichten handelt von einer wertvollen Kette, und wie diese das Leben der Bewohner des Anwesens änderte.

Der letzte offizielle Hausherr lebte dort eine Zeit lang glücklich mit seiner Frau. Irgendwann wurde die Frau schwanger und bekam einen Sohn. Sie waren glücklich.

Doch dann passierte das Unglück. Der Junge wurde krank. So krank, dass er starb. Seine Mutter hatte große Schwierigkeiten, den Verlust ihres kleinen Engels zu verkraften. Sie blieb in ihrem Zimmer, aß wenig bis gar nichts und trauerte um ihren Sohn. Ihr Mann konnte es nicht ertragen seine Geliebte so traurig zu sehen, deshalb suchte er nach Möglichkeiten ihr zu helfen. Schließlich schenkte er ihr eine Kette. Aber es war nicht nur irgendeine Kette. Sie Besaß einen großen Smaragd als Anhänger. Wer jetzt denkt, er wollte seine Frau mit etwas materiellem von dem Tod ihres geliebten Kindes ablenken, liegt falsch. Der Mann hatte gehört, dass Smaragde eine beruhigende und heilende Wirkung haben können, besonders auf Personen, die einen wichtigen Menschen verloren hatten.

Es funktionierte, seine Frau kam wieder aus ihrem Zimmer, aß regelmäßig und sprach wieder mit ihren Mitmenschen.

Aber das wieder gefundene Glück währte nicht lang, denn Diebe hatten von dem Smaragd erfahren und wollten ihn stehlen.

Sie brachen nachts in das Haus ein, um die Kette zu stehlen.

Aber etwas ging schief, sie wurden entdeckt und es kam zu einem Kampf um die Kette, bei der die Frau starb. Gerade dann kam ihr Mann in den Raum gestürmt und vertrieb die Diebe. Die Kette ließen sie da.

Entsetzt über den Tod seiner Frau zog der Mann sich zurück. Kappte alle Verbindungen zur Außenwelt und versank in der Trauer, mit der Überzeugung, dass er Schuld an ihrem Tod war, weil er ihr die Kette geschenkt hatte.

Damit niemand mehr wegen dem Stein sterben musste, versteckte er ihn und starb Jahre später voller Selbsthass.

Niemand hat den Stein seitdem gefunden, obwohl weiß Gott wie viele danach gesucht hatten.

Eine sehr traurige Geschichte. Einige sagen, dass der Mann den Stein, mitsamt dem Haus verflucht habe, um sicher zu gehen, dass niemand ihn findet. Allerdings weiß doch jeder, dass es so etwas wie Flüche nicht gibt.

Aber wenden wir uns wieder der Gegenwart zu und den drei Jugendlichen, die gerade das Haus betreten haben.

Langsam schlichen die drei durch die dunklen Flure des alten Gebäudes. Überall waren Spinnweben und Staub. Gerade fielen die letzen Strahlen der sterbenden Sonne durch die zerbrochenen Fenster und malten goldene Streifen in die staubige Luft.

Ohne sich abzusprechen trennten sie sich und fingen an den Raum zu durchsuchen. Eine Absprache wäre auch gar nicht nötig gewesen, sie alle wussten was sie zu suchen hatten.

Die Aufgabe der drei was es, den Stein aus der Legende zu finden, oder als Mutprobe die ganze Nacht in dem alten Gemäuer zu verbringen. Da keiner von ihnen die Nacht dort bleiben wollte, suchten sie lieber den verfluchten Smaragd.

Sehr große Hoffnungen ihn zu finden hatten sie nicht, da sie genau wussten, dass keiner vor ihnen den Stein gefunden hatte. Sie suchten, bis der Mond seinen silbernen Schein durch die Fenster warf.

Enttäuscht und erschöpft setzen sie sich zusammen auf den Boden. Mittlerweile war es so kalt geworden, dass man ihren Atem sehen konnte. Die Kälte kroch durch ihre Kleidung bis unter die Haut und setzte sich in ihren Knochen fest. Sie fingen an zu zittern. Um sich gegenseitig zu wärmen, rückten sie enger zusammen, allerdings brachte das nicht allzu viel.

Das Licht des Mondes kroch langsam durch den Raum, wie Gespensterhände.

Als das Licht auf ein Gemälde an der Wand fiel, das den Hausherren und seine Frau zeigte, schimmerte der darauf abgebildete Smaragd eigenartig.

Einer der drei stand auf, um sich das Bild genauer anzusehen, und tatsächlich!

Der Smaragd in dem Gemälde war echt!

Er war dort eingesetzt und übermalt worden. Man konnte ihn nur sehen, weil ein kleiner Teil der Farbe abgeblättert war.

Gerade als der Junge den Stein berühren wollte, hörte man ein lautes Heulen. Es klang, als würde jemand voller Verzweiflung weinen. Alle drei zuckten zusammen.

Was war das nur? Bestimmt nur der Wind, oder? Genau, nur der Wind!

Plötzlich fuhr eine starke Windböe durch die zerbrochenen Fenster und riss den letzten Fetzen der Gardinen mit sich. Das Mondlicht fiel jetzt ungehindert auf das Gemälde.

Der Mann hielt jetzt seine Frau im Arm. Sie war voller Blut. Dem Mann lief eine Träne aus dem Augenwinkel, über die Wange und fiel dann hinunter auf den Bilderrahmen, wo sie langsam über das Holz lief.

Die drei zitterten wie verrückt. Keiner konnte sagen, ob es wegen der Kälte war, oder wegen der Furcht.

Wieder hallte das grauenvolle Heulen durch das alte Gebäude. Das gab den dreien den Rest. Sie rannten durch die Gänge zurück zur Tür und nach draußen.

Sie werden nicht mehr wieder kommen.

Wir sind sicher.

Ist da wohl doch was dran an dem Fluch der Smaragdkette?

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