Begegnung

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Langsam ging sie die vertrauten Straßen entlang. Der Besuch bei ihrer Tante hatte länger gedauert als erwartet und die Dunkelheit hatte bereits ihre Schwingen über der Stadt ausgebreitet.

Sie machte sich aber keine Sorgen. Noch nie hatte sie Angst im Dunkeln gehabt und der Weg war nicht mehr weit.

Als sie um die nächste Ecke bog, empfing sie dichter Nebel und es wurde schwer den Bürgersteig zu erkennen. Da sie aber den Weg so gut kannte, brauchte sie keine Angst zu haben und lief mit festen Schritten weiter.

Die Straße war lang und sie hatte noch nicht die Mitte erreicht, da ertönten komische Geräusche.
Hinter ihr raschelte es.
Vor ihr klimperte es.
Neben ihr tropfte es.

Dabei hatte es seit Tagen nicht mehr geregnet!

Langsam wurde ihr doch etwas mulmig zu Mute und sie beschleunigte ihren Schritt etwas.

Das Rascheln hinter ihr wurde lauter, und jetzt waren auch Schritte zu hören.

« Was ist das? », fragte sie sich, jetzt doch etwas ängstlich.
Die Schritte kamen näher, sie waren schneller als erwartet. Sie beschleunigte noch einmal und lief jetzt fast den Weg entlang.

Sie konnte immer noch nichts sehen und wusste auch nicht mehr wie weit es noch war, bis sie das nächste Mal würde abbiegen müssen.

Gerade wollte sie noch einmal beschleunigen, da packte sie etwas an der Schulter, wirbelte sie herum und sie erstarrte in dem Versuch sich los zu reißen, als sie in das nicht vorhandene Gesicht ihres Gegenübers sah.
Das einzige, was sie erkennen konnte, waren zwei leuchtend grüne Augen.

Vor Schreck machte sie einen Schritt zurück, stolperte und fiel auf die kalten Steine.

Das Wesen machte einen Schritt auf sie zu, griff sie am Arm und zog sie wieder auf die Beine.

Dieses Mal allerdings, war sie nicht erstarrt. Als dieses Mal das schaurige Rasseln des Atems an ihre Ohren drang und die Hand des Wesens sich um ihren Hals legen wollte, schrie sie, riss sich los und stolperte über den gepflasterten Boden, weg von dem Wesen.

Dieses Mal hörte sie nichts hinter sich. Je weiter sie sich von der Stelle entfernte, an der sie auf dieses „Etwas" getroffen war, desto mehr schien sich der Nebel zu lichten. Sie konnte bald Umrisse und dann auch den Weg und die Häuser erkennen.
Es war jetzt wirklich nicht mehr weit bis nach Hause.

Sie rannte die letzten Meter, öffnete die Tür und fiel halb ins Haus. Ihre Mutter, die offenbar bemerkt hatte wie sie nach Hause kam, erschien im Flur und half ihr auf.
„Meine Güte! Wo warst du denn? Ich habe mir solche Sorgen gemacht!", herrschte sie ihre Tochter an und zog sie in eine kurze, aber feste Umarmung. „I-i-ich...d-d-da...wa-war...ei-i-in...und.....und...", stotterte diese und starrte ihre Mutter voller Panik an.

Anklagend richtete ihre Mutter jetzt ihren Blick auf sie und sagte:„Hast du etwa deine Tabletten vergessen? Schon wieder?"

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