Die Göttin

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Mit hastigen Schritten bahnte sie sich einen Weg zwischen den großen Steinen vor zur Küste. Hinter sich hörte sie bereits die Stimmen lauter werden. Ihre Füße rutschten leicht auf dem steinigen Untergrund. Sie musste sich beeilenund das Meer erreichen, bevor es zu spät wäre.
Es bildeten sich bereits dunkle Gewitterwolken am Himmel und auch der Wind hatte an Stärke zugenommen. Wegen der dunklen Wolken wurde es so dunkel, dass ihre Verfolger Taschenlampen benutzen mussten, um den richtigen Weg zu finden.
Sie brauchte so etwas nicht. Die leuchtende Kugel in ihrer Hand zeigte ihr den Weg. Das Licht der Kugel pulsierte im Rhythmus eines Herzschlags und wurde immer heller, je näher sie dem Wasser kam.

Endlich war sie am Wasser angekommen. Obwohl die Wellen wegen des Windes teilweise hart auf den Strand prallen, wurde sie nicht umgeworfen. Im Gegenteil, das Wasser umspielt ihre Beine, als wüsste es, dass seine Göttin nah war. Mit einem leichten Lächeln packte sie die Kugel in ihrer Hand fester und holte aus, um sie in die wogenden Wellen zu werfen.

Doch genau dann hörte sie hinter sich ein Schnaufen und kurz darauf fiel das Licht einer Taschenlampe auf sie. „Halt!”, kam gleich darauf eine männliche Stimme aus der Dunkelheit. Sie erstarrte in ihrer Bewegung und drehte sich kurz darauf zu der Stimme um, während sie ihren Arm wieder senkte. Mit angsterfüllten Augen sah sie die Männer an, die ihre Taschenlampen und Pistolen auf sie gerichtet hatten. Sie hatten sie eingeholt.
Ein verzweifelter Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht und sie trat ein paar Schritte zurück, bevor ein barscher Ausruf sie ein weiteres Mal erstarren ließ.

„Gib sie mir”, sagte einer der Männer und streckte ihr seine Hand entgegen. Ihr Blick glitt zu der warm pulsierenden ihrer Hand. Entschlossen blickte sie dem Mann in seine kalten Augen. „Nein!”, erwiderte sie, „ihr wollt sie nur als Objekt in euren verdammten Experimenten missbrauchen. Das ist falsch! Sie muss frei sein! Lieber sterbe ich, als sie euch zu überlassen!” Sie drehte sich wieder zum Meer und warf die leuchtende Kugel in das sturmgepeitschte Wasser

Zum selben Zeitpunkt, da die Kugel in den Wellen versank, fiel ein Schuss. Brennender Schmerz breitete sich von ihrem Rücken aus aus. Er zog durch ihre Brust, setzte ihre Lungen in Flammen und betäubte ihre Gedanken. Eine Träne fiel in das Wasser zu ihren Füßen und trotz der Schmerzen bildete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht, bevor sie alle Kraft verließ und und sie bewusstlos ins Wasser fiel. Ihr Blut färbte das Wasser rot.

Plötzlich leuchtete die Stelle, an der die Kugel ins Wasser gefallen war ganz hell. Der Wind wehte noch stärker und die Männer wurden von den Füßen gerissen und gegen die Felsen vor der Küste geschleudert. Als sich keiner der Männer bewegte legte sich der Wind wieder. Sie war inzwischen wieder aufgetaucht, aber  zu schwach vom Blutverlust, um sich zu bewegen. Die Wellen zogen sie vom Strand ins tiefere Wasser, aber ließen sie nicht untertauchen.

Vor ihr tauchte eine Frau aus dem Wasser auf. Die Frau sah jung aus, aber ihre Haare waren weiß wie Meeresschaum. Ihre Augen dagegen waren von einem tiefen Blau. Sie leuchtete in einem schwachen Licht, wie es auch die Kugel getan hatte. Die Wellen legten sie in die ausgebreitetn Arme der Frau, die sie vorsichtig über Wasser hielt. „Danke", hörte sie eine angenehme Stimme sagen. „Du hast mich vor diesen Menschen gerettet. Du hast dich gegen die deinen gewendet um jemandem zu helfen, den du nicht kennst, der nicht einmal ein Mensch ist.” „Gern geschehen“, flüsterte sie und lächelte leicht. Die Schmerzen in ihrer Brust waren mittlerweile einem Taubheitsgefühl gewichen. Ihr wurde kalt, obwohl die Frau wärme ausstrahlt. „Für deine Hilfe würde ich mich gerne erkenntlich zeigen”, sagte die Frau und legte ihr eine warme Hand auf die kalte Wange. Langsam beugte sich die Frau vor und berührte ihre kalten Lippen mit ihren warmen. Dar Kuss dauerte kaum mehr als eine Sekunde, doch die Wärme, die er brachte breitete sich von ihren Lippen in ihren ganzen Körper aus. Der stehende Schmerz der Schusswunde, der mit der Wärme zurückgekommen war, wich nach kurzer Zeit einem angenehmen Jucken.

Als die Wärme jeden Winkel ihres Körpers erreicht hatte, versank sie zusammen mit der Frau in den Wellen.
Sie fühlte sich sich unglaublich leicht und warm. Sie hatte auch keine Angst, sondern fühlte sich sicher, als wäre sie zu Hause. Mehrere Meter unter der Wasseroberfläche ließ die Frau sie los.
Wortlos sahen sich die beiden an.

Auf einmal würde die angenehme Wärme in ihrer Brust stärker. Die Hitze wurde auch immer stärker, es fühlte sich an, als würde ihr Brustkorb in Flammen stehen. Die Schmerzen wurden so unerträglich, dass sie aufkeuchen musste. Wimmernd fasste sie sich an die Brust. Das Brennen ließ nach und nur die angenehme Wärme blieb zurück.

Erleichtert atmete sie ein paar Mal tief durch, bevor sie erschrocken innehielt und die Frau ansah. Sie konnte atmen!
„Danke”, hauchte sie.

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