7. Wie soll es weiter gehen?

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Ich wusste gar nicht wie mir passierte als ich plötzlich Haldir´s Lippen auf den meinen spürte. Nach den ersten Schocksekunden realisierte ich die Lage und zögerlich erwiderte ich den Kuss.
Wem sollte ich es leugnen? Auch ich hatte heimlich Gefühle für den Elben entwickelt und umso schwerer fiel mir der Entschluss nach Valinor aufzubrechen.
Doch der unglückliche Vorfall hatte einiges verändert. Wie sollte es weiter gehen?  Noch immer war ich hin und her gerissen zwischen. Mein Kopf sagte klar das ich gehen sollte, doch mein Herz meinte das Gegenteil.
Ich kehrte aus meinen Gedankengängen zurück und fand mich in der Realität wieder. Der Schmerz meines Knöchels setzte wieder ein und ich klammerte mich an Haldir´s Arm.
Dieser löste sich langsam von mir und nichts als Reue stand in seinen Augen. „Es tut mir so leid.“, flüsterte er leise.
„Ich weiß.“, murmelte ich leise.
Noch eine Weile sahen wir uns beide still in die Augen und auch Haldir kam langsam wieder ins Hier und Jetzt zurück.
„Dein Knöchel muss behandelt werden.“, meinte er schlicht.
„Wenn du meinst.“
„Ich habe einiges wieder gut zu machen.“, erwiderte Haldir und hob mich hoch. Ausnahmsweise legte ich keinen Protest ein. Schließlich würde ich mit meinem verletzten Knöchel nicht weit kommen. Seine warmen, starken Arme legte er vorsichtig um meine Schultern und unter meine Knie. Sein warmer Körper schenkte meinem wieder Wärme und ich fühlte mich geborgen.
Ein wenig später betrat er seine Hütte und setzte mich behutsam in einen Sessel und zog einen Hocker heran, wo er meinen Fuß ablegte. Dann gab mir der Hauptmann eine Decke und dankbar nahm ich sie an. „Ich hoffe ich tu dir nicht weh.“, warnte er mich und tastete langsam meinen rechten Knöchel ab. Manchmal zog ich zischend die Luft ein und ermahnte mich zur Ruhe. Ich hatte schlimmeres überstanden.
„Ich denke er ist verstaucht.“, schloss Haldir seine Untersuchung ab, „Ich werde dich morgen zu einem Heiler bringen.“
Ich öffnete meinem Mund zum Protest und schloss ihn nach einem strengen Blick von Haldir wieder. „Wenn´s sein muss.“, meinte ich leise und zog die Decke enger um mich.
„Kannst du mir verzeihen?“, setzte Haldir an.
„Lass uns einfach noch einmal von vorne anfangen.“, antwortete ich lächelte leicht. Unerwartet schloss Haldir mich in seine Arme und etwas umständlich erwiderte ich diese. „Du weißt gar nicht wie viel mir das bedeutet.“, flüsterte er in mein spitzes Ohr. Im Stillen stimmte ich ihm mit 'Oh doch´ zu.
„Was war das eigentlich vorhin mit dem Kuss?“, fragte ich, als Haldir die Umarmung auflöste.
Der Angesprochene schaute betreten zu Boden und ein leichtes rot belegte seine Wangen.
„Ich mag dich auch mehr als ich zugegeben habe.“, erlöste ich ihn und rappelte mich auf. Sofort griff mir der Elb unter die Arme und half mir ins Bett zu gelangen.
„Gute Nacht, Haldir.“, sagte ich noch und dann ließ er mich allein.
Etwas umständlich zog ich mich um und kaum legte ich mich hin, gelangte ich in das Land der Träume.
Am nächsten Morgen humpelte ich neben meinem Retter her zu den heilenden Häusern. Nach gefühlten Stunden trug mich Haldir schließlich doch die Treppen hoch und übergab mich einem dunkelhaarigen Elben. Dieser sah mich mitleidig an. Haldir verabschiedete sich von mir und trat den Rückweg an.
In dem Arbeitszimmer von Felador, wie er sich mir vorstellte, setzte er mich auf einen Stuhl und fragte: „Wie kam es zu dem .. verletzten Fuß, Frau Arien?“
„Heute morgen bin ich bei einem Spaziergang umgeknickt. Wie und warum kann ich jetzt auch nicht sagen. Wahrscheinlich war ich einfach zu tief in Gedanken versunken.“, log ich und setzte eine Unschuldsmiene auf. Der Heiler nickte und zog einen Hocker heran wo er meinen rechten Fuß platzierte. Diesmal, weniger schmerzvoll, untersuchte er den Knöchel und kam zu dem selben Entschluss wie Haldir. „Ein verstauchter Knöchel.“, meinte er schlicht und diesmal nickte ich.
Mit geübten Handgriffen legte er mir eine Schiene mit Verband an und wenig später humpelte ich neben ihm nach draußen. Zum Glück waren die Kratzer in meinem Gesicht über Nacht verheilt. Ich hätte ja schlecht sagen können, dass ich während meines Spazierganges in einen Busch oder ähnliches gefallen wäre. Das wäre dann zu absurd gewesen.
Draußen angekommen, bedankte ich mich bei Felandor und wurde sofort von einem gewissen Elben in Empfang genommen. Auch er schenkte dem Heiler einen dankenden Blick.
Haldir führte mich über den Platz und lief auf ein Pferd zu. „Was soll das werden?“, fragte ich irritiert als er mich auf das Pferd hob.
„Lass dich überraschen.“, meinte er geheimnisvoll und schwang sich hinter mich.
Zielstrebig trieb Haldir das Pferd an tiefer in den goldenen Wald hinein. Doch auf einmal stoppte er und ich sah ihn fragend an.
„Vertraust du mir?“
Nach kurzem überlegen, antwortete ich sicher: „Ja“
Haldir zog aus seinem Mantel ein schwarzes Stück Stoff hervor und verband mir die Augen. Durch die Dunkelheit suchte ich an ihm Halt und Haldir legte beschützend einen Arm um meinen Bauch und zog mich näher zu sich. Immer wieder streifte sein warmer Atem meinen Nacken und ließ mich  erschaudern. Ich bemerkte wie der Elb das Pferd antrieb und ich im Galopp hin und her rutschte. Da ich nur im Damensitz auf dem sattellosen Rücken des Tieres saß, presste ich mich näher an den Elben. Dieser verstärkte seinen Griff.
Etwas später wurde das Pferd langsamer und blieb stehen. Schwungvoll saß Haldir ab und hob mich auch so gleich hinunter. Doch anstatt mich auf den Boden zu setzen, hielt er mich auf seinem Arm und lief los. Auch wenn mir das Augenlicht genommen wurde, fühlte ich wie es ruhiger wurde. Kein Vogel sang mehr und kein Tier regte sich. Das einzige was ich wahr nahm, waren Haldirs Schritte und die des Pferdes.
Schließlich blieb Haldir stehen und setzte sich auf den Waldboden. Jetzt saß ich auf seinem Schoß und lehnte mich gegen seinen Oberkörper. Ich spürte wie seine Hände langsam über meinen Rücken nach oben fuhren und an meinem Hinterkopf den Knoten des Stoffes lösten. Behutsam nahm er den dunklen Stoff von meinen Augen und das gleißende Sonnenlicht verhinderte meine Sicht. Ich nahm eine Hand vor meine Augen und nach einigen Minuten sah ich das, was mir zuerst vor enthalten wurde.
Ein See lag vor uns und das klare Wasser spiegelte den blauen Himmel. Einzelne Pflanzen umschmückten den riesigen Spiegel. Und die Mallornbäume bildeten den goldenen Rahmen des Spiegels.
„Das hier ist mein Lieblingsplatz und niemand weiß davon, außer dir und mir.“, beantwortete Haldir meine unausgesprochenen Frage. „Es ist wunderschön.“, hauchte ich, „Ich fühle mich geehrt.“
„Ich sagte doch das ich alles tue um das geschehene ansatzweise wieder gut zu machen.“
„Wie hast du diesen Ort gefunden?“, fragte ich leise.
„Das wüsstest du wohl gerne.“, meinte er genauso leise und strich mit seinen Lippen über mein Ohr als er sich vorbeugte.
„Ich denke du wirst mir auch auf dem Rückweg, wieder das Augenlicht nehmen.“
„Da denkt ihr richtig, Prinzessin Arien.“, flüsterte in mein empfindliches Ohr.
„Lass diese blöde Anrede.“, meinte ich grinsend.
„Wieso? Du bist vom hohen Adel und ich nur ein einfacher Krieger.“
Und immer noch flüsterten wir.
„Einfach? Du bist definitiv nicht nur ein einfacher Krieger, Haldir!“, lachte ich leise auf.
„Wenn ihr das sagt, Prinzessin Arien, mag das wohl so sein.“, erwiderte er dennoch. Ich schüttelte lächelnd den Kopf und lehnte mich entspannt zurück. Haldir schlang seine starken Arme um mich und legte seinen Kopf auf meine Schulter.
Eng umschlungen betrachteten wir still die Idylle.
Solange bis mein Magen ein verdächtiges Geräusch von sich gab. Haldir lachte leise auf und löste einen Arm und griff neben sich.
Er zog eine Tasche heran und öffnete diese. Dann rutschte er selbst noch etwas zurück und lehnte sich gegen den Baumstamm. Mit seiner rechten Hand hielt er meine beiden Hände bestimmt, aber  sanft fest und fing an mich zu füttern.
„Ich kann auch alleine essen.“, nuschelte ich hervor. „Im Moment nicht.“, flüsterte er zurück und hielt meine Handgelenke noch etwas bestimmter fest. „Na gut.“, antwortete ich dann doch und ließ mich weiter füttern.
Nach einer Weile, ich hatte nun langsam genug von Weintrauben, meinte ich: „Ich bin satt, danke.“
„Wirklich?“
„Wirklich!“
„Dann werde ich mal das bisschen aufessen, was du mir übrig gelassen hast.“
Entsetzt drehte ich mich um und sah in sein Gesicht: „Du hättest doch -“
„Ssshh. Ich falle so schnell nicht vom Fleisch.“, beruhigte er mich und aß die letzten Weintrauben auf.
Ich lehnte mich wieder gegen seine Brust und noch immer hielt er meine Handgelenke fest. Vorsichtig versuchte ich diese zu befreien, was mir nur mehr Druck einbrachte. Somit ließ ich es bleiben und Haldir lockerte seinen Griff.
Während er die letzten Trauben vertilgte, stupste sein Kiefer bei den Kaubewegungen immer wieder gegen meinen Scheitel.
Als er fertig mit essen war, zog er mich wieder enger zu sich und fuhr mit seiner freien Hand durch meine offenen Haare.
Und immer wieder berührten seine blonden Haare meine Wange. Ein wohliges Gefühl breitete sich in mir aus und ich genoss diesen Augenblick. Ich genoss diesen Moment. Ich genoss dieses Gefühl was eine einzelne Berührung des Hauptmannes in mir auslöste.
Wann war ich das letzte mal so entspannt? Wann hatte ich mich das letzte mal so wohl gefühlt?
Ich wusste es nicht.
Die Sonne versetzte die Lichtung in ein goldenes Licht und ich kuschelte mich noch enger an Haldir.
Dieser drehte mich langsam um und sah in meine Augen. Ich versank regelrecht in seinem Blick und lächelnd schaute ich zu ihm auf.
Der Lorienelb kam mir nun immer näher und keine Hand hätte mehr zwischen unsere Gesichter gepasst.
„Darf ich?“
„Ja“, hauchte ich ihm entgegen und keine Sekunde später spürte ich seine Lippen auf meinen. Nun ließ er auch meine Handgelenke los und ich schlang meine Arme um seinen Oberkörper. Das gleiche tat er bei mir.
Zuerst vorsichtig doch dann entschlossener küssten wir uns.
Nach diesem fantastischen Kuss vergrub ich mein Gesicht an seiner Brust und drückte mich gegen ihn.
Noch bis kurz vor Sonnenuntergang saßen wir still und eng umschlungen auf der versteckten Waldlichtung.
Dann verband mir Haldir wieder die Augen und trug mich durch die vielen Bäume, bis er mich wieder auf den Rücken des Pferdes hob und wir zurück ritten.
Ich wünschte dieser Tag würde nie zu Ende gehen …

Wovor hast du Angst?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt