Diesmal wurde er nicht ganz so sanft geweckt. Ein grelles Licht blendete ihn und riss ihn aus seinen Träumen. "Na, sieh einer an. Du schläfst schon? So spät ist es doch gar nicht", ertönt eine tiefe aber freundliche Stimme.
Es dauerte eine Weile, bis Tobias alle Sinne beisammen hatte. Er rieb sich die Augen und richtete sich aus seinem Bett auf. Vor ihm am Fußende des Bettes stand eine weiß leuchtende Gestalt. Als seine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten, betrachtete er ihn genauer: Einen Mann im weißen Anzug, mit weißem Zylinder und weißen Schuhen. Er war komplett weiß, selbst seine Haut strahlte in einem weißen Schein.
Er sah noch recht jung aus, hatte keinerlei Makel im Gesicht und eine sympathische Ausstrahlung. Nun stütze er sich mit seinen Ellenbogen auf dem Metallende des Bettes ab und grinste ihn an.
Selbst seine Zähne waren makellos- nein, es waren die perfekten Zähne und sie strahlten ebenfalls in einem weißen Licht. "Ich hoffe doch stark, dass du ausgeschlafen genug bist um mit mir mitzukommen. Weißt du, ich...oder besser gesagt WIR brauchen dringend deine Hilfe." Der kleine Junge schaute ihn fragend an. "Wer sind sie? Wie sind sie hier reingekommen?" Der Mann in Weiß richtete sich nun hektisch auf, richtete seinen Anzug und die Fliege und räusperte sich:
"Oh, ich habe wohl völlig vergessen mich vorzustellen. Gestatten: Ich bin der Mondgeist. Und ich komme von da oben." Er zeigte zum Fenster hinaus auf dem Vollmond, der mittlerweile am Himmel stand. Tobias wollte etwas sagen, aber der Mondgeist redete weiter: "Meiner Heimat droht der Untergang. Unsere drei Sterne, welche die Energie für das Land bringen, drohen zu verglühen und dann wird es bei uns Stockfinster sein. Die Pflanzen werden eingehen und die Tiere werden aussterben. Das kann allerdings verhindert werden, mit deiner Hilfe kann ich es schaffen."
"Warum denn ausgerechnet ich?", fragte Tobias, "Meine Eltern haben gesagt, ich soll mich benehmen und außerdem darf ich nicht mit Fremden reden." Nun kam der Mondgeist auf seine rechte Seite und kniete sich vor ihm ans Bett.
"Naja, du bist der Einzige der gerade hier ist", erwiderte er mit einem milden Lächeln und deutete mit seinem Arm auf dem hinter ihm so leeren Raum. "Außerdem würde ich dich nicht bitten, wenn es absolut dringend wäre. Es ist wirklich ein Notfall." Der Blick, mit welchem er ihn nun ansah, ließ ihn nicht daran zweifeln, dass er es ernst meinte. Also nickte er stumm. Der Mondgeist lächelte ihn an und richtete sich wieder auf.
"Dann können wir ja los. Bist du bereit?" noch bevor Tobias antworten konnte, schnipste er mit seinem Daumen- und Zeigefinger und sofort vergrößerte sich der Lichtschein, welcher den Mondgeist umgab und erfüllte den gesamten Raum. Wieder wurde Tobias geblendet, weswegen er sofort die Augen schloss. Als er sie wieder öffnete, stand er mit beiden Füßen auf festem Boden irgendwo auf einem Berg.
Neben sich erblickte er den leuchtenden Mann."Wie hast du das gemacht?", stieß Tobias verwirrt hervor. "Wundere dich nicht", erwiderte der Mondgeist grinsend, "hier ist so einiges möglich." Mit diesem Worten bedeutete er ihm zu folgen. Als sie so unterwegs waren, blickte er sich um, wo er überhaupt war. Es war nicht einfach nur irgendein Berg. Überall aus den Steinwänden um ihn herum ragten Kristalle, welche in Farben leuchteten, die er noch nie zuvor gesehen hat. Sie gingen nun über einen dünnen Pfad zwischen zwei größeren Hügeln hindurch.
"Wir befinden uns hier übrigens im Inneren des Mondes. Das hier ist der höchste Berg im ganzen namenlosen Land", erzählte der Geist. "Die drei Sterne, von denen ich geredet habe, kannst du ungefähr mit eurer Sonne vergleichen. Sie sorgen für die Energie dieses Landes. Die Oberfläche des Mondes absorbiert die Energie der Sterne und leitet sie in das Innere. Ohne diese Energie..."
Nun hielt er an und drehte sich zu Tobias um. "...würde das alles hier nicht mehr existieren können." Er ging zur Seite und gab ihm damit den Blick über die Landschaft frei, die sich vom Fuße des Gebirges bis in die weite Ferne erstreckten. Er sah Wälder von bunten Bäumen, die er nie zuvor zu Gesicht bekam, Seen und weite Wiesen. Überall waren Tiere, die skurril und bunt, aber überhaupt nicht irdisch aussahen.
In der Luft, wenige Meter unter ihm flogen verschiedenste Fischarten am Hang entlang, als wäre es ein Korallenriff unterwasser. Auch elefanten- und giraffenähnliche Wesen konnte er erkennen. Er kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
"Woow, das ist ja voll cool!" rief er begeistert. "Allerdings", entgegnete der Mondgeist, während auch er fasziniert in die Ferne schaute. "Stell dir mal vor, das alles hier wäre deine Heimat seit tausenden von Jahren und auf einmal schwebt sie in Lebensgefahr..", sagte er beinahe schon weinerlich. "Also...was muss ich tun?", begann Tobias, das Thema wieder aufzugreifen. Der Geist wandte seinen Blick nun von der Landschaft ab und blickte den Jungen direkt in die Augen.
"Ich erkläre es dir", sein Tonfall klang jetzt wesentlich ernster, "diese drei Sterne benötigen drei verschiedene Energiequellen. Die drei Energiequellen befinden sich bei drei verschiedenen Meistern hier im Land. So leicht werden sie dich aber nicht an ihre Quelle heranlassen, sondern eine Gegenleistung verlangen.
Ich kenne die drei gut genug um zu wissen, dass das so ist, aber da sie mich nicht besonders gut leiden können, wollte ich dich losschicken. Du wirst von mir natürlich noch die entsprechende Ausrüstung bekommen", versicherte er.
"Ja, wäre vielleicht ganz gut", murmelte Tobias, als er an sich runter guckte und bemerkte, dass er die ganze Zeit barfuß und nur mit seinem hellblauen Teddybär-Schlafanzug hier oben herumgelaufen war.
Da der Boden gut zu passieren war und die Temperaturen angenehm warm waren, ist ihm das noch gar nicht richtig bewusst geworden. Sein Begleiter klatsche in die Hände.
"So, dann kümmern wir uns doch mal um deine Sachen", rief er und schnipste erneut. Wieder vergrößerte sich der Lichtkegel um ihn herum und im nächsten Moment waren sie auf einer Lichtung in einem Wald. Tobias guckte sich um.
Aus der Nähe sahen die Bäume viel schöner aus. Nun erkannte er auch, dass nicht nur die Blätter die außergewöhnlichsten Farben hatten, sondern auch die Baumstämme. Auch der Waldboden sah sehr belebt und exotisch aus.
Neben den typischen grünen Farbtönen der Gräser, gab es auch hellblaue, rötliche und violette Arten. Die Blumen reichten ihn teilweise bis zu den Schultern und streckten ihre leuchtenden bunten Blüten majestätisch in Richtung Himmel.
Viele blaue, rote und bunte Schmetterlinge flogen über die Vielzahl an Pflanzen hinweg und aus den Baumkronen hörte man die Gesänge verschiedenster Vogelarten. "So, hier sind wir", sprach der Mondgeist zu seiner Rechten.
Er schnipste noch einmal und um Tobias herum begann sich glitzernder Staub zu bilden, der sich auf seiner Schulter und der Hüfte ablegte und sich dort zu einer schlichten braunen Umhängetasche manifestierte. Tobias guckte ihn wieder einmal überrascht an und der Mondgeist musste lachen. "Ich liebe diesen Trick auch". Dann zeigte er auf die Tasche und sagte:
"Guck doch mal nach, was da so drinne ist." Gesagt, getan- Tobias öffnete die den Klettverschluss und schlug den Deckel zurück. Als erstes sah er drei kleine Phiolen, von denen er eine herausnahm und genauer betrachtete. Das kleine Gefäß hatte oben eine Viereckige Form und lief unten spitz zusammen. Im Grunde sah es aus wie eine umgedrehte Pyramide. Zum Verschluss diente ein Korken, wo oben eine Sichelmond-Prägung drinne war. "Das sind die Behältnisse, in welche die Energie später abgefüllt werden muss.
Da ist aber noch etwas anderes drinne", erklärte sein leuchtender Genosse und bedeutete Tobias, nochmal reinzuschauen.
Also stecke er die Phiole zurück in die Tasche und entdeckte da auch schon den nächsten Gegenstand. Er zog einen grauen faustgroßen Stein heraus und betrachtete ihn genauer. Er sah sehr unförmig aus und hatte eine raue Oberfläche. An manchen Stellen schimmerte er silber aber ansonsten sah er aus wie ein gewöhnlicher Stein.
"Dieser Stein ist aus dem Herzen des großen Gebirges, wo wir vorhin waren", schilderte der Mann. "Er wird sich immer dann seinen Besitzer als hilfreich erweisen, wenn sein Träger in Not ist. Pass auf, dass du ihn nicht verlierst." Dann ging er ein paar Schritte rückwärts in Richtung Wald und sagte: "Außerdem habe ich noch etwas für dich, damit du auf deiner Reise nicht ganz so alleine bist". Dann drehte er sich zu den Bäumen um und pfiff mit Daumen und Zeigefinger.
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Das Leuchten der Sterne
FantasyEines Nachts hatte ich einen furchbaren Migräneanfall. Als ich mich schlafen gelegt habe, träumte ich einen relativ intensiven Traum, der sich anders anfühlte als die anderen. Den Morgen darauf, bin ich völlig verschwitzt aber immerhin ohne Kopfschm...