"Was tust du da Dad?" Lauris Mustang wird gerade auf einen Lkw verladen. Kennzeichen abgenommen. Die blöden Paparazzi lungern immer noch vor den Toren rum. Die letzten Tage hat Lauri so viele gehässige Nachrichten auf ihr Handy bekommen, dass sie sich fragt, wie das alles passieren konnte. Auf Youtube und Facebook existiert ein Video mit dem Spruch von Alex, dass sie seine für heute Nacht ist und wie er und Hunter sich prügeln. Lauri gut zu sehen. Ein schrecklicher Abend. Paps hat ihr die letzten Tage großteils verziehen und kümmert sich seitdem um alles. Endlich hat er einmal in seinem Leben nur Zeit für sie. Wenn auch unter solch unpassenden Umständen. Trotz allem ist Lauri genau über diese kleine Sache so unendlich glücklich. Ihr Leben musste erst gänzlich in Scherben liegen, damit ihr Vater sie beachtet, sich kümmert und sie nicht alleine ist. Wenn er sie doch nur hier behalten würde. Er kümmert sich jetzt doch nur um alles, weil ihr Flug heute Abend nach Montana gehen würde.
"Dein Auto wird dich begleiten. Die Spedition hat Anweisung ihn direkt zur Ranch zu bringen, damit du vor Ort mobil bist. Schatz, bitte sei nicht mehr sauer."
"Bin ich aber. Du willst mich nicht. Keiner will das." Mit diesen Worten verschwindet Lauri zurück ins Haus. Die Presse muss nicht noch mehr News bekommen, als eh schon. Da ist sie nun. Verheult, mit Augenringen, zerwuschelte Locken und in Joggingsachen. Selbst von ihrer besten Freundin bekommt sie keine Antwort. Taylor antwortet auf keine Nachricht von Lauri. Ihr Handy leuchtet auf, eine Nachricht. Von Kaitlin. Sie wird Lauri am Flughafen abholen. Außerdem hat die Anmeldung an der örtlichen Highschool geklappt. Prima. Genau das will Lauri jetzt auch wissen.
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Geoffrey kramt gerade alle nötigen Papiere zusammen, die Lauri für den Flug und vor Ort braucht.
"Mr.Holmes. Es kam gerade ein Anruf. Eine Anfrage der Presse, ob sie sich mittlerweile äußern wollen zu den Geschehnissen."
"Nein. Blocken Sie alles weiterhin ab Ms.Mcgee. Ich will, dass nichts weiter an die Presse gelangt. Lauri fliegt in zwei Stunden. Ich bringe sie persönlich zum Flughafen."
Ms. Mcgee nickt nur. Die ganze Situation musste früher oder später ja so eskalieren. Die Tochter ihres Chefs ist zu verwöhnt.
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"Lauri, komm! Wir nehmen den Weg durch die Garage hinten raus."
Yippie jetzt startet ihr Abenteuer endlich. Ironie. Mal ehrlich, ja es ist absolut scheiße gerade hier in der Stadt, aber nichts würde besser werden, wenn sie jetzt zu ihrer Patentante soll. Die letzten Stunden hat Lauri angefangen nicht mehr mit ihrem Dad zu sprechen. Soll er sich ruhig schlecht fühlen, dass er sie hinter den Mond schickt. Schultern nach hinten, Rücken gerade. Sie stapft die Treppen runter. Lauri hat sich nochmal zusammengekratzt und sich voll aufgestylt. Sie ist und bleibt eine L.A. Diva. Egal wohin es geht. Nichts würde sich ändern und nächstes Jahr hat sich Schule erledigt, danach kann sie zurück, wohin sie will.
"Jetzt zieh nicht so ein Gesicht und beeil dich. Wir wollen doch nicht den Flieger verpassen."
Pah WIR? "Also wenn du dich nicht mit einschließt, solltest du auch nicht von 'Wir' reden."
Na schön der schnippische Ton ist vielleicht übertrieben. Ihr Dad hat einfach erstmal verkackt. Er verstaut ihr Gepäck im Kofferraum des Jeeps und steigt ausnahmsweise mal selbst ans Steuer.
"Was für eine Ehre, mein Vater fährt mich höchstpersönlich und mal nicht der Chaffeur."
"Lauri wenn du nichts nettes zu sagen hast, dann sei wenigstens ruhig."
Bitte dann würde jetzt halt das angespannte Schweigen weiter gehen. Ihr Handy hatte sie vor einigen Stunden ausgeschaltet. So kommen die ganzen dummen Sprüche nicht mehr bei ihr an. Bis zum Flughafen ist es nicht weit. Kaum da schnappt sich Lauri nur ihre Handtasche. Soll doch ihr Paps den Koffer schleppen.
"So wo muss ich hin für den Absturz des Abendsterns?"
"Hör doch auf so theatralisch zu sein Lauri Kate Holmes!"
Geoffrey reicht seiner Tochter den Koffer und die Flugtickets. Er umarmt seine kleine Prinzessin fest. "Mach keinen Blödsinn. Ich hab dich lieb."
Tränen steigen in ihre Augen. Ja verdammt sie liebt ihren Paps so sehr und wollte hier nicht weg. Dennoch gibt sie keinen Mucks von sich. Einmal durchatmen und los geht's in den Flieger. Das Boarding hat genau begonnen, als sie ankommen. Lauri dreht sich nochmal um und winkt ihrem Paps. Im Flugzeug guckt sie irritiert. "Entschuldigung Miss. Mir wurde erste Klasse gebucht."
"Oh tut mir sehr leid, aber das hier ist nur eine kleine Maschine, hier gibt es keine erste Klasse. Bitte suchen Sie ihren Sitz."
Fabelhaft. Mit mürrischer Miene sieht Lauri nach der Sitzreihe, in der sie sitzen soll. Nur zwei Plätze und auf einem davon sitzt bereits ein Typ. Er dürfte nicht viel älter sein als sie.
"Hey ich muss da mal durch." Sie nickt in die Richtung des Platzes neben ihm.
"Aber bitte doch. Gerne doch. Danke." Amüsiert bietet der Fremde ihr den Platz an. Wie frech ist der denn. "Vielleicht würde dir ein Lächeln und ein Danke ganz gut stehen."
"Und dir würde es stehen den Mund zu halten."
Ein Seitenblick zeigt ihr, dass er still ist, trotzdem noch lächelt und sich amüsiert. Es kann ja nur besser werden. Auf dem Land grüßen sich sicher alle so überaus freundlich.
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Sie muss eingenickt sein. Die Anschnallzeichen leuchten schon auf. Dann landen sie ja gleich. Lasset die Spiele beginnen.
Nachdem Lauri es endlich aus diesem Flugzeug geschafft hat, wartet sie eine gefühlte Ewigkeit auf ihr Gepäck. Economy ist schon nervig. Endlich hat sie all ihre Sachen und marschiert Richtung Ausgang. Wird sie Kaitlin überhaupt noch erkennen? Seit sie sie das letzte Mal gesehen hat, sind sieben Jahre vergangen. Hunter hat sie ja schließlich auch nicht gleich erkannt, als er vor ihr stand. In Gedanken versunken, realisiert Lauri es erst spät, dass jemand nach ihr ruft. Sie dreht sich um und steht einer kleinen, brünetten Frau gegenüber. Freundliches Gesicht, braune, ruhige Augen. Kaitlin. Sie hat sich kaum verändert.
"Lauri! Endlich hab ich dich wieder. Wie schön du geworden bist!" Ohne ihre Antwort abzuwarten, drückt Kaitlin sie an sich. Warum kann sich Lauri nicht erklären, aber sie fühlt sich direkt etwas besser. Kaitlin ist einfach mütterlich und super herzlich. Halt stopp. Sie hat es ihr auch eingebrockt, dass sie hier ist. Ohne Kaitlin wäre ihr Vater nicht auf diese dumme Idee gekommen.
"Los lass uns zu meinem Auto gehen und nach hause fahren, wir sind noch ein bisschen unterwegs."
Lauri nickt nur. Ihre Sprache scheint wohl etwas verschollen zu sein.
Als die beiden aus dem Flughafen treten, strahlt Kaitlin, breitet die Arme aus und ruft: "Herzlich Willkommen in Montana, Kleines!"
Jep jetzt ist es offiziell, Lauri ist am Ende der Welt und sieht am Horizont die Berge. Kein Meer. Das kann ja was werden.
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Country Roads take my Heart
Teen FictionCountry Roads oder Rodeo Drive? Bis vor wenigen Monaten wäre die Antwort glasklar gewesen. Lauri hat ihr Leben immer geliebt. Bis zu diesem einen Abend. Auf der Ranch ihrer Patentante soll sie neu anfangen oder so ähnlich. Mitten in den Weiten Monta...