Valerie - Kapitel 1

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„Joshua komm sofort zurück!"

Ich renne meinem Cousin durch das ganze Haus nach, der lachend mein Ladekabel in der Hand hält, welches ich gerade dringend brauche.

„Nichts da, du kommst jetzt endlich mal raus!"

Joshua rennt munter weiter, während ich langsam aus der Puste komme.

„Ich hasse dich" murre ich und bleibe stehen.

„Ich liebe mich auch" sagt Joshua grinsend, und kommt langsam wieder zu mir zurück.

Mein Kabel hält er fest umklammert.

„Du wohnst seit zwölf Jahren hier und bist immer noch nicht gleich schnell wie ich, hm? Das müssen wir besser üben, junge Dame. In zehn Minuten treffen wir uns vor der Türe, wir gehen laufen."

Ich stöhne und lasse den Kopf hängen.

„Josh bitte" murmle ich, doch mein Cousin denkt nicht daran, locker zu lassen.

„Nichts da, wir gehen laufen. Heute wäre sowieso Sport dran gewesen."

Seit ich vor einigen Jahren auf meinem Bett lag und nichts mehr gegessen habe, um endlich abzunehmen, hat Joshua mich mit zum Sport genommen.

Er geht dreimal die Woche ins Fitnesscenter, aber mittlerweile hat Maria den Keller etwas renoviert und uns ein paar Geräte gekauft.

Sie ist nicht reich, obwohl sie sehr viel verdient, sie weiss nur sehr gut, wie sie mit dem Geld umgehen muss, damit sie sich – oder uns – auch mal was gönnen kann.

Und wenn Joshua und ich nicht gerade in unserem Fitnessraum sind, nimmt er mich mit wenn er Joggen geht. So wie heute.

Abgenommen habe ich tatsächlich, und mittlerweile habe ich sogar eine etwas sportliche Statur, worauf ich schon stolz bin.

Immerhin haben das nicht alle Mädchen an meiner Schule, die meisten sehen einfach nur so grässlich abgemagert dünn aus, dass man Angst bekommt sie würden auseinanderfallen, wenn man sie auch nur anfasst.

Seit meine Eltern mich hier abgesetzt haben, sind zwölf Jahre vergangen, und ich bin gerade siebzehn geworden.

Ich habe nie mehr etwas von ihnen gehört, aber mittlerweile ist mir das auch egal, denn ich habe hier meine Familie. Maria ist für mich wie eine zweite Mutter, und Joshua ist quasi mein Bruder.

Er behandelt mich seit meinem Einzug wie eine Schwester, und Maria sieht mich quasi als ihre Tochter.

Joshua läuft grinsend an mir vorbei und gibt mir mein Kabel.

„Herzlichen Dank" murre ich, und laufe dann hinter ihm die Treppen hoch in mein Zimmer, wo ich zuerst sofort mein Handy auflade.

Dann öffne ich seufzend meinen Kleiderschrank und ziehe meine Sportklamotten raus, und schlüpfe rein.

Es kostet mich wirklich Überwindung, meine kuschlige Jogginghose gegen eine enge Sporthose zu wechseln, und eine Weile schaue ich einfach nur unmotiviert in den Spiegel.

Dann schnappe ich mir ein Haargummi und binde mir meine langweiligen, braunblonden Haare hoch, damit sie nicht in meinem Gesicht rumfliegen.

„Bist du bald soweit?" Joshua öffnet ohne zu klopfen meine Zimmertüre, und ich ziehe meinen Zopf an.

„Klar doch" sage ich demotiviert, und Joshua grinst. „Komm schon, nach den ersten Metern bist du wieder voll drin."

Ich nicke nur und lasse mich dann von meinem bestens gelaunten Cousin aus dem Zimmer ziehen.

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