Kapitel 20: Versprechen

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Reiker

Mit einem lauten Knall ließen die vier Jäger den Käfig vor der baufälligen Hütte, die die Reiter ihr "Clubhaus" nannten, fallen. Drachensicheres Eisen, mit Nadderfeuer verschweißte Nieten, Spezialschloss - nie im Leben würde der Nachtschatten daraus entkommen können. Je schneller er hinter Gittern war, desto besser. Obwohl ich Hicks nur zu gerne um das Leben seines Drachens betteln sehen würde. Aber nein, ich durfte mal wieder die Drecksarbeit machen. So wie immer. Dabei hätte ich eigentlich der Anführer sein sollen. Es wäre mein rechtmäßiger Platz gewesen, nichts Viggos und schon gar nicht Romis. 

Selbst ihr brachte mein Bruder mehr Wertschätzung entgegen als mir, obwohl sie gar nichts zu uns Jägern beitrug außer einer Menge Ärger. Merkte er denn nicht, dass etwas mit ihr nicht stimmte? Ich musste ihn verdammt noch mal davon überzeugen, dass sie eine Spionin war. Nicht, dass ich einen Beweis hatte, aber... Beweise ließen sich fälschen. Ich lächelte grimmig. Bald war ich wieder an der Seite meines Bruders.

"Bleibt beim Käfig", wies Krogan die Männer an, "Und wehe, einer rührt sich von Platz!"

"He, ich gebe hier die Anweisungen! Sven, du kommst mit mir. Ragnar, Erik, Ruben, bleibt hier und passt auf den Käfig auf. Wenn ihr jemanden seht, ruft mich." Krogan beobachtete das Ganze skeptisch.

"Was?", knurrte ich ihn an.

"Du redest sie mit Namen an?"

"Und? Du etwa nicht?"

"Warum sollte ich? Es sind nur Soldaten. Sie sind austauschbar und bedeutungslos. Ich gebe mich nicht mit ihnen ab."

"Wenn du deine Leute so behandelst, werden sie sich gegen dich wenden. Niemand wird gern respektlos behandelt oder wie eine Spielfigur herumgeschoben. Respektiere sie und sie bleiben dir treu", leierte ich herunter. 

Das war ungefähr das, was Viggo immer den Hauptmännern predigte. Selber kriegte er das aber nicht auf die Reihe. Wäre er nicht mein Bruder, hätte ich ihm schon längst den Rücken gekehrt. Vermissen würde er mich sicher nicht. Wahrscheinlich wäre er noch froh darüber. Dann könnte er ja mehr Zeit mit Romi verbringen. Krogan musste die Bitterkeit in meiner Stimme gehört haben, denn er meinte:

"Dein Bruder behandelt dich aber auch nicht gerade respektvoll. Ich glaube nicht, dass du ihm etwas bedeutest, so wie er mit dir umgeht."

"Was geht dich das an?", schnauzte ich ihn an und zwängte mich durch die zerbrochene Tür. 

Kaum hatte ich es hindurchgeschafft, stolperte jemand rückwärts gegen mich. Instinktiv packte ich die Person und legte ihr meinen Arm um die Kehle, wodurch deren Beine gute zwanzig Zentimeter über dem Boden baumelten. Sofort bohrte diejenige - es war ein Mädchen, diese neue Reiterin - ihre Fingernägel in meinen Arm und begann, wie verrückt zu strampeln. Sinnlos.

"Na sieh mal einer an. Die Drachenreiter haben Zuwachs bekommen. Und wer bist du?", flüsterte ich in ihr Ohr. Keine Antwort.

"Rede gefälligst, wenn ich mit dir spreche! Oder willst du, dass ich deinen dürren Hals breche?", zischte ich.

"Was ist mit deinen Manieren, Bruder? Lass sie los", tadelte Viggo. Konnte man ihm denn gar nichts recht machen? Widerstrebend ließ ich sie zu Boden plumpsen.

"Wir haben schließlich, was wir wollen. Nun Hicks, es wird Zeit, dich von deinem Drachen zu verabschieden." Hasserfüllt fixierte der Bengel ihn.

"Jetzt schau nicht so. Du hast es versucht und einen würdigen Kampf geliefert. Es kann nur einer gewinnen. Ich versichere dir, deinem Drachen wird es gut gehen, solange er bei uns ist."

Drachenseele - Die Suche nach der WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt