Romi
Hoch über den Wolken ließ ich einen wütenden Schrei fahren. Wie konnten die Drachenreiter es wagen, Viggo dermaßen zu beschuldigen? Wie konnten sie behaupten, er wäre der Anführer der Drachenjäger? Niemals würde er mich so anlügen! Das würde ja bedeuten, dass er für all die schrecklichen Dinge, die Reiker unternahm, verantwortlich wäre!
Natürlich trug er als sein Stratege auch einen Teil der Schuld, aber er hatte es sich nicht ausgesucht. Als Ältester hatte Reiker das Kommando über die Drachenjäger geerbt und das schloss Viggo eben mit ein. Leider. Wäre er nämlich der Anführer, wie die Drachenreiter es ihm vorwarfen, würde er diese sinnlose Drachenjagd abschaffen. Ihm ging es nicht wie Reiker nur um den Profit. Er würde nie im Leben Drachen jagen und verkaufen, nur um sich zu bereichern.
Allerdings behaupteten die Drachenreiter Anderes. Und sie hatten sich dabei ziemlich ehrlich angehört. Was für einen Nutzen hätten sie auch daran, mich anzulügen? Na ja, vielleicht wollten sie mich gegen Viggo aufhetzen, damit ich mich ihnen anschloss. Allerdings klang das recht unglaubwürdig. Nach allem, was ich von ihnen erfahren hatte, glaubte ich nicht, dass sie dermaßen abgebrüht waren. Jedoch hatte mein Bruder gesagt, dass man Hicks nicht trauen konnte und er verfügte schließlich über sehr viel mehr Erfahrung.
Aber was, wenn sie richtig lagen? Wenn Viggo tatsächlich... Der Gedanke war so schrecklich, dass ich nicht einmal wagte, ihn zu Ende zu denken. Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein! Denn es würde heißen, dass er der Schuldige an der Gefangenschaft und am Tod vieler hundert Drachen wäre, genauso wie an der Zerstörung mehrerer unschuldiger Dörfer.
Das konnte ich einfach nicht glauben. Es passte nicht zu ihm. Außerdem würde es bedeuten, dass er mich mein gesamtes Leben lang angelogen hatte. Und so etwas würde er nie tun. Mal abgesehen davon: was würde es ihm bringen? Rein gar nichts. Und niemand war in der Lage, eine Lüge so lange aufrechterhalten. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass er mich anlog, genauso wenig wie von den Drachenreitern. Oh Mann, von dem ganzen hin und her tat mir langsam der Kopf weh. Wer log, wer sagte die Wahrheit? Ich traute es einfach niemandem von ihnen zu, doch eine Seite musste zwangsläufig lügen.
Wobei, nicht unbedingt. Vielleicht handelte es sich hierbei nur um ein gigantisches Missverständnis. Bestimmt handelte es sich nur um ein gigantisches Missverständnis. Und Missverständnisse ließen sich aufklären. Dazu bedurfte es nur einer Person, die beide Seiten gleichermaßen verstand und zwischen ihnen vermitteln konnte. Einer Person wie ich. Womöglich konnte ich sogar diesen Kampf vollständig beenden und endlich Frieden schaffen! Oder ich würde versagen und es würde ewig so weitergehen. Ach was, ich würde schon einen Weg finden. Immerhin wollten weder die Drachenreiter noch Viggo diesen Krieg. Das Problem lag bei Reiker und wie ich ihn überzeugen sollte, war mir schleierhaft. Vielleicht half Viggo mir ja, er konnte schon immer besser mit Worten umgehen als ich. Gemeinsam würden wir das schon irgendwie hinkriegen.
Aber erst einmal sollte ich mich beeilen, zurück ins Lager zu kommen. Der Angriff war gestern Abend gewesen und jetzt war Nachmittag. Verdammt, mit Sicherheit suchten sie nach mir. Und wenn jemand bemerkte, dass ich genau zu dem Zeitpunkt verschwunden war, an dem der Dämmerungsphönix angegriffen hatte ... Daran wollte ich lieber gar nicht erst denken. So oder so würde ich eine verflixt gute Ausrede brauchen. Wie wäre es damit:
Beim Angriff war ich vor den Drachen geflohen, hatte mich im Dunkeln aber verirrt. Dabei war ich in ein tiefes Loch gefallen und hatte mir den Knöchel verstaucht. Als ich wieder herausgekommen war, wurde ich von einem Flüsternden Tod angegriffen, weil ich dessen Tunnel betreten hatte. Perfekt. Und was hatte ich die Stunden zuvor gemacht? Im Wald trainiert, das konnte wirklich niemand nachprüfen. Nun musste ich nur noch dafür sorgen, dass meine Schwindelei glaubhaft klang.
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Drachenseele - Die Suche nach der Wahrheit
Fiksi PenggemarVerschleppt von skrupellosen Drachenjägern, gezwungen Entscheidungen zu treffen, von denen das Wohl seiner Freunde, der Menschen auf Berk und aller Drachen abhängt. Die einzige Hoffnung: eine mysteriöse Drachenreiterin. Aber wer ist sie wirklich und...