Ein naher Schritt

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Die Welt schien schöner als zuvor, auch wenn ihre Augen sich erst wieder gewöhnen mussten, an die helle Sonne.
Ihre Lippen jedoch waren von warmen umschlossen.
Die Sonne stand schräg am Morgengrauen und rotes Licht floss auf die Wiesen und Felder.
Mittelerde war so schön, so unfassbar schön, so fantasievoll und weckte eine Leidenschaft und Sehnsucht in ihrem Innern, dass sie diese nicht zügeln konnte.
Ihre Lippen waren wie gebunden in das Schloss, zu denen sie passten und ihre Augen sahen die Sonne nicht, die sich über die Baumwipfel schlich und auch nicht, wie eine Hirschkuh am Waldrand auf die morgendlichen Strahlen wartete. Gespannt und sehnsüchtig den Kopf ins Licht streckend. Die runden braunen Augen blinzelnd von der Schönheit, die sich wie ein Samtteppich über die Wiesen ergoss. Wie pures glitzerndes Gold aus dem dunklen Berge Erebors, aber so rot wie das Drachenfeuer, welches Jaselaya diente.
Sie hatte alles, was sie je wollte und das Licht strahlte mit ihr um die Wette.
Das Gras noch frisch vom Morgentau.
Ihre Augen leuchteten in diesem Licht in grauem Grün und spiegelten die wundersame Welt wieder, die sich auf den Tag vorbereitete.
Die Hirschkuh hatte ihren gereckten Hals nach unten gebeugt und sah die sonderbare Elbe mit treuen Augen an.
Es erinnerte sie an den Freund von Frodo, den treuen Sam.
Sie musste schmunzeln. Unwissend, was sie hier tat, lag er mit den anderen auf seiner Schlafmatte und ließ den Morgen ruhig anschweben, wie dicker Nebel, der sich über ihn legte, um ihm das Erwachen zu erleichtern.
Ihre Lippen waren nun nicht auf seinen, aber ihre Hände mit seinen verknotet und die Augen in die weite Ferne blickend.
Doch viel lieber sah sie ihn an. Diese Haare und die gerade Nase. Diese Augen, die so tief waren, als dass sie sich darin finden könnte. Unendlich tief...
„Ich habe etwas getan..." begann sie und schwere Last legte sich auf ihre Brust, als sie weiter sprach.
„Ich wollte nicht, aber es, es verführte mich."
Die Augen blickten zu ihr herunter. Beide sitzend hinter den Büschen im Gras.
„Nein, ich weiß."
„Aber ich habe nicht gerecht gehandelt. Ich sollte nicht spielen mit den Gefühlen von ...euch."
„Aber das musst du nicht..."
„Aber ich muss mich entscheiden. Und es fällt mir schwer, es fällt mir so schwer, da ich Liebe empfinde. Und sie zehrt mich von innen auf. Aber zu diesem Zeitpunkt kann ich es noch nicht. Nicht... jetzt."
Er nickte. Seine Stirn an ihre gelegt.
„Ich lasse dir Zeit, aber du solltest ihn auch ansprechen."
„Ich liebe dich!" Sie beugte sich zu ihm nach oben und ihre Lippen suchten seine.
Sogar Tränen ließen die Lippen beider salzig werden. Sie hatten sich gefunden. Aber nun war sie sich nicht sicher. Wenn sie ihn küsste, war sie es, aber nicht gänzlich.
Sie würde nicht jetzt handeln müssen, dafür hatte sie noch Zeit...
Zeit.
Sie musste an all die Toten denken, durch ihre Hand, an all die Momente, in denen sie die Beherrschung verlor. Aber in diesem Moment war sie frei. Frei von all dem. Von all diesen Gedanken. Hier und jetzt konnte sie schweben und frei sein. Das, was sie sich schon immer wünschte.
Wie lange würde dieses Gefühl anhalten? Konnte er es ihr geben, für immer? Würde er sie auch lieben, sie ihm helfen, so wie er. Hatte sie ihn verdient?
Aber das war egal, in diesem Moment gab es nur den Morgen, der auf ihre Köpfe leuchtete und die gierigen Herzen. Aus Sehnsucht wurde Leidenschaft, die sie nun auch bei dem Hobbit fühlte.
Die Reisegruppe war groß, und doch schienen sie so alleine zu sein. Obgleich sie beobachtet wurden, mit schmunzelnden Lippen und wachsamen Augen. Freunde, die ihre Blicke abwandten und ihr das Glück ließen.
Das Glück, welches sie verdiente.

Die Klinge glänzte silbern und die Morgenröte war sichtbar, wie ein Spiegel eingraviert.
Als würde sie golden schimmern.
Seine müden Augen suchten sogleich nach dem Schlafplatz der Elbe. Die Decke war zurückgelegt und niemand lag darin. Kurz fröstelte ihn, aber als er die anderen sah, wie sie miteinander kicherten und durch die Bäume lugten, dann schmolz sein Innerstes.
Er streifte seine Decke zurück. Sie sollte nicht ihn wählen. Sie sollte seine Königin bleiben.
Aber es war schwer, natürlich war es das!
Er rieb sich mit seiner Hand die struppigen weißen Haare aus dem Gesicht und die roten Augen waren noch trüb und leer. Dann stand er auf und lief herüber zu der Dämonin. Dort ließ er sich neben sie sinken.
Ihre Augen jedoch spiegelten bloß Hass für ihn.
„Ihr alle hasst mich," sagte er und sogar mit einem schwachen Beben in der Stimme.
„Nein, wir verabscheuen Dich!"
„Warum?"
„Huh, WARUM?!"
„Ja."
„Okay beginnen wir damit, dass du Jase entführt hast. Und du Schuld bist, an Frodos Leid und du bist der Sohn des dunklen Herrn!"
„Nur weil ich sein Sohn bin. Ich verstehe, ich kann nicht anders sein, als er! Ich bin er, verstehe, weil ich sein SOHN bin!" Er spie diese Worte giftig hervor, denn sie hatte seinen Wunden Punkt getroffen. Wieso verstand ihn denn niemand? Doch! Eine tat es, Jaselaya. Sie hatte ihn gesehen, nur ihn, nicht etwa seine Herrkunft. Es hatte eine Weile gedauert, aber sie war anders. Also konnte er nicht darauf bauen, das jeder so dachte. „Du wagst es, uns so etwas zu sagen?" Zischte er erzürnt über diese Ungerechtigkeit. Er sprach so, wie zu seinen Untertanen, seinen alten Heeren...
„Ja, ich wage es! Denn ohne uns wärst du bereits gestorben, lass mich raten, durch die Hand deines Vaters selbst!"
Gerade, als er etwas erwidern wollte, schob sie die Blätter beiseite und schenkte ihm die Sicht auf eine ruhig daliegende Jaselaya, die ihren Kopf auf dem Schoß des Hobbits gebettet hatte. Ihre Augen öffneten sich und sie grinste, als sie den Hobbit über ihr sah, der ihr Haar streichelte.
„Lass sie glücklich sein."
sagte Miaka und sah ihn wie ein treues Reh an.
„Ja..."


Manchmal reicht dies, um einem die Augen zu öffnen. Aber trotzdem begehrte er sie und er wusste, dass sie dies auch tat.

Die Elbe des Wassers___Meine größte LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt