"Ich lasse euch zwei alleine, dann könnt ihr euch selbst eine Vergangenheit überlegen. Die Rahmenangaben lasse ich euch auf der Wand, zusammen mit den Infos zu eurem Vater", meinte Herr Wisser und verließ den Raum.
Ich sah auf die Leinwand.
"Ich hätte niemals gedacht, dass wir mal unsere eigene Vergangenheit ändern", meinte ich und zog mir das Tablett rüber, auf dem bis jetzt alles von uns aufgezeichnet wurde.“Ist ja für normale Leute auch eigentlich nicht möglich oder nötig.”
"Dann wollen wir mal basteln, Ideen und Wünsche?"
Ich schüttelte den Kopf. “Wir müssen eventuell nur irgendwie erklären können, warum wir zwei Jahre nicht in Amerika waren, oder?”
"Es weiß doch gar niemand, dass wir zwei Jahre nicht da waren. Problematisch wird eher, wieso ich aussehe, wie ich gerade halt aussehe."
“Wüsste nicht, wie ich das erklären sollte.”
"Am besten die Wahrheit, zumindest in Teilen, Unfall, Krankheit", meinte Herr Wisser als er eintrat. Neben ihm stand eine Frau in mittlerem Alter. Ihre blonden Haaren waren durchzogen mit weißen Strähnen. Sie lächelte uns freundlich an. "Ich habe euch jemanden mitgebracht, der euch helfen kann. Darf ich vorstellen? Eure Stiefmutter."
Ich wollte etwas erwidern, schloss den Mund aber sofort wieder. Das war also Mrs. James, unsere Ansprechpartnerin und ab heute sogar Stiefmutter. Ein Schauer jagte mir über den Rücken bei der Vorstellung.
In meinem Kopf gab es immer noch nur meine richtige Familie. Meine Eltern und meine Schwestern. Aber nicht eine fremde Frau aus Amerika."Hallo, Mrs. James", sagte ich schüchtern.
"Hallo, Arthur", meinte sie.
"Ich würde Ihnen ja die Hand geben, aber ich komme noch immer alleine nicht weiter wie ins Bad", meinte ich mit einem schiefen Lächeln und zeigte zur Verdeutlichung auf den Rollstuhl.
"Nennt mich bitte Roswitha. Wir sind ja schließlich jetzt eine Familie."Ich musterte die Frau. Sie schien freundlich und herzlich zu sein, wie eine Großmutter, die Ivaris nie hatte.
“Und du musst Gideon sein.”
“Grischa wäre mir zwar lieber, aber so heiße ich ja jetzt wohl nicht mehr.”
"Nein, deshalb bin ich hier um euch zu helfen", meinte sie und setzte sich zu uns an den Tisch.
“Inwiefern?” Ich las noch einmal das an die Wand projizierte.
"Im Gegensatz zu euch kenne ich mich in Amerika aus und ich bin das einzige Mitglied in eurer Familie, das lebt, aber wir müssen meinen toten Mann in eure Geschichte einbauen."
Ich nickte und nahm den Stift des Tablets auf.
Unter meinen Namen schrieb ich Krankheit/Unfall.“Was meinst du denn damit?”
"Ich brauche etwas, das ich seit meinem Abi gemacht habe und das erklärt, weshalb ich so dünn, schwach, kränklich bin. Bei zwei Jahren wird das aber auch damit schwierig."
"Wir können dich ohne Probleme ein Jahr jünger machen", meinte Herr Wisser und stellte Kaffee auf den Tisch. Wobei meins kein Kaffee war, sondern Kakao.Ich zog die Tasse zu mir heran. Vielleicht hellte der Kaffee meine Stimmung auf. “Ist einleuchtend. Und mein Gefängnisaufenthalt ist niemals passiert.”
Für mich verschwand an einem Tag einfach meine gesamte Existenz, Ivaris konnte sich an ein Jahr Krankheit klammern, so wie es ja auch gewesen war."Den Gefängnisaufenthalt gibt es nicht mehr", stimmte Herr Wisser zu.
Ich nickte und trank einen Schluck.
DU LIEST GERADE
Todessee -Teil 2 : Todesstadt
General FictionZwei Jahre nach dem Prozess kommt Grischa aus dem Gefängnis und findet alles anders vor, als er es erwartet hatte. Plötzlich ist die Mafia wieder da und dann geht es auch schon mit Ivaris nach Amerika in ein neues Leben.