3. Krank

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"Du bleibst heute liegen", meinte Linda und drückte mir ihre Hand auf die Stirn. 
"Wieso?", fragte ich. 
"Du hast Fieber. Ich habe mir gleich gedacht, dass das mit den Spaziergängen keine gute Idee war."
Ich seufzte. 
Deshalb also fühlte ich mich so merkwürdig.

Draußen war es kälter geworden, bald würde es sicherlich schneien. 
Ich wanderte zuerst etwas allein durch die Stadt. Ob wir jemals zurück nach Omedu gehen würden?
Ich bog zur Psychiatrie ab.

Ein heißes Getränk wurde mir gereicht. "Dein Immunsystem ist geschwächt, vielleicht wäre es besser, wenn heute kein Besuch kommt", meinte sie. 
Ich zuckte zusammen und der Tee schwappte über meine Hände. 
"Grischa", wimmerte ich. 
Sie riss mir die Tasse aus der Hand, stellte sie auf den Tisch und schleppte mich ins Bad um meine Hände unter einen eiskalten Wasserstrahl zu halten. Danach wurde ich wieder ins Bett gebracht. 

Als mich die Frau am Empfang erkannt veränderte sich ihr Gesichtsausdruck schlagartig. “Sie kommen ja wirklich jeden Tag”, meinte sie. 
“Ja, warum auch nicht?”
“Er ist krank, es ist besser, wenn er heute nicht gestört wird.”
“Wer hat das zu entscheiden? Ich werde trotzdem zu ihm gehen.”

Wippend saß ich in dem Bett in die Decke gewickelt. Sie wollten nicht, dass er kam…
Ich starrte ins Leere. 
Wieso wollten sie ihn mir wegnehmen? Wieso?

Ich machte mich trotz Protest auf den Weg zu seinem Zimmer.

Vor, zurück, vor, zurück.
Alles verschwamm, wurde grau.
Vor, zurück, vor, zurück.

“Ivaris?”, fragte ich erschrocken als ich ihn wieder wippen sah. Das hatte er in letzter Zeit nicht mehr wirklich gemacht, warum fing er jetzt wieder an?

Wieso wollten sie ihn mir wegnehmen?
Vor, zurück, vor, zurück.

“Ivaris!” Er schien mich gar nicht bemerkt zu haben. Ich setzte mich neben ihn und stoppte seine Bewegung, indem ich die Schulter festhielt.

"Wieso?", murmelte ich, den Kopf auf den Knien.

“Was denn wieso? Kannst du mich mal ansehen und mit mir reden?”

Vor, zurück, vor, zurück. 
Wenn sie ihn nicht zu mir lassen wollten, was hatte das dann alles für einen Sinn?

Ich kniete mich vor ihn und hob seinen Kopf, sodass er mich sehen musste.

Vor, zurück, vor, zurück. 
Farbschlieren wanderten wie ein schlecht aufgelöster Film um mich herum. 

“Hey, Ivaris! Wach auf!” Er schien wieder durch mich hindurch zu gucken.

Ich zuckte zusammen, wippte dann aber weiter. 
"Er hat einen Rückfall", meinte Linda, die gerade wieder in den Raum kam. Sie war nicht wirklich überrascht darüber.

“Was habt ihr gemacht?!”

"Ihm erklärt, dass er wegen seiner Grippe im Bett bleiben soll und, dass Besuch bei seinem schwachen Immunsystem vielleicht nicht ratsam wäre, woraufhin er sich die Finger verbrannt hat und ich ihn ins Bad verfrachtet habe um sie zu kühlen", meinte sie.
Vor, zurück, vor, zurück.

“Und ihr denkt auch kein bisschen darüber nach, was das auslöst, oder?!”

"Er war so stabil, dass wir es so für das beste hielten. Er ist zwar noch relativ am Anfang der Genesung, aber seine Gesundheit ist mindestens genauso wichtig."

“Und jetzt? Wie kann ich jetzt helfen, wenn er mich nicht erkennt? Das alles hier ist so absurd!”

"Ivaris?", fragte sie vorsichtig und schüttelte mich. "Grischa ist da." Ich sah auf.

Todessee -Teil 2 : TodesstadtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt