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„Was ist passiert, als du viereinhalb warst?", wollte Anastasia wissen und sah mich neugierig an. „Meine Eltern hatten nicht besonders viel Geld und kamen kaum mit dem Geld mit mir zurecht. Als ich dann vier Jahre alt war, bekam meine Mutter noch meine Schwester. Ein halbes Jahr lang haben sie es noch geschafft, sie und mich zu finanzieren, jedoch ging es dann nicht mehr. Also gaben sie mich an einen Adoptivvater. Sie hatten nicht gemerkt, wie er war. Er war sehr streng und naja, schlug mich, wenn ich etwas tat, was er nicht wollte. Ich war ein ziemlicher Tollpatsch früher und dementsprechend viele Schläge hatte ich zu ertragen. Ich durfte nur an meinem oder dem Geburtstag meiner Schwester zu meiner Familie. Damals war mein Geburtstag für mich wunderschön. Als ich 18 war, durfte ich endlich wieder von dem Adoptivvater weg und wieder zu meiner Familie. Innerhalb dieser zwei Jahre, die nun vergangen sind, sind meine Eltern und meine Schwester gestorben. Ich habe Aro und Marcus kennengelernt und auch all die Anderen. Dadurch geht es mir ein wenig besser. Aber ich werde mir niemals verzeihen, dass meine Schwester wegen mir gestorben ist.", erklärte ich weiterhin nachdenklich. „Wieso sollte sie wegen dir gestorben sein?", wollte Anastasia wissen.

„Ich habe etwas getan, was ich gerade noch so überlebt habe. Und weil ich das große Vorbild meiner Schwester war, machte sie mir nach. Nur sie hat es nicht überlebt.", erzählte ich.

Bilder blitzten in meinem inneren Auge auf. Lucinda auf dem Bett vor mir. Ein Bissmal von mir an ihrem Hals. Ihr Körper zuckte und krampfte unter dem Gift. Das Geräusch ihres Herzens, das noch schwer schlug und gegen das Gift versuchte anzukommen. Jedoch würde es nicht gewinnen. Kein Herz gewann jemals gegen Vampirgift. Wie ihr Herz aufhörte zu schlagen und wir alle erwarteten, dass sie nun ihre Augen aufmachen würde und ein Vampir sein würde. Jedoch öffnete sie ihre Augen nicht. Wir warteten einfach noch, doch als ich einen Tag später wieder zu ihr ging, war ihr Körper komplett vom Gift zerfressen. Wir hatten sie nicht mal mehr bestatten können.

„Caius?", weckte mich Anastasias Stimme sanft aus den Bildern. Ich schaute sie fragend an. „Es ist nicht deine Schuld.", meinte sie sanft zu mir. Ich zwang mich zu einem kurzen Lächeln. Wenn sie nur wüsste... Sie würde schreiend wegrennen.

„Haben deine Eltern nichts getan gegen deinen Adoptivvater?", wollte Anastasia nun wissen. „Nein.", antwortete ich schlicht. „Es nicht vor Gericht gezogen, gar nichts?", fragte sie stirnrunzelnd. „Sie hatten nicht das Geld dafür und ich hatte ihnen versichert, dass ich damit klarkam und es mir gutging.", antwortete ich. Anastasia blickte mich leicht besorgt an, jedoch zwang ich mich wieder zu einem Lächeln und sie lächelte mich auch wieder an. Wir tanzten weiter.

„Du scheinst dich ja mit der Herkunft von Namen auszukennen. Vielleicht kannst du mir ja etwas über meinen Namen erzählen.", wechselte sie wieder das Thema.

„Hm, lass mich überlegen.", tat ich so, als müsste ich nachdenken. Sie lachte leise. „Also: Anastasia ist ein russischer Name mit griechischer Herkunft. Er hat religiöse Bedeutung, denn er entstammt aus dem altgriechischen Wort anastasis, was so viel bedeutet, wie die Auferstehung. Anastasia steht also für jene, die auferstehen soll.", erklärte ich ihr. Sie lachte.

„Wie kannst du dir so viel merken?", wollte sie lachend wissen. „Mein Geist ist älter, als ich aussehe.", erwiderte ich einfach nur. Wieder lachte sie.

Der langsame Song verstummte und es begann wieder Weihnachtsmusik. „Tanzt du mit mir auch dazu?", lachte sie. „Oh nein. Dazu, zu so etwas zu tanzen, bringt mich niemand.", lachte ich. „Darf ich mir dann wenigstens etwas zu Weihnachten wünschen, wenn du schon nicht mit mir zu Weihnachtsliedern tanzt?", wollte sie mit vorgeschobener Unterlippe wissen. „Es ist erst morgen Weihnachten.", meinte ich neckend. „Schade.", schmollte sie. „Was hättest du dir denn gewünscht?", wollte ich wissen. „Schau mal nach oben.", meinte sie. Ich blickte nach oben und bekam Schneeflocken ins Auge. „Es schneit.", war meine einzige Aussage und ich schaute sie wieder an.

„Schau nochmal.", lachte sie kopfschüttelnd. Stirnrunzelnd blickte ich nach oben und sah einen kleinen grünen Strauch. Es dauerte eine Sekunde, bis ich erkannte, um was es sich handelte. „Ein Mistelzweig...", stellte ich fest und presste meine Lippen aufeinander. „Angesichts dessen, dass du verheiratet bist, ist das wohl ziemlicher Mist.", kam es von Anastasia. „So richtig verheiratet kann man das nicht nennen.", ich zuckte die Schultern. Dann blickte ich sie wieder an.

Sulpicia

„Sie stehen unter einem Mistelzweig.", stellte Alice plötzlich fest. Ich klatschte begeistert in die Hände und rüttelte an Aros Arm, der mich verwirrt anschaute. Also deutete ich auf die Beiden und er sah es auch. „Denkst du er küsst sie?", fragte ich meinen Mann. Denn die Beiden hatten den Mistelzweig eindeutig bemerkt. „Nein.", kam es von Aro und auch Marcus sah nicht so überzeugt aus.

Plötzlich beugte sich Caius ein wenig vor und wir alle hielten die Luft an. Jedoch behielten Aro und Marcus Recht. Caius küsste Anastasia nicht. Also nicht richtig. Stattdessen berührten seine Lippen kurz ihre Stirn. Ich hüpfte kurz mal auf und ab und krallte mich an Aros Arm. Dieser lachte.

Caius

Schnell löste ich meine Lippen wieder von ihrer Stirn. „Lass uns unseren Punsch holen, bevor er von jemandem Anderen weggenommen wird.", meinte ich leise. Dann wandte ich mich ab und lief in Richtung Punschstand. Anastasia folgte mir und ich merkte, dass sie verwirrt war.

Ich hatte sie nicht küssen können. Auch wenn ich sie unglaublich hübsch und auch ihr Charakter war wunderbar. Es war seltsam für mich, sie anzulügen, was meine Vergangenheit anging, jedoch konnte ich ihr nicht die Wahrheit sagen. Und normalerweise war es für mich kein Problem, jemanden anzulügen. Es war mir genauso egal, wie alles Andere.

Und genauso wenig, wie ich ihr gerade die Wahrheit hatte sagen können, hatte ich sie küssen können. Einerseits hatte ich sie küssen wollen, doch andererseits auch nicht.

Ein Teil meines Körpers hatte sich komplett zu ihr hingezogen gefühlt und der andere Teil meines Körpers hatte sich komplett dagegen gesträubt.

Weihnachten bei den VolturiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt