Alex trat einen Schritt von mir weg und sah mich an.
"Ally?", fragte er leise und schaffte es allein mit seinem unbewussten Unterton, mich dazu zu bringen, ihm nicht mehr in die Augen schauen zu können. Eine Träne wurde von mir mit Gedanken zu nichte gemacht.
"Ally, tu mir das nicht an!", sagte Alex erstickt und immernoch leise, aber bestimmt. Immernoch starrte ich meine Füße an, bemüht jetzt bloß nicht zu heulen. Jason kam auf mich zu und zog mich an sich. Die zweite Umarmung, warum sind die heute alle so sentimental? Mein Bruder begann in Minimallautstärke zu reden.
"Ally, ich weiss dass du Angst hast, aber Alex ist schon einmal an dir zerbrochen. Die Umarmung eben war das netteste, das ich die letzten vier Jahre von ihm gesehen habe. Er ist komplett kaputt, lässt niemanden an sich ran. So sehr ich das auch hasse, du brauchst ihn und er braucht dich, mehr als alles andere."
Wow. Ich sag ja, die sind heute alle besonders gefühlvoll und emotionsgeleitet.
Ein erste Träne tropfte nun doch von meinem Kinn auf Jason's Jacke und floss dort seine Brust herunter.
Sanft drückte mein Bruder mich von sich weg und drehte mich an den Schultern um, bevor er mich mit einem leisen "Na los!" in Alex Richtung schubste.
Alex stand noch genauso wie vor Jasons sentientaler Knuddel-Flüster-Mutmach-Runde und sah mich traurig, aber aufmerksam an.
Und ich fing an nachzudenken.
Alex, kein Alex, Alex, kein Alex.
Vielleicht sollte ich ein Gänseblümchen pflücken und die Blätter zählen, während ich sie abrupfe.
Mein Blick glitt zu meinen Schuhen und fixierte einen grauen Farbton des undefinierbaren Musters auf dem schwrzen Stoff. Danach starrte ich zu einer Butterblume, welche zwischen den Steinen unserer Auffahrt heraussprang. Sie erinnerte mich an diese KIKA-Sendung, Löwenzahn hieß die. Da war immer so ein Typ mit Keks, der hat allerhand scheiße gemacht und wurde trotzdem immer belohnt, statt in den Knast zu kommen. Und zum Schluss dreht er noch eine Runde mit Keks. Also, der Hund heißt Keks, schon klar oder?
Und plötzlich war die Blume weg. Statt dem satten, gelben Punkt stand nun ein strahlend weißer Sneaker, welcher an der Seite noch die Blätter herrausschauen ließ. Mein Blick fuhr nach oben.
Schwarze Jeans, buntes Muskelshirt, Lederjacke.
Max.
"Hey Kleine!" Ach, hat der Herr sich auch schon dazu durchgerungen, mich zu begrüßen? Anscheinend, denn nun kam er in seiner typisch gechillten und ruhigen Art auf mich zu, zog mich für ein paar Sekunden an sich und wuschelte mir noch einmal durch die Haare.
"Hör auf dein Herz."
Dann ging er zum Auto und setzte sich hinters Steuer, Handy in der Hand, am Rest der Welt desinteressiert.
War das sein Ernst? Anscheinend. Gut, alles andere hätte ich nur noch seltsamer gefunden.
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I can't live a lie anymore
Random(enthält beleidigungen und "blutige" szenen und könnte eventuell verstörend sein.) Ally lebt nach dem Tod ihres Vaters mit ihrer Mutter, deren Freund und ihrem Bruder etwas abseits von New York. Drei mal wöchentlich muss sie zur Therapie, weil sie n...