15. Türchen

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Glühwein

„Wow, pass auf!" sagt sein Kollege mit großen Augen. Der andere Mann verdreht die Augen und geht zu seinem Schreibtisch. Er ist gerade die Treppe herunter gerannt, dabei gestolpert und hätte beinahe einen Abgang gemacht. Harry sieht ihn kurz besorgt an, aber Louis beachtet es nicht weiter.

„Wie lange soll das eigentlich noch so weiter gehen?" fragt Jeanette, eine Kollegin und Freundin der beiden den Älteren der beiden Männer. Louis zuckt mit den Schultern und konzentriert sich auf seine Arbeit. Sie seufzt, lässt dieses Mal aber nicht locker. „Louis, ernsthaft, wie lange willst du noch so tun, als würde er dich nicht interessieren."

„Er hat doch kein Interesse." murrt Louis nur unzufrieden, aber sie schüttelt den Kopf. „Du weißt, dass das nicht stimmt." - „Aha." - „Er schenkt dir so viel Aufmerksamkeit, immer, und du denkst, er würde das alles nur tun, um dich zu verarschen?" fragt sie ihn (mal wieder), aber seine Antwort ist und bleibt die Gleiche. „Sobald ich auch nur ein wenig Interesse zeige, lässt er mich abblitzen." kontert er. „Wer soll das denn glauben?" fragt Jeanette nur trocken.

„Kannst du es nicht einfach bitte gut sein lassen?" versucht Louis es dann ruhiger, langsam aber sicher jedoch verzweifelt. Er weiß doch selbst nicht mehr weiter. Er versucht Harry zu ignorieren, denn wenn er es nicht tut, dreht sich der Spieß um und der Lockenkopf zeigt kein Interesse mehr an ihm. Louis weiß nicht, was er schlimmer findet, aber er weiß, dass er früher oder später noch durchdrehen wird; da helfen auch die gut gemeinten Ratschläge von Jeanette nichts,

In der Mittagspause setzt sich Harry zu ihm, ihm direkt gegenüber und lässt ihn nicht aus den Augen. Louis stöhnt genervt und fragt irgendwann, „Hast du nichts besseres zu tun?" Harry zuckt mit den Schultern, antwortet „Doch, schon." und geht. Louis weiß echt nicht mehr, wie lange er das noch durchhält.

Er will irgendwie, dass Harry ihn beachtet, aber nicht, wenn das bedeutet, dass er ihn selbst ignorieren muss. Wieso kann es nicht wie früher sein? Bevor Harry ausgezogen und einen anderen Kerl hatte. Sie haben sich hier in der Firma kennengelernt, das war vor vier Jahren; sind zusammengezogen und dann; naja dann ist alles in die Brüche gegangen.

Sie haben nur noch gestritten, Tag und Nacht und Harry ist irgendwann in einer Nacht und Nebelaktion zu einem anderen Freund gefahren, hat dort übernachtet und am nächsten Tag seine Sachen abgeholt. Louis geht es seitdem einfach nur beschissen. Das war vor knapp acht Monaten und wenn er jetzt daran denkt, Weihnachten wohl alleine, ohne Harry, verbringen zu müssen, dreht sich ihm der Magen um. Er ist nicht in Festtagsstimmung, geschweige denn überhaupt in guter Stimmung.

Harry macht gleichzeitig kein Geheimnis daraus, dass er hier und da mal lockere Affären hat und das macht Louis zusätzlich zu schaffen. Jedoch verübelt er es ihm nicht einmal. Sie sind nicht mehr zusammen und Harry kann doch machen, was er möchte und mit wem er möchte. Louis hat da nichts mehr zu melden, aber es tut trotzdem weh, dass Harry ihn jedes Mal beachtet und dann doch das Interesse verliert, sobald er nur einmal antwortet.

In weniger, als zwei Wochen ist Weihnachten, Louis hat keine Lust. Harry hingegen diskutiert seit Wochen mit sich selbst, wie er die freien Tage verbringen möchte. Er spricht nicht darüber, tut so, als wäre alles gut und als hätte er nicht diesen einen Wunsch. Diesen einen Wunsch, von dem er aber gleichzeitig Angst hat. Er glaubt nicht wirklich, dass er sich erfüllen könnte. Wie auch? Louis hat kein Interesse mehr an ihm. Harry denkt jedes Mal, wenn Louis doch reagiert, dass sie sich im nächsten Augenblick streiten könnten und Louis daran erinnert wird, warum sie zum Ende ihrer Beziehung nicht mehr miteinander klargekommen sind.

Vielleicht ist es bescheuert, das weiß er nicht, vielleicht ist es auch einfach nur feige, dass er nicht richtig mit Louis sprechen kann oder will. Er beachtet ihn nur einfach gerne, wie könnte er nicht?

Louis räumt seine Sachen zusammen und der nächste Arbeitstag ist vorbei. Einige Tage später sind beide Männer und einige Kollegen auf dem Weihnachtsmarkt und trinken gemeinsam Glühwein. Louis stellt fest, er hat sein Portemonnaie Zuhause liegen gelassen und flucht. „Ich kann dir etwas leihen?" meint Jeanette, aber da wird ihm schon eine volle Tasse zugeschobene. Sie dampft und ist warm, aber bevor Louis sich bedanken kann, sieht er schon, wie Harry zurück zum Stand geht und sich einen neuen holt. Er seufzt. Wieso tut er so etwas immer?

„Sprich ihn endlich darauf an, so kann das nicht weiter gehen." meint inzwischen auch Niall und das nicht zum ersten mal. Louis schluckt, nickt dann aber. Er weiß, dass er es tun sollte. Harry kommt zurück und der Abend nimmt seinen Lauf. Louis ist angeheitert, als er sich zusammenreißt und um den Tisch zu Harry geht. Dieser sieht ihn verwundert an und möchte sofort mit jemand anderem eine Unterhaltung beginnen, aber da hat Louis ihn schon angesprochen.

„Was bekommst du für den Glühwein?" fragt er ihn. „Nichts." - „Du hast mir schon vier bezahlt." meint Louis, aber Harry winkt ab. „Passt schon." Er spürt, wie er immer nervöser wird. Das ist doch nicht normal. Doch, in Louis' Gegenwart ist das wohl so, es war nie anders, seitdem sie sich kennengelernt haben und Harry weiß nicht, ob sich das wohl jemals ändern wird.

„Harry können wir reden?" fragt Louis dann gerade heraus, von sich selbst etwas überrascht. Harry ist aber nicht nur überrascht, er ist ziemlich perplex und überfordert. „Reden? Wieso das?" - „Als würden wir normal miteinander umgehen." entgegnet Louis trocken und Harry seufzt. „Das... ja.. sorry, ich versuche es zu ändern." - „Wieso machst du es denn? Mich ernst beachten, dann wieder nicht, dann wieder schon?" will er wissen und spürt, wie sehr es ihn eigentlich nervt. Dieses ewige Hin und Her, obwohl er versucht sich einzureden, dass Harry ihn nicht mehr möchte. So wird das einfach nichts.

„Ich habe mich doch entschuldigt!" sagt Harry etwas lauter. „Und? Das bringt mir gerade nichts!" - „Was willst du denn hören? Dass ich dich zurück will?" fragt Harry in Rage und Louis geht der Arsch auf Grundeis. Mit so einer Antwort hat er absolut nicht gerechnet. Möchte er das denn. „Scheiße, vergiss es wieder." sagt Harry schnell und trinkt einen Schluck. Wieso denkt er auch nicht nach, bevor er etwas sagt. „Du willst mich zurück?" - „Und wenn schon." murmelt er, aber Louis mustert ihn nur.

„Meinst du echt, wir könnten das hinbekommen?" - „Vielleicht, vielleicht auch nicht." Harry zuckt mit den Schultern, aber Louis' Herz flattert wie verrückt. „Dafür würde ich aber voraussetzen, dass du mich auch dann noch beachtest, wenn ich dir antworte." Harrys Augen werden groß, als Louis das sagt und unsicher sieht der Kleinere ihn an.

„Du meinst das ernst." stellt er nach einem Augenblick fest und Louis nickt sanft, bevor er ihre Finger miteinander verschränkt. „Uhm.." Harry ist nervös, sehr sogar, aber Louis lehnt sich zu ihm und küsst ihn. „Lass es uns noch einmal versuchen." flüstert er und da realisiert Harry, was hier gerade geschieht und drückt seine Lippen sehnsüchtig auf die, des Mannes, den er schon so lange vermisst, obwohl er ihn jeden Tag gesehen hat.

(tatsächlich habe ich diesen OS erst gestern Abend geschrieben, ich hatte übersehen, dass ein Türchen fehlt, da ich es "abgegeben" habe, whoops.) 

Adventskalender 2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt