Kapitel 11: Ein unglückliches Aufeinandertreffen

117 9 4
                                    

„Shh~ Baby. Es ist doch alles gut." Sanft kämmte er mit seinen Fingern durch die Haare des Jüngeren, der sein Gesicht in seiner Brust verbarg. „Ich will sie nicht sehen, Jinnie. Ich hab so Angst davor", nuschelte er. Jeder einzelne Teil seines Körpers war angespannt. Man konnte deutlich erkennen wie schlecht er sich fühlte. Seokjin wusste schon was los war. Nach langer Zeit musste Jimin seine Eltern wieder besuchen. Schon damals, als sie noch in ihrer Affäre feststeckten, hatte er von ihnen gehört. Jimin traute sich nicht, seine Sexualität offen auszuleben, nachdem seine Eltern ihn angeschrien hatten, als er gestand, dass er Jungs mochte. Vor allem war sein Vater davon überzeugt, es wäre ja nur eine Phase. Seine Mutter sprach eine lange Zeit nicht mehr mit ihm. Er sei eine Schande für die Familie. Alles worüber sie sich Gedanken machten, war ihr eigener Ruf in der Nachbarschaft. Jimin fühlte sich so schrecklich eingeengt. Er war tatsächlich erleichtert, als er ausziehen konnte und sich frei entfalten konnte. „Ich will nicht, dass sie dich verstoßen", sagte Jimin mit zittriger Stimme und sah zu ihm auf, „Du bedeutest mir so viel. Ich will dich nicht verlieren." Seokjin lächelte ihn liebevoll an. Mit beiden Daumen streichelte er über die Wangen des Kleineren, ehe er ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen drückte. „Darüber brauchst du dir nieder wieder Gedanken machen. Egal was sie denken werden, ich bleibe stets an deiner Seite." Natürlich würde er Jimin nicht alleine gehen lassen. Er würde ihn unterstützen und seinen Eltern entgegentreten. Zwar bestand keine große Hoffnung, sie anders zu überzeugen, aber er wollte ihnen trotzdem vor Augen führen, dass eine gleichgeschlechtliche Beziehung genauso Glück in das Leben ihres Sohnes bringen kann.

Sie saßen in Seokjins Auto und guckten zu dem Wohnblock, in dem Jimins Eltern lebten. Der Jüngere konnte sich noch nicht dazu überwinden, auszusteigen. „Komm schon, Baby. Umso schneller wir da rein gehen, umso schneller können wir auch gehen." Jimin wandte seinem Kopf zu ihm. „Aber sie haben mich so lange mit ihren Vorschriften erdrückt. Ich will mein Leben leben." Oh... Gerade Seokjin konnte ihn verstehen. Schließlich wurde er auch sein Leben lang kontrolliert. Er nahm Jimins Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und hob sein Gesicht ein wenig an, ehe er ihre Lippen vereinte. So konnte er ihm wenigstens ein wenig die Angst nehmen, ihn vielleicht auch ablenken. Geschickt schlängelte er seine Zunge in den warmen Mundraum und motivierte Jimin zu einem leidenschaftlichen Spiel. So gut es ihm möglich war, lehnte er sich zu ihm hinüber, um den Kuss noch ein wenig zu vertiefen. Jimin seufzte wohlig und ließ seine Augen genussvoll zufallen. Er ließ sich in einem Moment in der Wärme zergehen und kostete den feuchten Geschmack aus. Seine Finger vergruben sich in dem dichten Haar des Älteren. Ihre Zungen umwarben sich in einem intimen Tanz. Am liebsten hätte sich Jimin nicht mehr von ihm gelöst, aber er wusste, dass er diesen Besuch hinter sich bringen musste. Für ein paar Minuten gaben sie sich ihren Gelüsten hin, verloren sich in der Nähe des jeweils anderen, ehe sie wieder Abstand voneinander nahmen. Auf Jimins Wangen lag ein süßer Rotschimmer und seine Lippen waren leicht geschwollen. „Hmm~ Ich würde jetzt viel lieber ganz andere Dinge mit dir anstellen", meinte Jin und leckte sich angetan über die Unterlippe. „W-wir haben ja sp-später die Möglichkeit dazu", erwiderte Jimin stotternd, als er schüchtern den Blick abwandte.

Nervös trat Jimin von einem Fuß auf den anderen. Vor ein paar Sekunden hatte er an der Türklingel geläutet. Ein grausames Geräusch... Zumindest in seinen Ohren. Er würde alles dafür tun, sie nicht sehen müssen. „Du schaffst das schon, Baby." Jin nahm seine Hand und drückte sie leicht. Ehe Jimin etwas erwidern konnte, wurde auch schon Tür geöffnet und der Jüngere zog schnell seinen Arm zurück. „H-hey...", stotterte er nervös. Seine Mutter stand im Türrahmen. Sie bedachte ihn mit einem strengen Blick. „Wie bist du denn gekleidet?" Unsicher guckte er an sich herunter. Er trug eine enganliegende schwarze Jeans mit einigen Rissen und Nieten. Um seine Hüften war ein Gürtel mit großer silberner Schnalle geschlungen. Der vordere Saum seines grauen Shirts hatte er in die Hose gesteckt. War das nicht ganz normale Alltagskleidung? Die ältere Dame schenkte ihm keine weitere Aufmerksamkeit, sondern betrachtete eingängig seinen Begleiter. „Meine Güte..." Sie hielt sich überrascht die Hand vor den Mund. „Kim Seokjin. Hier vor meiner Tür. Du kennst ja doch anständige Gesellschaft, mein Sohn." Ein breites übertriebenes Lächeln tapezierte sich auf die Lippen der Dame, so als wolle sie einen guten Eindruck bei ihm hinterlassen. Leise seufzend verdrehte er seine Augen. Was hätte er auch erwarten sollen? „Kommt herein." Seokjin und er warfen sich einen zweifelnden Seitenblick zu, bevor sie ihr folgten. Im Gegensatz zu Jimin, trug der Ältere wie eigentlich immer einen Anzug. Dieses Mal in dunkelblau. Wahrscheinlich hatte er dadurch gleich noch mehr Pluspunkte bei der Frau erlangt. Seine Mutter liebte Männer mit Anstand und Geld. Seokjin wäre wohl der perfekte Schwiegersohn gewesen... Aber dafür hätte Jimin ein Mädchen sein müssen.

Take me or Leave me | JinminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt