Die Tochter der Sterne

Kapitel 9

Meine Augenlider fühlten sich an, als würden sie Tonnen wiegen, weshalb es auch eine Weile dauerte bis ich die Kraft hatte, um sie zu öffnen. Doch mit dem Licht meiner Umgebung brachen tausend Gedanken und Fragen über mich herein. Doch ich konnte mir noch immer keinen Reim auf das ganze machen. Am meisten verwirrten mich die Bilder, die ich gesehen hatte. Waren das tatsächlich Erinnerungen? Wenn ja, was hatten sie zu bedeuten? Warum hatte ich sie vergessen?

Plötzlich bewegte sich etwas neben mir und erst jetzt realisierte ich meine Umgebung. Vor allem bemerkte ich, dass ich die Hand von jemandem hielt. Ein Blick nach links verriet mir, dass es sich dabei um Tyrus handelte. Was um alles in der Welt? Geschockt, dass er direkt neben mir lag und meine Hand hielt, wand ich mich aus seinem Griff, als hätte ich mich verbrannt.

Am liebsten wäre ich sofort aufgesprungen, aber irgendwie hat die Bettdecke ihre Funktion gewechselt und hält nun meine Beine zusammen. Normalerweise zappelte ich nicht so sehr im Schlaf und verhedderte meine Beine in der Decke, aber nach diesem komischen Traum ist das kein Wunder. 

Neben mir stöhnte Tyrus und ich wollte gerade den Mund aufmachen, um wenigstens eine meiner Fragen beantwortet zu bekommen, doch er lässt mich nicht einmal zu Wort kommen. "Gut das du auch wach bist", sagt er mit einer ziemlich rauen Stimme. "Ich werde mich jetzt wieder verziehen, wenn du etwas wissen willst, musst du dir jemand anderen zum Löchern suchen."

Noch ehe ich den Mund aufmachen konnte oder mich über seine Unverschämtheit aufregen, war er auf und davon. Das durfte doch nicht wahr sein! Gewaltsam riss ich mir die Decke von den Beinen und stapfte zum Fenster. Nicht weniger sanft zog ich die Gardinen beiseite, bevor ich mich in dem kleinen Raum umsah. 

Die Einrichtung bestand aus einem einfachen Holzbett, einem kleinen Kleiderschrank und einem Tisch inklusive Stuhl. Auf dem Schrank befand sich eine dünne Staubschicht, die davon zeugte, dass dieses Zimmer nicht allzu oft benutzt worden ist. 

Auf dem Tisch liegen schwarze Klamotten, weshalb ich beschließe mich umzuziehen. Außerdem habe ich es lieber, wenn mir meine Anziehsachen passen, sodass ich nicht andauernd über die Hosenbeine stolpere. Die schwarze Hose liegt eng an, aber nicht so eng, dass sie spannt oder irgendwo kneift, dazu kommt ein schwarzes dreiviertel-ärmliges Shirt, dass an Schultern und an der Seite einen Reißverschluss besitzt. Anschließend ziehe ich den Gürtel mit der silbernen Schnalle an, bevor ich mich den fast kniehohen Stiefeln widme. Zuletzt bind ich mir die Strickjacke um die Hüfte und mache mir einen behelfsmäßigen Pferdeschwanz.

Plötzlich ging die Tür auf und Alischan stürmte in den Raum. "Ihr seid schon wach?", fragte sie überrascht. "Wo ist mein Bruder?"

"Der hat sich aus dem Staub gemacht", antwortete ich noch immer angesäuert. Alischan verdrehte die Augen und murmelte etwas das wie 'Typisch Tyrus' klang. "Wenn du Abendessen willst musst du nur dem Gang folgen und dann die Treppe runter bis du in eine Halle kommst. Von dort aus nimmst du die erste Tür links", erklärte sie mir. Danach wandte sie sich zum gehen, aber ich hielt sie auf, indem ich mir ihren Arm schnappte. 

"Kann ich bitte zuerst erfahren was hier los ist?"

"Namila ist auch in der Küche. Sie ist am besten dafür geeignet dir alles zu erklären", meinte sie, ehe sie ging. Was hatten die hier alle bloß? Konnten die anderen etwa den Mund nicht öffnen oder was? Oder versuchten sie mich aus irgendeinem Grund hinzuhalten?

Ich würde mir meine Antworten holen, mit oder ohne der Hilfe der Wächter. Wo waren eigentlich Blake und der rothaarige Typ? Mit ihm musste ich unbedingt auch noch einmal sprechen, schließlich kam er auch in diesen Bildern vor. Vielleicht erklärte das auch seine Reaktion, als ich ihn nicht erkannt hatte.