Kapitel 30

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Ohne ein Ziel lief ich durch die Straßen. Eins ist sicher, ich kann nicht nachhause solange ich aussehe als hätte ich einen Monat durch geheult. Ich muss mit jemanden darüber reden was in Moment mit mir los ist. Wenn ich wieder alles in mich hineinfresse geht es schief. Viele Leute fallen mir zwar nicht ein aber lieber habe ich ein paar Freunde und dafür echte als viele Freunde mit denen ich über nichts reden kann. Meine Brüder sind schon mal keine Option, wenn die rausfinden das Jason und ich uns fast geküsst haben schicken sie mich ins nächste Kloster. Tom kann ich das auch nicht anvertrauen, ich weiß immer noch nicht wie ich zu ihm stehe. Da bleiben ja nicht mehr viele über. Allison. Ich hatte zu Allison schon an meinem ersten Tag an der Schule ein gutes Gefühl bei ihr, sie hat mich behandelt wie eine beste Freundin die sie schon ewig kennt und nicht wie das kleine Opfer was sie vor einem Monat noch nicht kannte. Und wenn es wirklich was zwischen ihr und Jackson wird ist sie sowieso ein Teil der Familie. Kurzer Hand zücke ich mein Handy und wähle ihre Nummer. Ich musste nicht lange warten bis Allisons aufgedrehte Stimme sich am anderen Ende meldet. „Hey Emi was geht? Hast du meine Tolle Art und Weise schon vermisst? Wenn ja verstehe ich das vollkommen ich würde mich auch vermissen." Wie kann ein Mensch nur immer so positiv sein? Das ist ja unnormal.

„Du Alli können wir uns vielleicht treffen? Ich muss mit jemanden reden und meine Brüder und Tom fallen schon mal weg, weil sie nun mal Jungs sind. Ich dachte da du meine einzige Freundin bist würdest du dich vielleicht bereit erklären, also nur wenn das für dich in Ordnung ist." Auch wenn ich versucht habe das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken, gelang es mir leider nicht ganz. Ich klang nicht so stark wie ich es mir erhofft habe. Ich klang eher wie das größte Weichei der Welt. „Klar komm vorbei. Ich kann dir gleich meine Adresse schicken. Ist alles in Ordnung bei dir? Soll ich dich irgendwo abholen? Ich mache mir gerade leichte sorgen um dich." Ich kannte es ja nicht anders als das sich Leute um mich Sorgen machen aber bei Alli war das irgendwie anders. Sie machte sich nicht sorgen wie meine Lehrer, mein Vater oder meine Brüder. Diese sorgten sich nur darüber das ich mir wieder etwas antun könnte. Alli macht sich sorgen wie eine normale Freundin. Ich weiß das klingt verwirrend aber ich kann es nicht anders beschreiben. „Nein du brauchst mich nicht abholen ich bin nicht weit weg. Es ist nicht schlimm, ich muss mir nur mal was von der Seele reden." Ein kleines lächeln huscht über meine Mundwinkel. Allison meinte nur bevor sie aufgelegt hat, dass ich mich beeilen soll und sie schon mal das Eis und die Taschentücher herausholt bevor sie vor der Tür auf mich wartet. Ich sag ja sie ist der beste Mensch den ich seit langen getroffen habe.

Ich hatte recht gehabt es waren nur fünf Minuten Fußweg gewesen. Aber auch Allison hat ihr Wort gehalten und hat vor ihrer Haustür auf mich gewartet. „Ich habe sogar mein Handy auf laut in der Hand behalten, falls du doch nochmal anrufst und abgeholt werden möchtest oder was passiert ist. Du klangst am Telefon so fertig, ich habe sofort alles weggelegt und auf dich gewartet." Nachdem sie das gesagt hat war das erste was ich gemacht habe, sie in eine feste Umarmung zu ziehen mit der Überlegung sie nie wieder loszulassen damit sie mir niemand wegnimmt. Als wir uns aus der Umarmung gelöst haben zog sie mich am Arm in ihr Zimmer. Es war genau so wie ich es mir vorgestellt habe. Die Wände waren in verschiedenen bunten Farben gestrichen aber nicht so grell das es kindisch aussah. Im Gegensatz zu mir war sie alles andere als Ordentlich. Das einzige was in ihrem Zimmer Ordentlich gehalten war, war der Schreibtisch worauf die verschiedensten Tuben mit Farbe aufgereiht sind. Rund um den Schreibtisch lagen verschiedene Bücher über Malerei und Gemälde, von denen ich mir nur Wünschte die hälfte ihres Talentes zu haben. Ich sah Alli zu wie sie ihr Bett von mehreren Büchern und Blöcken befreite. „Ich könnte jetzt zwar behaupten das ich in der letzten Zeit nicht zum Aufräumen gekommen bin und es normalerweise hier ordentlicher ist aber es wäre eine glatte Lüge. Es sieht hier immer so aus." Nachdem die Bücher und weiter Sachen in die nächste Ecke flogen begutachtet Alli zufrieden ihr Werk. „So das muss langen. Setz dich einfach irgendwo aufs Bett wo Platz ist und erzähl mir was los ist. Welcher Arsch hat meine Emi zum Weinen gebracht? Wen muss ich eine reinhauen?" Ich ließ mich auf ihr Bett fallen, was Alli mir gleichtat. „Du musst niemanden eine reinhauen, eigentlich bin ich selber schuld. Weißt du, bevor alles damals passiert ist kam Jason neu auf die Schule. Er sah verboten Gut aus für unsere Schule. Alle Mädchen waren sofort in ihn verschossen und leider war es bei mir nicht anders. Doch dann fing er an fiese Bemerkungen über mich zu machen. Ich dachte am Anfang noch das wären so kleine Späße unter Schülern, doch es wurde von Tag zu Tag extremer. Jason wurde immer beliebter und immer mehr Leute haben sich Jason angeschlossen. Doch alle die zu Jason gehören wollten mussten auch auf mir rumhacken. Ein Problem hatte keiner von ihnen damit. Sie fingen an mich zu schubsen und mich zu schlagen. Sie behaupteten immer es sei meine Schuld und am Ende habe ich ihnen auch noch geglaubt. Ich fing an mir selbst weh zutun um mich zu bestrafen. Irgendjemand musste ja Schuld haben und das meine Mutter gestorben ist und mein Vater mich ausschloss machte die ganze Situation nicht besser. Ich bin nach und nach an all dem Zerbrochen. Bis ich an einem Tag aufgegeben habe, da ich keinen Sinn mehr in irgendetwas gesehen habe. Ich schrieb meinen Abschiedsbrief um meine Brüder wenigstens eine Erklärung zu liefern warum ich das getan habe. Ich konnte nicht mit ihnen darüber reden ich weiß nicht einmal warum ich das nicht konnte, wahrscheinlich war ich einfach zu feige. Doch anders als erwartet bin ich nicht gestorben, da meine Brüder mich noch gefunden haben. Ich weiß nicht ob ich ihnen dankbar sein soll oder sie dafür hassen soll das ich immer noch in dieser grausamen Welt sein muss. Ich weiß das meine Brüder Wochenlang nicht gesprochen und auf alles eingeschlagen haben was ihnen in die Quere kam. Dann konnte ich mich nach und nach wieder aufrappeln und hab neunen Mut geschöpft. Ich bin wieder auf meine alte Schule gegangen um ihnen zu zeigen, dass sie mich nicht kaputtgekriegt haben und ich nur noch stärker wieder da bin. Nur habe ich nicht damit gerechnet dieses Projekt mit Jason machen zu müssen und dann noch über Mobbing und deswegen noch mehr Zeit mit ihm zu verbringen. Am Anfang war Jason dasselbe Arschloch was er schon immer war. Doch dann haben wir mehr Zeit mit einander verbracht. Ich habe ihm die Einrichtung gezeigt wo mir geholfen wurde. Er hat meine Freunde kennengelernt und ich habe ihm meine Geschichte erzählt. Ich habe mich ihm anvertraut. Dann habe ich aber irgendwann einen meiner Nervenzusammenbrüche bekommen und er hat mich in den Arm genommen und mich getröstet. Ich habe bei ihm übernachtet. Aber es ist nicht passiert. Und dann hätten wir uns fast geküsst. Doch irgendwie hab ich ihn davon abgehalten und gesagt das ich nicht mit jemanden zusammenkommen kann der nicht mit mir in der Schule gesehen werden will. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht will das er genauso ausgeschlossen wird wie ich. Ich habe ihm vor die Wahl gestellt und er hat sich gegen mich entscheiden und irgendwie hat es mich verletzt. Ich glaube ich habe immer noch Gefühle für ihn und das nach all dem was er mir angetan hat. Was stimmt den nicht mit mir?" Während meiner Erzählung lief mir die eine oder andere Träne über die Wange aber Alli hat mir jedes Mal ein Taschentuch oder die Packung mit Eis gegeben. „Okay bei dir ist echt viel los... aber wir kriegen das schon hin. Na Gut vielleicht leidest du etwas unter dem Stockholm Syndrom. Doch ich bin immer für dich da um dich zu unterstützen. Es bedeutet mir so viel das du mir das alles erzählt hast, denn es ist ein beweis dafür das du mir vertraust und ich vertraue dir auch." Mir stiegen wieder die Tränen in die Augen und Alli zog mich in eine feste Umarmung die wir beide jetzt nötig hatten.


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Und wieder ein Kapitel geschafft. Ich hoffe es gefällt euch :-)


Good Girl or BadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt