Sharis Saris

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Kapitel 21 Sharis Saris

Ermattet und von den Gefühlen übermannt, die meinen Körper durchströmten, lehne ich mich gegen den Schreibtisch. Das Handtuch habe ich mir wieder um die Hüfte gebunden. Meine klebrige Hand streiche ich daran ab. Dann verschränke ich unsicher die Arme vor der Brust. Ich höre das Rascheln seiner Kleidung und beobachte, wie sich Raphael schweigend die Shorts und das Shirt überzieht. Er streicht sich durch die Haare und bringt sie dadurch nur noch mehr durcheinander. Meinem Blick weicht er aus.

„Wir sollten endlich etwas schlafen", sagt Raphael leise und ruhig. Als er an mir vorbeigeht, halte ich ihn zurück. Seine erhitzte Haut unter meinen Fingern lässt sie kribbeln.

„Wir sollten endlich reden", gebe ich retour und sehe, wie er schluckt. Er weiß ganz genau, dass wir das tun müssen und mir ist schleierhaft, wieso er es immer weiter hinauszögert. In seinen Augen erkenne ich Überforderung, Scham, aber vor allem Unsicherheit. Er zögert, aber seine Körperhaltung sagt mir deutlich, dass er jetzt lieber das Zimmer verlassen würde.

„Bitte, geh jetzt nicht einfach weg", flüstere ich leise, streichele ihm eine verirrte Strähne hinters Ohr und er schließt die Augen. Raphael lässt die Beruhigung zu, zieht sie in sich ein und atmet schwer aus. Ich sehe, wie sich seine Bedenken und die Verwirrung in seinem Inneren festigen. Ich lasse meine Hand sinken.

„Rede mit mir", bitte ich und klinge eigenartig bestimmend. Ich möchte nicht, dass wir schon wieder schweigend auseinandergehen. Raphaels Schultern straffen sich. Er fühlt sich nicht wohl. Ich kann es deutlich sehen.

„Verdammt, wir hätten das nicht tun dürfen, okay? Das ist nicht richtig", sagt er nun. Ich zucke zurück. Nicht richtig, wiederholt sich in meinem Kopf. Ich verstehe es nicht.

„Warum?"

„Du weißt ganz genau, warum." Erneut fährt er sich durch die Haare, rauft sie sich regelrecht und seufzt schwerfällig. Auch ich denke in diesem kurzen Augenblick an meine Schwester.

„Aber du magst mich", stelle ich leise fest und beobachte seine Reaktion. Ein Schimmer in seinen traumhaften, grünen Augen.

„Du bist ein netter Kerl. Manchmal jedenfalls", antwortet er ausweichend. Ich komme nicht umher, darüber zu schmunzeln.

„Du weißt, wie ich es eigentlich meine."

„Was willst du von mir hören?"

„Ein Ja wäre schön", gestehe ich. Mein ganzer Körper kribbelt. Ich sehe dabei zu, wie sich seine Augen schließen. Das Ja bekomme ich nicht.

„Mark." Ich mag es, wenn er meinen Namen sagt, aber nicht so. „Wir hätte das nicht tun sollen. Ich sollte das nicht tun", fährt er fort und macht einen Schritt auf die Tür zu.

„Ich finde, dass man Dinge, die einen gefallen, tun sollte", kommentiere ich lapidar.

„Es dürfte mir aber nicht gefallen", gibt er bestimmt und deutlich von sich und ich weiche unwillkürlich zurück. Die Schärfe dieser Worte lässt mich erschaudern. Raphael öffnet die Tür. Ich greife erneut verzweifelt nach seiner Hand, doch er zieht sie weg.

„Was ist so schlimm daran, wenn es dir gefällt?", gebe ich ihm zu verstehen, denn ich gehe mit seiner Reaktion nicht konform. Raphael antwortet nicht. Ich wiederhole meine Bitte, doch er bleibt nur kurz an der Tür stehen.

„Bitte, nicht. Mark, ich... ich kann einfach nicht...Ich bin nicht...Ich weiß einfach nicht...Ich muss nachdenken...", stammelt er. Ihm fehlen anscheinend die richtigen Worte, um das Chaos in seinem Inneren zu beschreiben. Offenbar fällt es ihm des Öfteren schwer, Gefühl in Worte zu verpacken. Ich bin frustriert. Seine Finger greifen in den Türrahmen, verkrampfen sich und er geht. Ich sehe ihm nach und starre eine Weile auf die Dunkelheit im Flur. Ich empfinde pure Ernüchterung und Enttäuschung und möchte sie am liebsten hinausbrüllen. Ich lasse es.

Doors of my Mind - Der Freund meiner SchwesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt