Kein Französisch

1.3K 127 42
                                    

Kapitel 3 Kein Französisch

Shari treffe ich beim Sport wieder. Nur am Freitag haben unsere beiden Klassen gemeinsam Unterricht, da wir da die Menge an Schüler für verschiedene Wettkämpfe nutzen. Heute werden wir zum Aufwärmen um den Sportplatz gejagt, um uns dann bei einem Volleyballturnier fertigmachen zu lassen. Ich hasse es, auch wenn ich eine relativ gute Ausdauer besitze. Ich habe Shari bereits einmal überrundet und bleibe locker laufend neben ihr.

„Ni hao", begrüße ich sie im Sinne des Einheitsbreis vom gestrigen Abend.

„Du machst mich fertig", schnauft sie atemlos.

„Warum? Ich bin nicht schuld, dass wir hier rumgescheucht werden."

„Das stört mich auch nicht, sondern, dass du... DAS... machst." Sie deutet auf meine lustig hüpfenden Beine und ich weiß, dass sie die Leichtigkeit meint, mit der ich ihr folge. Ich wundere mich selbst, schließlich war ich heute Morgen kein sehr blühendes Leben und auch der Rest meines Vormittags hat kaum etwas an meiner Laune gebessert. Ich denke an Raphael und seinen Blick, als ich ihm eine mehr oder weniger nützliche, mehr ausweichende Antwort zu dem Problem mit meiner Schwester gegeben habe.

„Ist dir schon mal aufgefallen, dass du mittlerweile bei den eigenartigsten Sprachen angekommen bist und noch nicht einmal Französisch genommen hast?"

„Chinesisch gehört also für dich zu den eigenartigen Sprachen?", frage ich retour. Ich brauche nicht lange darüber nachdenken, weshalb ich nicht auf Französisch zurückgreife. Denn ich weiß wieso. Ich mag es nicht.

„Du weißt, was ich meine. Also, wieso?"

„Ich stehe nicht auf Französisch", sage ich und höre neben mir ein kehliges Lachen, als Danny an uns vorbeizieht. Er ist einer dieser Sportler-Typen mit derbem, dummem Humor. Bewiesenermaßen.

„Da verpasst du aber etwas", kommentiert er daraufhin lachend und ich setze an, um ihm nachzujagen, lasse es aber sein. Ich blicke kurz zu Shari und sehe neben der Anstrengungsröte auch eine zusätzliche, peinlich berührte auf ihren Wangen.

„Halt deine Schnauze, Danny", rufe ich ihm stattdessen nach und kriege sofort vom Lehrer drei weitere Runden aufgedrückt. Ich laufe noch immer, während die anderen bereits in Gruppen eingeteilt werden, um Volleyball zu spielen. Ein kleines Turnier und ich bin froh, laufen zu können. Ich habe mir bereits drei Finger beim Volleyball angeknackst und bin nicht sehr scharf auf ein viertes Mal.

Obwohl meine Strafrunden vorbei sind, laufe ich weiter. Es fällt niemanden auf. Der frische Wind, der um meine Nase weht, kühlt mich ab und das gefällt mir. Auf der Geraden schließe ich meine Augen und genieße. Ausgerechnet Danny hängt sich an meine Fersen, als ich am Volleyballfeld vorbeikomme.

„Das ist jetzt deine 5. Strafrunde, willst du nicht mitspielen?", fragt er mich und sein Kopf deutet wackelnd auf das Feld.

„Nein, ich stehe nicht so auf Gips und Volleyball. Zu grazile Finger", sage ich übertrieben und Danny lacht erneut. Er, der großgewachsene, sportliche Typ lacht über grazile Finger. Gut, er ist blond und blauäugig. Der Traum einer jeden Schul-Barbie. Das genaue Gegenteil von mir. Natürlich ist er einer der besten Sportler und zu meinem Leidwesen auch noch bei Raphael im Leichtathletikteam. Eigentlich ist er ganz nett.

„Du stehst also nicht auf Volleyball, genauso wie du nicht auf Französisch stehst", sagt er mit einem dieser grässlichen, breiten Grinsen und ich verdrehe genervt die Augen. Gedanklich streiche ich meinen Kommentar über sein Nettsein.

„Haha, du bist ja so witzig", kommentiere ich stattdessen sarkastisch und trocken. Um ihm mein Unwillen zu verdeutlichen, ziehe ich das Tempo an, in der Hoffnung, dass er aussteigt und mich in Ruhe lässt.

Doors of my Mind - Der Freund meiner SchwesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt