Als Milena klingelte, hatte ich mir bereits meinen Mantel angezogen und war dabei, in meine Stiefel zu schlüpfen. Es war lange nicht so gutes Wetter, wie am Tag zuvor.
"Hey, Schwesterherz!" umarmte Milena mich stürmisch. "Hey Süße!" umarmte ich sie ebenfalls. Sie löste sich wieder von mir und ging einige Schritte von mir weg. "Ja, so kannst du gehen." beurteilte sie dann, ohne dass ich sie darum gebeten hätte. "Na dann. Ich bin in ner halben Stunde verabredet. Ich hab dir das Bett im Gästezimmer bezogen, falls du hier schlafen möchtest." erklärte ich Milena. Dann nahm ich meine Handtasche und rannte die Treppen hinunter.
Im Restaurant angekommen, sah ich mich nach Samu um. Nachdem ich gefühlte fünf Minuten lang wie eine bescheuerte in der Mitte des Raumes gestanden hatte und mich umgesehen, begann ein grinsender Samu in einer Ecke zu winken. Erleichtert bewegte ich mich in seine Richtung.
"Hey, endlich!" begrüßte mich Samu und stand auf, um mir meine Jacke abzunehmen. "Sorry, meine Schwester kam etwas zu spät und ich musste auf sie warten." entschuldigte ich mich. Samu lachte. "Hey, ist kein Weltuntergang. So schlimm ist es hier nun auch nicht." Ich musste wohl etwas ängstlich geklungen haben.
Samu hängte meine Jacke an einen Haken und deutete mir dann theatralisch, mich zu setzen. Ebenso theatralisch nahm ich seine Einladung mit einem Knicks an und setzte mich dann. Samu grinste und setzte sich auf den Stuhl gegenüber von mir, auf dem er auch vorhin schon gesessen hatte.
"Was möchtest du denn essen?" erkundigte er sich. Ahnungslos blätterte ich durch die Speisekarte. "Keine Ahnung." lachte ich ehrlich. Samu blätterte ebenfalls leicht orientierungslos in der Karte und machte sich nicht die Mühe, aufzuschauen. "Ich auch nicht." gab er dann ebenfalls ehrlich zu.
Ich lachte. "Was ist das überhaupt für ein Nobelschuppen?" erkundigte ich mich. Das Restaurant war groß, aber keinesfalls eng oder stickig. Es war luftig und man hatte viel Platz. "Keine Ahnung, hier gehen alle hin. ", meinte Samu. "Was heißt 'alle'?", fragte ich. "Na, so die großen halt." - "Die Berühmten?"
Samu nickte. "Und was machen wir dann hier?", hakte ich weiter nach. Irgendetwas gab es, was er mir verschwieg.
War er etwa selbst berühmt? Oder vielleicht der Sohn einer berühmten Person?
Auf einmal holte Samu tief Luft und schloss die Augen. Er sah aus, als wäre er kurz davor mir etwas zu sagen, über das er nur ungern redete.
"Wir essen hier. Zwischen meinen Kollegen.", sagte er dann leise zischend. Verdattert sah ich mich erst im Raum um und starrte dann wieder zu Samu. "Kollegen?", fragte ich verwundert. Also doch selbst berühmt. Wahrscheinlich war er Schauspieler oder so. Berühmt durch eine dieser schlechten Seifenoperetten, dachte ich mir.
"Ja, Kollegen. Ich bin Sänger in einer Band, hier in Finnland sind wir noch nicht so berühmt, aber anderswo schon.", erklärte er immer noch leise, als wäre es ihm peinlich. Sänger also. In einer Band. Schnell warf ich mein Bild von Samu, der zu schnulzigen Liedern mit 50jährigen, übertrieben geschminkten, Frauen durch einen Park rannte und sie dann romantisch küsste wieder weg.
"Wie heißt eure Band?", fragte ich dann. Samu sah mich an. "Aber du hörst dir das nicht an, versprochen?", flehte er. Ich lachte. "Das darfst du mir nicht verbieten!" "Sunrise Avenue", sagte Samu.
Sunrise Avenue. Ich dachte nach. Irgendwo hatte ich das schon einmal gehört. Sunrise Avenue. Sunrise Avenue. Es ratterte in meinem Kopf.
"Hab' ich schon mal irgendwo gehört.", meinte ich. "Mmh.". Samu nickte. "Egal jetzt, was wollen wir essen?", lenkte er vom Thema ab. "Hmm. Ich glaub ich nehme einfach ne Pizza.", antwortete ich nach kurzem Überlegen. Samu nickte. "Ich auch, du deine auch mit Schinken?", erkundigte er sich. Ich schüttelte den Kopf. "Ich esse kein Fleisch."
Samu bestellte unsere Pizzen und zwei Colas. Danach herrschte eine Weile lang peinliches Schweigen, bis ich wieder mit Samu's Musik anfing.
"Was macht ihr denn so für Musik?", fragte ich. Samu sah auf. "Müssen wir über meine Band reden?" - "Müssen wir nicht, interessiert mich nur.", antwortete ich leicht schnippisch. "Hey, war nicht böse gemeint. Es läuft nur zur Zeit nicht so gut mit den Jungs und ich würde gerne bisschen abgelenkt werden und nicht darüber reden...", erklärte er.
Ich sah ihn an. Von dem gut gelaunten Menschen, mit dem ich mich vor einer Viertelstunde getroffen hatte, war nur noch sehr wenig übrig. "Sorry...", sagte ich kleinlaut. Ich hatte wohl, wie so oft, genau das falsche Thema angesprochen. "Schon gut, konntest du ja nicht wissen.", lächelte Samu dann und sah wieder zu mir. "Tut mir wirklich leid...ich hab irgendwie ein Talent dazu, immer die falschen Themen anzusprechen, wirklich, sorry.", entschuldigte ich mich erneut. Samu sah mich ernst an. "Jetzt hör auf! Du kannst nichts dafür, du wüsstest nichts. Also halt die Klappe und lass mich den Abend mit dieser schönen Frau hier gegenüber von mir genießen!", sagte er dann in einem gespielt ernsten Ton. Kurz zögerte er, dann strich er mit über die Wange. "Schön?", lachte ich. "Traumhaft!", versicherte Samu mir.
Da kam der Kellner mit unserer Pizza und den Getränken. "Lassen Sie es sich schmecken!" meinte er und ging mit schnellen Schritten weiter zum nächsten Tisch.
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"Here we are, a pair of hearts, feeling complete." {Sunrise Avenue FF}
FanfictionSamu und Alissa treffen sich in einem Café. Alissa ist eine selbstständige junge Frau, hat eine Tochter und einen Ex-Mann. Samu ist Sänger einer Band, beschäftigt und berühmt - außerhalb von Finnland, wo sich diese Geschichte abspielt. Halten sie t...