Am nächsten morgen wachte ich früh auf. Ich stand auf und ging in die Küche, um mir einen Kaffee zu machen und bemerkte sofort, dass mein Kopf auch heute dröhnte. Während der Kaffee kochte, ging ich also ins Bad und hole mir eine Schmerztablette.
Ich konnte die Probe heute unmöglich ausfallen lassen, egal wie es mir ging. Schnell schluckte ich die Tablette und kippte mir dann meinen Kaffee in eine Thermoskanne, um schon einmal losgehen zu können und nicht erst mit den anderen im Studio zu sein.
Ich war kein Mensch, der gerne lange schlief, wenn es nicht sein musste. Ich war gerne wach, war gerne unterwegs. Und ich war gerne vor allen anderen an Orten. Besonders, wenn wir uns im Studio trafen, war ich gerne als erster dort und klimperte oft schon Stunden vorher auf dem Klavier dort herum oder übte Gitarre, sang mich schon ein.
Schnell zog ich mich an und packte mir alles, was ich für den tag brauchen würde in einen Rucksack. Tablettenvorrat, Wasserflasche, Schal und noch einige andere Dinge sammelte ich aus den verschiedensten Ecken meiner Wohnung.
Draußen war es kalt, Schneeregen prasselte mir ins Gesicht, als ich durch meine Haustür ins freie trat. So kalt und ekelhaft war es dieses Jahr noch nicht gewesen. Ich zog mir meine Kapuze tiefer ins Gesicht und fischte den Schal aus meinem Rucksack, um ihn mir um den Hals zu legen.
Dann beschleunigte ich meinen Schritt, um möglichst schnell am Studio anzukommen. Der Schneeregen wurde stärker und ich konnte mir nichts schöner vorstellen, als im Studio, in dem meine geliebten Gitarren standen, anzukommen.
Als ich nach einem gefühlte zehn Stunden langem Spaziergang im Studio angekommen war, strömte mir der angenehme, vertraute Studiogeruch entgegen. Da wir erst in eineinhalb Stunden verabredet waren, war es noch leer. Meine Gitarren standen, weil ich seit einer Woche nicht mehr hier gewesen war, eingepackt in ihren Ständern in der Ecke.
Ich warf meinen Rucksack und meine nasse Jacke auf das große Sofa, setzte mich daneben und goss mir meinen Kaffee in eine Tasse. Mit der warmen Kaffeetasse in der Hand lehnte ich mich zurück und sah durch die großen Glasfenster über die Dächer von Helsinki. Die Sonne ging gerade auf und der Himmel war orange verfärbt. Ich schloss die Augen und dache nach, über all das, was in den letzten Tagen, Wochen und Monaten passiert war und über das, was hoffentlich passieren würde.
Ich hatte Alissa kennen gelernt, mich endlich wieder verliebt. Hatte meine Jungs, denen ich damals so hinterher gerannt war, um überhaupt dorthin zu kommen, wo wir jetzt waren, einfach stehen gelassen, einfach im Stich gelassen, ohne etwas zu sagen war ich einfach Wochenlang nicht gekommen.
Mit einem plötzlichen Ruck setzte ich mich aufrecht hin und nahm mir fest vor, mich ab diesem Moment
zusammen zu reißen. Wenn es mir beschissen ging, war das nicht automatisch die Schuld von allen Menschen, mit denen ich zu tun hatte. Ich nahm mir vor, nie wieder ohne wirklich guten Grund nicht abzusagen, wenn ich nicht zu einer Probe kommen konnte und vor allem, meine Jungs nie wieder sitzen zu lassen. Sie waren die, die immer bei mir geblieben waren, sie hatten es am wenigsten verdient.Voller positiver Energie stand ich auf und ging zu meinen Gitarren, um meine Akustikgitarre auszupacken. Ich nahm sie und setzte mich mit ihr auf das Sofa, um die Melodie vom vorherigen Abend wieder her zu stellen. Ich musste extrem unkronzentriert sein, denn ich brauchte eine Dreiviertelstunde, nur um mir diese Melodie wieder ins Gedächtnis zu rufen.
Als ich gerade fertig war und nur noch ohne bestimmtes Ziel auf der Gitarre herumklimperte, hörte ich, wie sich ein Schlüssel im Schlüsselloch umdrehte. Kurz hielt ich inne, als ich Samis Gesicht sah, spielte ich wieder weiter. Er kam herein und sah mich fast eine Minute lang an, als wäre ich ein Alien, bevor er den Schlüssel weg packte und seine Sachen in eine Ecke pfefferte.
„Du hier?", unterbrach er mein Gitarrenspiel. Ohne von den Saiten aufzuschauen sagte ich in einem ruhigen, ausgeglichenem Ton „Ja, ich hier.", und spielte weiter. Sami setzte sich neben mich auf das Sofa und starrte auf meine Gitarre. „Samu, jetzt hör auf so ignorant zu sein und einfach weiter zu spielen, du weißt doch, dass mit dir reden will.", fuhr er mich nach einer Weile an.
Und was war, wenn ich nicht reden wollte? Hatte er daran schon einmal gedacht? Ich setzte kurz das Plektrum ab, sah auf und sagte: „Ich aber wie du siehst gerade nicht mit dir, nachher vielleicht.". Ich behielt meinen ruhigen, ausgeglichenen Ton weiterhin bei und spielte, sobald ich meinen Satz beendet hatte, weiter.
Sami sah mich von der Seite an, ich spürte, wie sein Blick mich durchbohrte und je mehr er mich anstarrte, desto konzentrierter spielte ich und aus meinem ziellosen klimpern begann schon wieder eine neue Melodie zu werden. Nach einer gefühlten halben Stunde verstand er, dass es offensichtlich keinen Sinn hatte und stand auf, um sich an sein Schlagzeug zu setzen.
Als er gerade ein wenig gespielt hatte, kamen Riku und Raul laut lachend in den Raum. Als sie die angespannte Stimmung bemerkten, verstummten sie auf der Stelle. „Was ist denn hier los? Warum ziehst du so ein Gesicht?", fragte Riku, der wohl nur Sami, der mit einem niedergeschlagenen Gesichtsausdruck an seinem Schlagzeug saß, gesehen hatte. Raul sah auch mich sofort, obwohl das Sofa, auf dem ich saß sehr versteckt war und kam auf mich zu.
„Samu, du mal wieder hier! Geht's dir besser?", freute er sich und umarmte mich. Ich gab ein sicherlich nicht identifizierbares Grummeln von mir und nickte. Nun hatte auch Riku mich gesehen und verstand durch den Blick, mit dem Sami mich ansah, was los war.
Sami war oft derjenige, der sich am meisten über mein Verhalten ärgerte. Er verstand nicht, wie ich die Band einfach so im Stich lassen konnte, denn für ihn war sie alles.
Raul stellte sich in die Mitte des Raumes und klatschte in die Hände. „So, und jetzt hören wir mal auf mit der schlechten Laune hier. Samu ist wieder hier und demnach wieder gesund, Samu, wie geht's dir?", er unterbrach seine positive Ansprache, die uns allen ein lächeln ins Gesicht zauberte mit einer Frage an mich. „Mein Kopf hat heute Morgen noch gedröhnt, fast schlimmer als gestern, aber mit ein bisschen mehr Aspirin geht das schon. Sonst super.", versuchte auch ich positiv zu klingen, schaffte es aber den skeptischen Blicken der übrigen Jungs nach nicht.
„Schön, also geht es Samu wieder gut.", führte Raul seine Rede grinsend fort, „Außerdem haben wir unsere Weihnachtspause vor uns, in der wir uns alle vier mal entspannen können werden. Aber vorher haben wir noch drei Konzerte, und das werden verdammt noch mal die drei besten Konzerte, die wir ja gespielt haben. Also los, ran an die Instrumente!". Riku lachte und klatschte begeistert und auch Sami und ich konnten uns, trotz unserer schlechten Laune, ein breites Grinsen nicht verkneifen.
![](https://img.wattpad.com/cover/26883442-288-k363278.jpg)
DU LIEST GERADE
"Here we are, a pair of hearts, feeling complete." {Sunrise Avenue FF}
FanficSamu und Alissa treffen sich in einem Café. Alissa ist eine selbstständige junge Frau, hat eine Tochter und einen Ex-Mann. Samu ist Sänger einer Band, beschäftigt und berühmt - außerhalb von Finnland, wo sich diese Geschichte abspielt. Halten sie t...