Kapitel 18

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Mit einem zu auffällig breiten Grinsen fangen mich die beiden Mädels ab und starren mich so eine Weile lang an. Da ich bereits genau weiß, worauf sie hinaus wollen, plane ich eine Flucht und kann ihnen grade mal einige Schritte entkommen. "Na gut, ich geb's auf. Was wollt ihr wissen?", seufze ich und sehe beide grade nicht erfreut an.
"Was ist das für eine Frage? Natürlich alles!", keift sie beinahe hysterisch. Sie tun so, als wäre etwas moralisch abwertendes passiert.
"Er hat mich nur gefragt, wann wir lernen sollen. Können wir jetzt endlich nach Hause?", sehe ich beide erwartungsvoll an und hoffe deren Neugierde gestillt zu haben.
"Euer erstes Date also.", zwinkert Marie. Ich schnaufe. "Schein-Date!", korrigiere ich gezwungen, obwohl mir das Wort 'Date' hier kaum gefällt. Als beide keinen weiteren Anschein darauf machen loszulaufen, tue ich es einfach und höre schon hinter mir das erste Gekicher. War klar, dass das den beiden gefällt. Eine Fake Beziehung mit meinem Fake Freund. Kaum zu glauben, dass Luie uns überhaupt die Masche abkauft. Ehrlich gesagt bin ich sogar ein wenig von ihm enttäuscht, dafür, dass er glaubt, ich hätte wirklich etwas mit einem Idioten angefangen.

Wir schmeißen die Rucksäcke in die Ecke des Raumes und ziehen uns sofort um. Wegen den beiden lahmen Schnecken bin ich draußen fast erfroren. Da hat mir selbst die Thermo Strumpfhose nichts gebracht. Ich ziehe mir meine Sportkleidung über, da nach dem Abendessen nicht großartig Zeit zum chillen bleibt und ich nach dem Essen sowieso zu faul sein werde mich umzuziehen. Ich bürste mir noch die Haare durch, um mir gleich danach einen hohen Zopf zu binden und stecke mir Bobby Pins an den Hinterkopf, für die lockeren Haarsträhnen.
"Kommst du oder brauchst du noch?", betrachte ich mich weiter im Spiegel. Irgendetwas fehlt noch.
"Geh du schonmal vor, ich werde nachkommen. Das wird wohl noch etwas länger dauern.", öffnet sie das Handtuch um ihren Kopf und reibt damit ihre Haare trocken. Gefunden! Die Sportjacke fehlt. Die ziehe ich mir noch über und schnappe mein Handy auf dem Bett.
"Na dann, bis gleich.", verabschiede ich mich und jogge aus der Wohnung. Kaum laufe ich einige Meter Richtung Campus, ertönen auch schon schreie und gepolter. Verwirrt sehe ich um mich und entdecke in der Ferne den Ursprung. Es sieht ja beinahe so aus, als würden die sich prügeln. Moment mal, beim genaueren Hinsehen wird mir klar, dass sich die beiden Personen wirklich verkloppen. Sofort eile ich in die Richtung, nur um zu erfahren, dass Luie in diesem Streit verwickelt ist. Daneben steht Oana, die völlig überwältigt von der Situation ist und nicht weiß, was sie tun soll. Ich renne schneller auf sie zu und versuche den Typen von Luie zu zerren.
"Lass ihn los, du bringst ihn noch um!", rufe ich panisch und versuche beide voneinander zu trennen.
"Verpiss dich.", zischt er und stößt mir mit der Ellenboge fest in die Rippen. Ich falle nach hinten zurück und halte mir schmerzvoll die Stelle. Panisch schreit Oana um Hilfe und zieht die Aufmerksamkeit der Schüler in der nähe des Campus'. Hin-und hergerissen weiß sie nicht, wem sie helfen soll und greift sich in die Haare. Einer kommt mir zur Hilfe und zieht mich am Arm hoch. Sofort stürme ich wieder zu den Jungs, die sich gegenseitig die Nasen blutig schlagen. Ich kann nicht dabei zusehen, wie mein Freund von einem anderen außer mir geschlagen wird.
"Hört endlich auf!", brülle ich und ergattere schon das nächste Hämatom direkt am Auge. Mit der Handfläche halte ich mein Auge zu und fluche in mich hinein. Sieht denn keiner, was hier abgeht? Endlich kommen weitere Jungs hinzu, die es letztlich schaffen die beiden wildgewordenen Affen zu trennen.
"Ist alles in Ordnung? Tut mir leid, dass ich nicht helfen konnte.", kniet sie sich zu mir runter und sieht mich bedauernd an.
"Das ist alles meine Schuld. Ich hab mir das selbst angetan." Das wird ein schöner blauer Fleck. Mist.
"Fuck, was'n hier los?", flucht Nas und hat die Hände um die Schultern des Typen gelegt. Er hat sie also getrennt. Ich gehe zu Luie und schaue ihn panisch an.
"Spinnst du eigentlich? Willst du vom Internat fliegen oder warum machst du sowas?", keife ich besorgt und betrachte seine ganzen Verletzungen. Auf wen hat er sich da bloß eingelassen? Der Typ sieht auch nicht besonderes dünn aus. Bei seiner Statur wundert mich es, dass Luie auf ihm war und derjenige war, der immerwieder auf eingeschlagen hat. Luie hat wenige aber dafür kräftige und präzise Schläge einkassieren müssen, das muss man sagen. Hektisch greife ich in meine Hosentasche und ziehe einen Taschentuch heraus.
"Hier, deine Nase blutet.", halte ich ihm das Tuch entgegen und lege meinen Arm um seine Taille. Verlfucht sieht er demoliert aus.
"Hast du dich mitgeprügelt?", nickt Ty auf mein wahrscheinlich angeschwollenes Auge zu.
"Sehr witzig. Geh mir aus dem weg.", murre ich genervt und begleite Luie zum Sanitätsraum. Langsam legt er seinen Arm um meine Schulter und stützt sich an mir ab. Der tut mir grade verdammt leid.
"Joce, bring mich einfach ins Zimmer.", murmelt er und hält in seiner Bewegung inne.
"Das geht nicht, du musst in den Sanitätsraum. Dir ist bestimmt die Nase gebrochen oder du hast eine Gehirnerschütterung. Oder sogar noch schlimmer, du hast innere Blutungen.", zähle ich besorgt auf. Er seufzt kurz darauf, doch lässt sich dann von mir zum Sanitäter tragen. Man, was ein Abend.

Im Krankenzimmer tastet die Ärztin nach seiner Nase ab und betrachtet weitere Wunden an seinem Gesicht. Ich beobachte, wie er immerwieder aufzischt, als sie mit dem Reinigungspad über die Platzwunden geht. Da verziehe sogar ich das Gesicht qualvoll, als würde ich den Schmerz spüren. Mit einem gebeugten Rücken und einem hängendem Kopf sitzt er da und hält sich an der Bettkante fest. Der Anblick ist echt ätzend, vorallem, weil ich nichts für ihn tun kann.
"Psst." Ich schaue zum Türrahmen, an dem Ty zur Hälfte abgelehnt ist. Er deutet mir mit seinem Kopf rauszukommen. Was will der denn jetzt. Kurz schaue ich zu Luie rüber, der mir nur zunickt. Ich stehe vom Stuhl auf und gehe vor die Tür. Fragend sehe ich ihn an, während er auf mein linkes Auge fixiert ist.
"Wer hätte gedacht, dass dir ein blaues Auge steht." "Wer hätte gedacht, dass du ein Sadist und ein Idiot bist?", kontere ich und verschränke die Arme. Der ist doch nur hier, um sich über mich zu belustigen. Trottel.
"Ein Sadist also?", schmunzelt er.
"Was willst du hier?", wechsele ich ungeduldig das Thema. Mir war grade garnicht nach einer witzigen Unterhaltung. Erst recht nicht mit ihm.
"Wir mussten grade mit dem Lehrer reden, warum sich die beiden gestritten haben. Aber die Sache ist, dass nur du und das andere Weib alles mitbekommen habt, deshalb musst du mir jetzt alles erzählen. Ich weiß, ich bin genauso wenig begeistert, wie du.", erzählt er monoton und lehnt sich an die Wand. Kritisch betrachte ich ihn und lege meinen Kopf leicht schief.
"Ich weiß genauso wenig, wie ihr. Sag dem Lehrer, dass morgen alles geklärt werden soll, damit sich beide ausruhen können.", pruste ich und zucke müde mit den Schultern. Er drückt sich von der Wand weg und strafft seine Schultern.
"Wie du meinst." Mit einem lässigen Gang entfernt er sich vom Raum. Mir fällt ein glänzender Anhänger in seiner Jackentasche auf, die mir nur zu bekannt vorkommt.
"Hey!", rufe ich. Er bleibt stehen und guckt über seine Schulter hinweg zu mir nach hinten. "Schöner Anhänger.", gebe ich trocken von mir. Er zwinkert mir zu und dreht sich wieder weg, bis er abbiegt und nicht mehr zu sehen ist.
Noch wilder kann der Abend nicht mehr  werden.

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Oh Oh, was wohl der Grund für die Kloppe war?

Selbst Ty's harte Schale scheint mehr oder weniger zu schmelzen. Da kann der eiskalte Bursche wohl auch anders, als verletzend sein, oder?

Was wohl noch kommt? To be continued...

Untouched | GestopptWo Geschichten leben. Entdecke jetzt