Geheimnisse vor Lynn

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Als die Nacht herein brach ging ich ins Gästezimmer um Niklaus eine Nachricht zu hinterlassen. Sein Anrufbeantworter ging immer nur ran, darum sprach ich ihm beim zweiten Versuch eine Nachricht drauf über die neuesten Entwicklungen. Im Flur hörte ich plötzlich eine Türe knirschen und dann das tappen von kleinen Füßen. Vorsichtig öffnete ich die Türe einen kleinen Spalt breit und sah, wie sich Lynn nach unten schlich. Ich folgte ihr leise bis hin in die Garage wo sie vor einer offenen Kiste stand in der sie ein Foto von Damon Salvatore herausholte und anfing zu weinen. Ich ging vorsichtig auf sie zu. Der Mond schien durch eines der Gläsernen kleinen Fenster, denn Lynn konnte meinen Schatten sehen und ließ vor Schreck das Bild fallen.

"Entschuldige, ich hab nicht gewusst, ob du schlafwandelst. Ich wollte dich nicht erschrecken." Wir bückten uns um das Foto aufzuheben und die Scherben zu entsorgen, dabei schnitt sich Lynn an einer großen. Ich nahm ihre Hand und brachte sie in die Küche wo ich nach dem Verbandkasten suchte, den ich unter der Spüle fand. Ich holte eine große Binde raus und wickelte sie um ihre Hand. "Warum bist du so spät noch auf", wechselte ich das Thema um sie auf andere Gedanken zu bringen. "Ich habe Dads Foto gesucht. Mom hat vieles von uns allen aufbewahrt und ich kann ohne Dad nicht mehr einschlafen. Mom sagt, das er jetzt an einem besseren Ort ist, wo er immer auf uns herabsehen kann. Ist er im Himmel?"

Ich hatte kurz aufgehört zu wickeln und sah Lynn an, wie ihr Tränen kamen, die sie mit ihrer Hand weg wischte. "Ist schwer zu sagen. Ich kannte deinen Vater noch. Lange bevor du zur Welt kamst. Er war damals ein sehr wilder, hartnäckiger und etwas temeramentfoller Mann. Ich bin mir nicht sicher wo unseres Gleichen hinkommt, wenn wir sterben, aber ich denke, das dein Vater als Mensch bestimmt im Himmel ist und über dich wacht und eines Tages, wenn deine Zeit gekommen ist, seht ihr Euch wieder." Ich verband ihren Arm zu Ende und schickte Lynn in ihr Bett zurück. Caroline kam auf einmal hinzu und sah mich wütend an. "Hat ihnen Elena nichts erzählt?"
"Wovon?"
"Lynn weiß nicht, dass ihre Eltern Vampire waren. Sie weiß noch nicht einmal, das ich einer bin und ganz nebenbei weiß sie überhaupt nichts von der wirklichen Welt." Das machte mich fassungslos. Lynn kannte die Welt in der wir alle leben nicht. Wie würde es dann sein, wenn sie in New Orleans lebt?

Am nächsten Morgen wollte ich mit Elena sprechen, doch sie war nicht am Frühstückstisch. Caroline sagte mir, dass sie durch ihre ewigen Überstunden kaum geschlafen hätte und sie bereits seit unserem Treffen nur am schlafen wäre. Ich wollte sie nicht wecken und setzte mich daran mit Lynn dennoch etwas zu unternehmen. Wenig später setzte ich sie in mein Auto und wir fuhren in den Wald, wo wir zum Wasserfall wandern wollten. Ich wollte dabei die Chance nutzen und mit Lynn über ihren kurzen Umzug sprechen. "Lynn, du weißt doch, dass deine Mutter jetzt Urlaub hat, oder?" Sie nickte und ich erzählte weiter. "Weißt du, es ist für viele Menschen nicht einfach, jemanden zu verlieren, der einem, besonders dir sehr nahe stand. Darum nutzen die meisten, genau wie deine Mutter diesen Urlaub um weit weit weg zu fahren um wieder sie selbst sein zu können. Verstehst du mich?" Wieder nickte sie. "Jetzt ist es so, dass du leider nicht mitkommen kannst und deine Tante Caroline kann dich auch nicht mit zu sich nehmen, darum wollte ich fragen, ob du nicht solange bei mir und meiner Familie wohnen möchtest, bis deine Mutter wieder kommt um dich abzuholen?" Lynn sah traurig auf den Boden. Ich ging in die Hocke und streckte ihren Kopf zu mir hinauf, damit ich ihr in die Augen sehen konnte. "Wann sehe ich Mammi wieder", fragte sie schmunzelnd. "In ein paar Monaten. Sie würde dich dann wieder mitehmen. Möchtest du denn solange bei mir leben." Sie zuckte mit den Schultern. "Magst du mich nicht?"
"Doch".
"Und würdest du es dir vorstellen können? Du verlierst ja eigentlich nichts. Keine Freunde, keine Familienmitglieder. Du siehst sie alle wieder." Dann nickte Lynn mit einem Lächeln. Sie hatte sich dafür bereit erklärt bei mir und Niklaus zu wohnen. Dennoch müssen wir unser Geheimnis wahren. Lynn sollte es von Elena selbst erfahren, was ich Niklaus noch am selben Abend auf den AB hinterließ.

Baby Gilbert Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt