Lügen

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Als ich nichts auf seiner Aussage erwiderte, wertete er mein Schweigen wohl als stumme Zustimmung und begann mich weiter voran zu ziehen. Weg von den Jägerinnen. Weg von jeder Chance wieder zurück zu kehren, wo ich hergekommen war. >Warte< Er blieb stehen, drehte sich zu mir um.

>Was ist denn?< Seine Stimme war von Ungeduld geprägt.

>Wenn ich gehe... dann bin ich in Sicherheit, richtig?< Ein kurzes abgehacktes Nicken von seiner Seite. Er war in Eile, machte bereits Anstalten mich wieder hinter sich her zu zerren, doch ich bewegte mich keinen Millimeter. >Was ist mit den Leuten, die ich gekannt habe?< Seine Bewegungen froren ein. >Freunde. Familie. Meine Heimat. Wenn ich gehe, was geschieht dann mit ihnen?< Er wartete lange mit seiner Antwort, zu lange. Sah mir dabei ununterbrochen ins Gesicht, ließ seinen Blick über meine Erscheinung wandern. Als er schlussendlich zu einer Antwort ansetzte, hatte ich das Gefühl ein schweres Gewicht würde sich in meinem Körper breit machen. Fast unmerklich sah er an mir vorbei in die Tiefen des Waldes. In die Richtung, aus der ich gekommen war. 

>Du hast keine Familie. Kein Zuhause. Du bist allein< Einen Moment lang konnte ich nicht atmen, während ich ihn anstarrte, als wäre er das erste Wesen, welches mir jemals begegnet war. Einen kurzen Augenblick war ich dabei, ihm zu glauben. Bis er mir direkt in die Augen sah.

>Du lügst< Es kam nur als Flüstern aus einer Kehle, doch der Effekt war groß. Ertappt fuhr er zusammen, schien jedoch nicht lange dafür zu brauchen, sich wieder zu fassen. Doch ich hatte es gesehen. Ich hatte es in seinen Augen gesehen. >Du lügst<

>Nein, nein. Ich sage die Wahrheit. Es gibt niemanden, der darauf wartet, dass du zurückkommst. Niemanden, der sich um dich sorgt. Nirgends, wo du hingehörst. Deshalb - <

>Du lügst!<, wiederholte ich, lauter, kraftvoller als zuvor. Ich versuchte mich von ihm zu lösen, doch sein Griff wurde sofort stärker.

>Nein, ich lüge nicht. Du hast es mir selbst gesagt. Letztes Jahr. Du hast gesagt, du hättest keine Heimat. Du hast gesagt, du hättest kein Zuhause. Du hast es selbst gesagt!< Obwohl ich ihm aus irgendwelchen Gründen ansah, dass er nicht log, dass ich diese Dinge wirklich einmal zu ihm gesagt haben musste, schrie dennoch irgendetwas in mir, es wäre nicht wahr. Es wäre nicht wahr, dass ich niemandem wichtig genug wäre, damit es jemanden kümmern würde, wenn ich von einem Tag auf den anderen einfach spurlos von der Bildfläche verschwand. Etwas sagte mir, dass irgendwer sehr wohl auf mich wartete. Und dass Deimos in dieser Hinsicht log, damit ich ihm folgte. 

>Du lügst<, meinte ich wieder, entzog ihm dabei mit einem kräftigen Ruck meinen Arm und brachte Abstand zwischen uns. Ich wollte weg von diesem Mann. Von diesem Gott. Weg von seinen Lügen, die sich in mich hinein zu fressen schienen. Doch bevor ich mich umdrehen und floehen konnte, langte er erneut mit seiner Hand nach mir.

Mit einem lauten Kreischen machte sich Jes bemerkbar. Sie schlug wie wild mit ihren kleinen, schmächtigen Flügeln, sodass ich sie kaum mehr festzuhalten vermochte, und hackte mit ihrem winzigen Schnabel nach Deimos' Hand.

Ob er aus Angst oder Schreck zurückwich, wusste ich nicht, doch es scherrte mich auch nicht sonderlich. Ohne ein weiteres Mal darüber nachzudenken, machte ich auf dem Absatz kehrt und floh in die Richtung, aus der ich gekommen war.

Ich hatte meine Mühe, Jes in ihrem aufgebrachten Zustand sicher auf meinen Armen zu halten, während ich durch den Wald hetzte. Mir war bewusst, dass Deimos mich jederzeit einholen könnte. Er war ein Gott, wie Artemis. Doch egal wie oft ich auch über die Schulter zurück blickte, es war niemand zu sehen.

Es glich einem Wunder, dass ich mir nicht den Hals brach, als ich zwischen den Bäumen hindurch jagte. Aber mir war bewusst, jeder einzelne Schritt nrachte mich weiter weg von den Worten, die sich in mich hinein geätzt zu haben schienen. Sie wiederholten sich in meinem Kopf wie ein Echo.

Als ich den leichten Lichtschein des Lagers entdeckte, verlangsamte ich meinen Gang, versuchte sowohl Jes als auch mich zu beruhigen. Erst als mein Atem ruhiger geworden war, betrat ich den Schein, der von den Lampen geworfen worden war. Sofort spürte ich mehrere Augen auf mir, sah mich jedoch nicht noch einmal um. Stattdessen bewegte ich mich direkt auf das mir zugewiesene Zelt zu. Die Plane beiseite schlagend, kroch ich ins dunkle Innere, welches mich zu verschlucken schien, als ich den Eingang hinter mir wieder zufallen ließ.

Mit mittlerweile geübten Bewegungen setzte ich Jes zurück in ihr Nest, in dem sie innerhalb weniger Augenblicke eingeschlafen zu sein schien. Ich hatte es nicht so leicht zurück in den Schlaf zu finden. Bei jedem Schritt, der sich meinem Zelt näherte, befürchtete ein kleiner Teil von mir, Deimos wäre mir gefolgt und würde mich zwingen mit ihm zu kommen. Ein anderer Teil meiner selbst war noch immer in dem Traum gefangen, den ich erlebt hatte. Und ein großer Teil meines Bewusstseins beschäftigte sich mit den Worten von Deimos und Artemis.

Artemis hatte versprochen, mich zu jemanden zu bringen, der wüsste, wo ich hingehören würde. Jemand, der mir helfen könnte. Doch Deimos hatte behauptet, ich hätte keinen Ort, an den ich zurück kehren könnte. Ich hätte es ihm selbst gesagt.

Deimos hatte mich vor einen Krieg gewarnt, vor einer Katastrophe, die mich vernichten könnte. Er hatte mich beinahe angefleht, nicht zurückzugehen, Artemis nicht zu vertrauen. Aber er hatte gelogen, als er meinte, niemand würde nach mir suchen. Wenn ich mir auch sonst über nichts sicher war, so wusste ich doch mit einer unnatürlichen Gewissheit, dass er mich belogen hatte.

Und dennoch fragte sich ein kleiner Teil meines Seins, ob er nicht recht gehabt haben könnte. Und so dämmerte ich mit seinen Worten in meinen Ohren irgendwann ein. Nicht fähig, seine Aussagen zu verdrängen.

Keine Familie. Keine Freunde. Kein Zuhause.

Ganz allein.


Ehm ja.... I'm back, i guess?

Ok, jetzt mal real talk. Es tut mir unfassbar leid, wie lange nichts mehr kam. Umso mehr freut es mich zu sehen, wie viele sich trotzdem noch für diese Story interessieren.

Ich hab nicht wirklich ne Entschuldigung für die lange Pause (i know, it was long), nur war bei mir während Corona und Lockdown irgendwie naja die Luft raus? Ne Art Schaffenskrise? Ja, nennen wir es ne Schaffenskrise. Dazu hatte ich noch meine Abschlussarbeit im Studium vor mir, die ich, den Göttern sei gedankt, hinter mir und bestanden habe.

Was bedeutet das Ganze nun für euch? Gute Frage. Ich will nichts mehr versprechen, aber ich werde zumindest versuchen, ein Mal im Monat zu updaten. Wie gesagt, kein Versprechen. Nennen wir es ne Richtlinie XD

An alle, die immer noch da sind: Vielen lieben Dank für eure Ausdauer und ich versuche mich zu bessern.

An alle die neu sind: Herzlich Willkommen, ich hoffe ihr seid nicht abgeschreckt durch mich unzuverlässige Autorin und gebt der Story ne Chance.

Und an alle, die wiederkommen: Welcome back. Ich freue mich, dass ihr meiner Story und mir ne zweite Chance gebt.

So das wars dann auch erstmal....

Read you

Für den Olymp - Die Familiaris (slow updates)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt