Ich schreckte aus dem Schlaf hoch, als hätte mir jemand eiskaltes Wasser übergekippt. Jes, der ich im selben Zelt wo ich schlief aus einem Kleiderhaufen ein Nest gebaut hatte, ebenfalls, was wohl auf meine abrupte Bewegung zurückzuführen war. Sie beobachtete mich mit vor Schreck geweiteten dunklen Augen, während ich versuchte meinen hektischen Atem unter Kontrolle zu bringen, bevor ich zu kollabieren drohte. >Alles gut, Jes. Mir geht's gut<, flüsterte ich leise, glaubte mir allerdings selber nicht. Mir war klar, verschwundene Erinnerungen hin oder her, dieser Traum war nicht normal gewesen. Diese Stimme war nicht normal gewesen.
Kurz entschlossen stand ich auf, nahm Jes auf meinen Armen, nachdem ich mir meine Schuhe übergestreift hatte und verließ mein kleines Zelt.
Das Lager der Jägerinnen wurde durch einen strahlenden Mond beleuchtet, sodass Fackeln nicht nötig gewesen wären, um etwas in der Dunkelheit der Nacht zu sehen, doch es loderten dennoch ein paar ruhig vor sich hin, flackerten lediglich hin und wieder bei kleinen Windzügen. Thalia hatte mir erklärt, sie würden insbesondere meinetwegen Nachts ruhen und ein paar Lichter erleuchten lassen, da ich nicht den Segen der Artemis besaß und dementsprechend tagsüber zu mehr zu gebrauchen war. Es war mir ganz recht, nicht im dunklen durch den Wal zu stolpern, aber genau in diesem Moment brauchte ich einfach etwas Bewegung.
Eine der Jägerinnen, die in der Nähe meines Zeltes Wache schob, sah mich, hielt mich jedoch nicht davon ab, mich ein Stück weit von dem Lager zu entfernen. Sie waren mittlerweile alle einigermaßen daran gewöhnt, da Jes öfter mal unruhig wurde, wenn sie zu lange im Inneren von Zeltplanen eingesperrt war und ich dann meist mit ihr ein paar Minuten lang zwischen den Bäumen hindurch wanderte. Dass es diese Nacht ich war, die sich eingesperrt vorgekommen war und frische Luft gebraucht hatte, musste sie ja nicht unbedingt wissen.
Ich bewegte mich weiter vom Lager weg, als gut war, doch ich wollte Abstand zu den anderen Mädchen. Ich wollte allein sein, unbeobachtet. Jes war auf meine Armen bereits wieder eingeschlummert. Doch ich fand einfach keine Ruhe. Meine Gedanken jagten bei dem Versuch sich zu erinnern. Zu erinnern, woher ich gekommen sein mochte, wer ich überhaupt war und was dieser Traum zu bedeuten haben könnte. Wer war Blake? Und wer war Fabian? Wem gehörte diese Stimme? Welches Schicksal? Die Gedanken begannen sich in meinem Kopf zu drehen, einander zu überlappen. Mich zu verwirren. Mich wahnsinnig zu machen. Ein Name, den die Stimme erwähnt hatte. Stephanie. Ist das mein Name? Bin ich Stephanie? Oder jemand anderes? Stephanie. Es klang so vertraut, so nah. Stephanie. Was, wenn-
Ein lautes Knacken ließ mich aus meinen Gedanken auffahren. Hektisch sah ich mich um, erkannte nichts anderes als Bäume und Sträucher. Und trotzdem fühlte es sich anders an, als noch vor wenigen Augenblicken. Wachsam ließ ich meinen Blick schweifen, auf der Suche einer Bewegung, die nicht hierher passte. Dennoch kam die Hand, die hinter dem nächsten Baum hervorschoss, gänzlich unerwartet.
Ein erschrockener Schrei verließ meine Kehle, bevor ich auch nur hätte anders reagieren können. Jes schreckte auf, begann zu Krächzen und unbeholfen mit den Flügeln zu flattern. Unbeholfen versuchte ich mich von der fremden Hand zu lösen, die sich um meinen Arm gelegt hatte, und gleichzeitig Jes außer Reichweite zu halten. Bis ein mir vollkommen unbekannter junger Mann hinter dem Baum hervorkam und die andere Hand beschwichtigend hoch erhoben hatte. >Ruhig, ganz ruhig. Ich tu' dir nichts. Beruhige dich<, meinte er, doch ich dachte gar nicht daran.
>Wer sind Sie?<, fragte ich, während ich weiter versuchte, mich von ihm zu lösen. Verdutzt hielt er inne mit dem was er wohl gerade hatte sagen wollen und starrte mich für eine Sekunde nur vollkommen sprachlos an.
>Wer ich- Wer ich bin? Bitte? Ich bin Deimos. Erkennst du mich denn nicht?<
>Wer sind Sie? Deimos? Sollte ich Sie kennen? Lassen Sie mich los!< Er ließ mich nicht los, stattdessen wurden seine Augen größer und bevor ich noch irgendwas hätte tun können, begann er mich an meinem Arm zu schütteln.
>Deimos! Der Gott Deimos!< Seine Stimme war jenseits aller Fassungslosigkeit. ich hörte auf damit, mich von ihm losreißen zu wollen, stattdessen sah ich ihn abwartend an, versuchte sein Gesicht in der Dunkelheit näher ausfindig machen zu können.
>Kennen... Kennen Sie mich etwa? Kennen wir uns?<
>Erkennst du mich etwa nicht?< Langsam schüttelte ich meinen Kopf, kam jedoch nicht zu einer Erklärung. >Wie kannst du mich nicht erkennen? Ich bin ein Gott! Ich bin Deimos! Du musst mich erkennen!<
Verwirrt sah ich den Jungen vor mir an. Immer noch hielt er meinen Arm fest umklammert, schien nicht mal auch nur im Ansatz versucht zu sein, mich los zu lassen. Seine Augen starrten mich an. >Du erinnerst dich also nicht an mich... Was? Wie kannst du mich einfach vergessen? Was ist denn bitte seit dem letzten Jahr passiert?!<
>Ich weiß nicht, wovon Sie reden<, erwiderte ich verständnislos, auch wenn ich mir nicht mal ganz sicher war, ob diese Fragen an mich gerichtete gewesen waren.
>Ja, das sehe ich<, murmelte er vor sich hin.
>Ich weiß nicht, was ich sagen soll... ich habe vor ein paar Tagen mein Gedächtnis verloren, Artemis hat mich bei sich aufgenommen. Sie will mich zu jemanden bringen, der mich zurückbringen soll. Dorthin, wo ich anscheinend herkomme<
>Nein!< Sein Ruf, der durch den ansonst so ruhigen Wald donnerte wie ein Kanonenschlag, kam so plötzlich, dass ich unweigerlich einen Schritt zurück gehen wollte. Nur sein Griff um meinen Arm, der sich verfestigt hatte, hinderte mich daran. >Hör mir zu, Kleine. Du darfst nicht bei Artemis bleiben. Du darfst nicht mit ihr mit gehen. Du darfst dich nicht erinnern. Such' dir einen hübschen Fleck in der Welt und lebe dort dein Leben. Lass das alles hier hinter dir, selbst wenn du dich erinnern solltest. Du darfst nicht hier bleiben, weder in diesem Land, noch auf diesem Kontinent. Halt dich fern von den Göttern!<
>Was? Wieso?< Er gab mir keine Antwort, versuchte mich lediglich am Arm hinter sich her, weiter vom Lager weg zu zerren. Ich stemmte meine Füße in den weichen Waldboden. >Nein, warten Sie. Stephanie. In einem Traum, da... Ist das mein Name? Wissen Sie woher ich komme? Wer ich bin? Reden Sie mit mir!< Mit Schwung fuhr er zu mir herum, ließ dadurch Jes erneut in meinen Armen aufschrecken. Es kümmerte ihn nicht. Mit festen Griff umfassten seine Hände meine Oberarme. Er musste sich zu mir herunter bücken, um mir in die Augen sehen zu können.
>Hör zu... Vergiss das alles. Such dir einen neuen Namen. Eine neue Heimat. Schaff dir neue Erinnerungen. Halt dich raus! Sie werden dich in einen Krieg ziehen, den du nicht gewinnen kannst. Er ist ja nicht einmal dein Krieg! Flieh, jetzt. Das ist deine einzige Chance. Halt dich raus und dir wird nichts geschehen. Ich schwöre beim Fluss Styx, dir wird nicht geschehen, wenn du dich raus hältst!< Weit entfernt konnte ich das Grollen eines Gewitters hören, nur kurz und augenscheinlich nur ein einziges Mal, doch es bescherte mir eine Gänsehaut. Seine Augen wirkten hart, undurchdringlich. Und dennoch glaubte ich ihm.
I'm back, guys.
Sorry, dass wirklich ewig nichts mehr kam. Aber ja, ich lebe noch. Und nein, diese Story liegt NICHT auf Eis.
Stecke momentan in ner gewaltigen Schreibblockade und versuch mich da momentan wieder rauszukämpfen. Deshalb: Keine Ahnung, ob das Kapitel so ganz annehmbar geworden ist, aber das ist momentan das Beste, was bei mir rauskommt, wenn ich schreibe.
Hoffe, es hat euch trotzdem irgendwie gefallen.
See you
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Für den Olymp - Die Familiaris (slow updates)
Fanfic"Ich habe genug! Von all den Prophezeiungen, Kriegen und Toten! Du hast keine Ahnung, Clarisse! Nicht die geringste Ahnung hast du davon, wie man sich fühlt, wenn man nur durch so eine beschissene Prophezeiung für das Schicksal der ganzen Welt veran...