Kapitel 5

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Sasuke

Irgendwie, bin ich nicht sonderlich überrascht darüber, dass Shikamaru seine Probleme mit Naruto hat.
Aber das er so gehässig ihm gegenüber werden könnte, hätte ich mir selbst in meinen Träumen nicht vorstellen können.
Dennoch, ich kann die Abneigung die mein bester Freund, meinem Schützling entgegen bringt nicht verstehen.
„Du weißt rein gar nichts über ihn. Du hättest ihn auch einfach ins Krankenhaus bringen und wieder gehen können." antwortet er mir auf meine zuvor gestellte Frage.
Natürlich denkt er mal wieder pragmatisch und emotionslos, wenn ich nicht wüsste, dass er alles für Ino tun würde, könnte man meinen, dass er zu keinerlei Empfindungen fähig ist.
„Er wird nur solange hierbleiben, bis er wieder gesund ist und er alleine leben kann, ohne das ihm jemand helfen muss."
Shikamaru sieht noch weniger begeistert aus als vorher.
„Was glaubst du wie lange das dauern wird? Meinst du nicht du übertreibst, wenn du jedem der Hilfe braucht helfen willst?"
Finster sehe ich meinen besten Freund an.
„Wenn du dich auch so aufspielen willst wie Itachi, kannst du gleich wieder gehen. Der Kleine hat bis jetzt mehr durchgemacht, als jeder andere den ich kenne. Uns beide miteingeschlossen und er ist gerade mal 21!"
Okay, ich scheine einen wunden Punkt getroffen zu haben, ich weiß, dass weder er, noch ich eine leichte Kindheit hatten. Und damit anzufangen war wirklich hinterlistig. Aber schwere Situationen erfordern schwere Maßnahmen.
„Ich spiele mich nicht auf! Ich will nur nicht, dass dir etwas passiert! Woher weißt du, dass du ihm vertrauen kannst?"
Woher ich das weiß? Keine Ahnung, mein Bauchgefühl sagt es mir einfach, so wie damals bei Shikamaru.
„Woher wusstest du damals, dass du mir vertrauen kannst als wir die Firma gegründet haben? Ich weiß, dass wir zusammen studiert haben, aber du wusstest dennoch genauso wenig über mich, wie ich über dich! Und sieh uns jetzt an, wir sind die besten Freunde."
Das scheint ihn doch zum Nachdenken zu bewegen und er grübelt einige Minuten bevor er antwortet, „Na gut, das is'n gutes Gegenargument. Ich vertrau' diesmal auf dein Bauchgefühl. Aber sag nachher nicht, dass ich dich nicht gewarnt habe. Der Junge verändert dich. Ob zum Guten oder zum Schlechten bleibt abzuwarten."
Damit wäre das wenigstens fürs Erste geklärt.
Shikamaru beendet das Thema kurz und schmerzlos, bevor er mir einen kurzen Zwischenbericht, über das, was während meiner Abwesenheit in der Firma passiert ist, gibt.
Welche Investoren noch mit mir reden wollen, welche Projekte kurz vor dem Abschluss standen, usw.
Dennoch höre ich ihm nur mit halbem Ohr zu, meine Gedanken befinden sich bei dem kleinen Blondschopf, der nebenan in meinem Bett schläft.
Auf der einen Seite, kann ich Shikamaru mit seinen Zweifeln verstehen, immerhin habe ich nicht anders reagiert, als er bereits nach wenigen Tagen mit Ino zusammengezogen ist. Ich dachte damals, dass sie nur hinter seinem Geld her ist und ihn ausnutzen würde.
Jedoch habe ich bereits nach kurzer Zeit herausgefunden, dass Ino, Shikamaru über alles liebt. Und ich bin bis heute davon überzeugt, dass sie ihn niemals hintergehen würde.
Meine Gedanken schweifen wieder zu Naruto.
Ich stelle mir vor, wie schön es jetzt wäre, mich einfach neben ihn zu legen und ihn in meinen Armen zu ziehen.
Halt, was? Worüber denke ich denn jetzt schon wieder nach? Sasuke Uchiha, reiß dich gefälligst zusammen.
Ino scheint bemerkt zu haben, dass ich mit meinen Gedanken ganz wo anders bin, sie unterbricht Shikamaru aus seinem Monolog, verabschiedet sich von mir und zieht ihren verwirrten Freund hinter sich aus der Wohnung.
Wenige Minuten später, sitze ich alleine in meinem Wohnzimmer, ohne bemerkt zu haben, dass mein bester Freund und seine Freundin weg sind.
Ich werde schließlich aufgeschreckt, als sich von hinten zwei dünne, aber muskulöse Arme um meine Schultern legen.
„Sasuke?" Als ich nach oben blicke, bemerke ich, dass Naruto hinter mir steht und mich mit einem grüblerischen Gesichtsausdruck anschaut.
„Ja?" nachdem ich ihm geantwortet habe zieht er seine Arme zurück, sodass ein leeres Gefühl zurückbleibt. Wie gerne würde ich sie einfach wieder zurückziehen und für immer dort liegen lassen. Ich bemerke den seltsamen Ausdruck der sich auf sein Gesicht gelegt hatte.
„Hey, ist was passiert?" frage ich ihn besorgt.
„Sie, Herr Uchiha, sind passiert, du sitzt seit geschlagenen vier Stunden hier auf dem Sofa und starrst Löcher in die Luft. Du hast nicht mal mitbekommen, dass eben das Telefon geklingelt hat, oder, dass ich mir vorhin noch einen Tee in der Küche gemacht habe. Also entweder, findest du deine Wand so interessant, dass du den Blick nicht von ihr abwenden kannst, oder du zerbrichst dir gerade über irgendetwas den Kopf. Aber da ich das Erste für sehr unwahrscheinlich halte, muss es wohl das Zweite sein."
Was, vier Stunden? Erschrocken schaue ich auf die Uhr, und stelle fest, das Naruto Recht hat. 

Ich, Sasuke Uchiha, CEO von Uchiha International, habe einfach in die Luft gestarrt, als ob sie das Interessanteste auf der Welt wäre.
Wie gut, dass Naruto nicht in meinen Kopf schauen kann.
Denn natürlich hat er Recht.
Die Wand finde ich sehr uninteressant, ihn dafür umso interessanter.
Ich habe die letzten vier Stunden darüber nachgedacht, wie es wäre mit ihm zusammen zu sein.
Und das, obwohl ich weiß, dass so etwas niemals vorkommen wird
„Wer hat denn angerufen?" frage ich, um das peinliche Thema zu umgehen und auf andere Gedanken zu kommen.
„Eine Sakura, sie hat gefragt ob du heute Zeit hättest."
Sakura? Wieso ruft Sakura mich an? Wahrscheinlich hat Tsunade ihr von Naruto erzählt und sie wollte unbedingt alles Wissenswerte wissen.
Seufzend fasse ich mir an die Stirn, ich glaube, es wird mal wieder Zeit das ich meine Anti-Sakura-Ohrenstöpsel hervorkrame.
Im Ernst, ich mag Sakura, aber wenn sie unbedingt etwas wissen will, kann sie selbst die Leibgarde der Queen von England zum Reden bringen.
Auch wenn es nur ein genervtes „Halt endlich deine Klappe" ist.
Also ist die beste Taktik, wenn man mit Sakura befreundet ist: führe ein total langweiliges Leben.
Oder führe es interessant, nur so geheim, dass sie ja von niemandem, etwas davon erfahren kann.
Plötzlich fällt mir etwas auf.
Naruto steht immer noch neben der Couch und ich bin schon wieder mit meinen Gedanken abgedriftet.
Etwas besorgt sehe ich zu meinem Schützling,
„Sag mal, hat der Doc dir nicht eigentlich Bettruhe verdonnert?"
Der Kleine wird etwas rot um die Nase.
„Mir war langweilig und da deine Freunde schon vor ein paar Stunden gegangen sind, dachte ich mir, dir würde es nichts ausmachen, wenn ich etwas zu dir komme. Aber du hast einfach nur so dagesessen."
Er ist einfach zu süß, wahrscheinlich verhält es sich bei ihm ähnlich, wie bei mir, wenn ich krank bin.
Wenn ich den ganzen Tag im Bett liegen soll, bekomme ich irgendwann einen Koller vom ganzen Nichtstun.
Zwar wundert es mich, dass er trotzt des Fiebers so munter auftritt, aber vielleicht steckt er das ganze einfach besser weg, als manch anderer.
„Also, was hältst du davon, wenn du etwas Fernseh' schauen darfst? Ich ruf in der zwischen Zeit Sakura zurück."
Narutos Gesicht hellt sich auf.
„Ehrlich?"
Manchmal kommt eben doch das kleine Kind durch, denke ich mir, als ich lächelnd nicke und ihm die Fernbedienung in die Hand drücke.
„Aber schön zudecken, sonst schimpft Tsunade mit mir."
Jubelnd macht es sich Naruto auf dem Sofa bequem, nimmt eine der Decken die dort liegt, kuschelt sich hinein und schaltet den Fernseher ein.
Lächelnd gehe ich in die Küche, nehme das Telefon zur Hand und wähle Sakuras Privatnummer.
Es klingelt ein paar Mal bevor sie abhebt.
„Sasuke, hey, wer war denn der nette junge Mann vorhin am Telefon? Der hat sich wirklich schnuckelig angehört."
meldet sie sich, bevor ich auch nur erwägen kann sie zu begrüßen.
Oh Mist, anscheinend weiß sie es doch noch nicht.
Das kann was werden. Ich erkläre ihr kurz, wer Naruto ist und dass er eine Weile bei mir wohnen würde.
„Ach echt," man kann das Erstaunen in ihrer Stimme deutlich hören,
„Naja, egal, ich wollte dich ja fragen, ob du heute Abend schon was vorhast, aber ich glaube das hat sich sowieso erledigt. Vielleicht komme ich morgen mal vorbei, um Naruto 'Hallo' zu sagen. Bis dann."
Erstaunt sehe ich den Hörer in meiner Hand an. Habe ich das gerade geträumt, oder hat Sakura mich gerade am Telefon abgewimmelt?
Seltsam, normalerweise hätte sie mich jetzt Stundenlang über alles ausgefragt.
Nicht wichtig, ich sollte froh darüber sein, dass sie es nicht getan hat.
Also beschließe ich, es mir erst einmal neben Naruto auf dem Sofa gemütlich zu machen und ihm Gesellschaft zu leisten.

Naruto

Sasuke benimmt sich irgendwie seltsam, seit sein Freund vorhin hier war.
Ich sollte vermutlich kein Urteil darüber fällen, weil ich ihn erst seit heute kenne, aber irgendwie ist er komisch, als sein Freund und dessen Freundin gegangen sind, habe ich kein Wort des Abschieds von Sasuke gehört und auch Minuten vorher, war nur die Stimme des anderen zu hören, aber nicht die des Uchihas.
Eigentlich soll ich ja im Bett bleiben, aber als ich nach 3 Stunden noch immer kein Lebenszeichen von Sasuke gesehen habe, fange ich doch an, mich besorgt zu fragen, was los ist.
Trotz meiner schlechten Verfassung, geht es mir nach ein paar Stunden Schlaf, in einem warmen Bett, doch deutlich besser als noch vor mehreren Stunden, wenn nicht sogar Tagen.
Ich fühle mich zwar immer noch schlapp und kraftlos, doch die Spritzen die der Doc mir verpasst hat, zeigen langsam Wirkung.
Dennoch, fühle ich mich wieder gut genug, um aus dem Bett zu krabbeln und mich langsam zu Tür zu schleppen.
Als ich aus dem Zimmer trete, rechne ich fest damit, jeden Moment Sasukes wütende Stimme zu hören, warum ich nicht im Bett bin und mich ausruhe.
Doch nichts dergleichen passiert.
Erstaunt schaue ich zu Sasuke.
Er sitzt auf dem Sofa, eine leere Tasse vor ihm auf dem Tisch und starrt Löcher in die Luft, als ob sie das interessanteste im Universum wäre.
Ich gehe auf ihn zu, schaue ihn an, wedle mit der Hand vor seinen Augen doch keine Reaktion.
Seltsam, doch ich komme nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, denn das Telefon klingelt in diesem Moment.
Anscheinend noch immer abwesend, starrt Sasuke weiterhin in die Luft, ohne auch nur den Hauch einer Bewegung anzudeuten.
Also gehe ich kurzerhand zum Telefon, da mir der nervige Klingelton im Kopf weh tut und hebe ab.
„Bei Sasuke Uchiha, Naruto am Apparat, was kann ich für sie tun?"
fragte ich höflich als ich den Anruf entgegennehme.
Immerhin haben meine Eltern mir Manieren beigebracht, was man nicht von vielen Jugendlichen heute behaupten kann.
„Hier ist Sakura, ist Sasuke zu sprechen?" erklingt eine Frauenstimme am anderen Ende der Leitung.
Nanu, wer mag diese Sakura wohl sein, seine Freundin? Ich habe bereits einige Bilder in seiner Wohnung gesehen, die ihn mit einer jungen Frau mit seltsamen rosaroten Haaren zeigten. Vielleicht ist das diese Sakura, aber wieso interessiert mich das eigentlich?
Ich schaue zu Sasuke, der weiterhin wie hypnotisiert die Wand seines Wohnzimmers bestaunt.
„Tut mir leid, aber ich fürchte, Sasuke ist gerade geistig nicht anwesend."
Antworte ich deswegen, der jungen Dame am Telefon.
Man hört ein leises Kichern, am anderen Ende der Leitung bevor ein, „Okay, richte ihm bitte aus, dass ich angerufen habe und wissen will, ob er heute Abend schon was vorhat." ertönt und sie,
ohne ein weiteres Wort des Abschiedes, auflegt.
Komische Frau, denke ich mir und beschließe mir noch eine Tasse Tee zu machen.
Langsam frage ich mich, was wohl in Sasukes Kopf vorgeht, worüber er so angestrengt nachdenkt.
Vielleicht, hat sein Freund etwas gesagt was ihm nun keine Ruhe mehr gibt?
Naja, ich durchforste die Küche nach einer Tasse und dem Tee, währenddessen, gebe ich Wasser in den Wasserkocher und stelle ihn an.
Nach kurzer Zeit, werde ich in einem Vorratsschrank bei dem Tee fündig, er hat wirklich sehr exquisite Teesorten im Haus.
Eine Tasse zu finden war leicht, denn immerhin standen jene die wir zum Essen dabeihatten, auf der Spüle, also spüle ich sie kurzerhand aus und brühe mir den Tee auf.
Nachdem der Tee fertig ist, setze ich mich an die große Fensterfront, die eine Wand von Sasukes Wohnzimmer bildet, und schaute in den nächtlichen Sternenhimmel.
Doch nicht, ohne mir eine der gemütlich aussehenden Wolldecken von einem Stapel zu nehmen und mich darin einzukuscheln.
Ich sehe mein Spiegelbild im Fenster an und stelle fest, wie schrecklich ich eigentlich aussehe',
total abgemagert, blass und meine Haare hängen immer noch etwas verfilzt in mein Gesicht.
Ich trinke meinen Tee, stelle die Tasse anschließend auf die Spüle und entscheide mich dann dazu Sasuke endlich mal aus seinen Gedanken zu holen.
Jetzt muss ich mir nur noch herausfinden wie zum Teufel ich das anstellen soll.
Leicht lächelnd schleiche ich mich an Sasuke, obwohl das eigentlich total überflüssig ist da er eh nichts mitbekommt und lege meine Arme um seine Schultern
Erschrocken fährt der Uchiha zu mir um, und sieht mich entgeistert an. Doch als er merkt wer hinter ihm steht lächelt er sanft nur und fragt ob etwas vorgefallen sei.
Kurz kläre ich ihn über sein Verhalten in den letzten Stunden auf und er scheint darüber sichtlich erschrocken.
Ob ihm so etwas noch nicht passiert ist?
Als ich ihm dann von Sakuras Anruf berichtete sieht er ziemlich verdattert aus. Aber das hat sich schnell wieder gefangen.
Anscheinend lässt Sasuke nicht oft zu, dass jemand seine Gefühle kennt oder sieht.
Er scheint niemanden so nah an sich heran zu lassen, dass er sie sehen konnte.
Eine Schande, denn Sasukes Lächeln ist herzerwärmend.

Obdachlos - [Naruto Fanfiktion]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt