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• f r e d •
Resigniert lasse auch ich mein Besteck sinken und fange an, den Tisch abzuräumen. Wieso sollte sie mir auch schon verzeihen? Nur wegen eines Frühstücks? Nachdem die letzten Krümel vom Tisch gewischt sind und das ganze Geschirr abgewaschen ist, hänge ich mich an mein Handy. Ein paar Telefonate mit den Jungs stehen an, damit morgen mit der Party alles glatt geht.
"Ja, hey Finn, ich bin's. Du kümmerst dich also um..."
Eine geschlagene Stunde vergeht, bis alle Vorbereitungen getroffen sind und ich kurz aufatmen kann. Damit ist meine Zeit gekommen, ebenso ins Bad zu verschwinden. Nach einer ausgiebigen Dusche, den gewohnten 2 Minuten Zähneputzen und dem Haare-trocken-Wuscheln bin ich dann auch endlich fertig.
Ich klopfe an meiner Zimmertür. Welch Ironie! "Hey, alles ok Allie,?"
Als Antwort ertönt ein Rummsen im Inneren.
"Du, also fühl dich wie zuhause darin, aber ich bräuchte mal meine Gitarre."

• a l l i e •
Ich greife nach seiner Gitarre, die neben mir an der Wand hängt und bereits den ersten Staub aufgefangen hat, obwohl wir erst seit gestern wieder hier sind und sie seit gestern erst wieder dort hängt.
"Hier."
Ich öffne die Tür gerade nur so weit, dass die Gitarre mitsamt meines Arms durchpasst. Er soll nicht sehen, dass ich schon wieder geheult habe. Als er nach seiner Gitarre greift, streifen sich kurz unsere Finger. Augenblicklich zucken meine Mundwinkel. Aber ehe ich mich noch länger hinter der hölzernen Tür verstecke, drücke ich sie wieder zu und setze mich zurück auf sein Bett. Wenn er jetzt gleich anfängt zu singen, werd ich noch wahnsinnig. Das halte ich nicht aus! Zur Ablenkung suche ich in seinem Zimmer nach einem Buch, da meine Tasche immer noch im Wohnzimmer steht, somit auch meine Bücher. Die Entscheidung fällt mir schwer. So wie eigentlich alles im Moment.

• f r e d •
Ich setze mich mit meiner heißgeliebten Gitarre auf die Couch und fange erstmal an, sie zu stimmen. Nach der Tour ist sie noch ziemlich gut im Schuss, aber so ein Transport nach Hause tut einem Instrument nie gut. Ich schlage die Seiten an. Eine altbekannte Melodie erklingt.
"It's not true. Tell me I've been lied too. Crying isn't like you. Uuuh-Uuuh." Vielleicht hört sie dich ja, vielleicht ja auch nicht. Jedenfalls habe ich die roten Augen gesehen.
"What the hell did I do? Never been the type to. Let someone see right through. Uuuh-Uuuh." Meine Finger haben dieses Lied schon so oft gespielt, dass sie die Bewegungen schon von alleine ohne großes Nachdenken durchführen.
"Mmmh-mmmh. Maybe won't you take it back, say you were trynna make me laugh and nothing has to change today. You didn't mean to say i love you. I love you. And I want to. Mmmh-mmmh." Textveränderung. Idiot, Idiot. Schnell lege ich die Gitarre beiseite und raufe meine Haare. Ein paar dumpfe Schritte erklingen, dann das Quietschen der Bettfedern. Sie geht von der Tür weg. Sie hat zugehört. Argh!

• a l l i e •
Ich kann nicht verhindern, dass mir erneut die Tränen übers Gesicht laufen. Hastig wische ich sie mit meinen Händen weg. Sie perlen an meiner Haut ab und fallen auf sein Shirt. Ich sollte mir was anderes anziehen. Dringend. Allerdings spielt Fred nicht weiter. Zumindest kein Lied, nur einzelne Töne, sodass meine Tränen genug Zeit haben zu trocknen. Jedoch reiht er sie geschickt aneinander und es entsteht eine Melodie, die sich hören lassen kann. Auch sein Summen ist kaum zu überhören. _Begabt. Kreativ. Gutaussehend. Klug. Beliebt. Schrecklich. Meine Gedanken scheinen mir selbst so verwirrend und irrelevant  im Moment, dass ich den Kopf schütteln muss. Gib doch einfach zu, dass du ihn liebst und dass du ihm eigentlich nicht böse sein kannst, aber es sein willst, weil er wissen soll, was er für Scheiße gebaut hat. Eigentlich hast du ihm aber schon längst verziehen. Mir kommt die Überlegung, mich bei ihm zu entschuldigen. Nicht für die große Sache, da der Stolz sonst mächtig an mir nagen würde. Aber für meinen komischen Abgang gerade eben. Träge setze ich mich in Bewegung und öffne leise die Zimmertür. Das Wohnzimmer ist nur ein paar Schritte entfernt.
"Du Fred..?" Er schaut nach oben und klappt erschrocken ein kleines Notizbuch zu. Okay?
"Was gibt's?" Sachte klopft er neben sich auf die Couch. Ich lasse mich vorsichtig neben ihm fallen.
"Ich wollte mich nur entschuldigen für gerade eben. Das war ziemlich.. Seine Augen sind so schön. Hör' auf, mich immer so anzuschauen. Du machst mich verrückt!.. bescheuert. Ich habe überreagiert, aber ich dachte-, naja ist ja auch egal. Nimmst du meine Entschuldigung an?"

• f r e d •
Ziemlich überrumpelt starre ich in ihr Gesicht. Tiefe Schatten zeichnen sich unter ihren Augen ab und mit einem Mal wirkt sie völlig ausgelaugt. Diese Sache macht uns mehr zu schaffen, als wir denken. Höchste Zeit, sie aus der Welt zu bringen.. Vielleicht kann sie ja heute Abend- Meine Gedanken kommen zum Stehen, als ich ihren abwartenden Blick auf mir spüre. Sie möchte eine Antwort.
"Ja, kein Problem. War wohl alles... etwas viel auf einmal." Sie zuckt bei meinen Worten zusammen. Erneut verfluche ich mich für mein bescheuertes Verhalten. Ich möchte so gerne die Arme um sie schlingen, damit sie sich nicht so allein fühlt, dabei bin ich doch der Grund ihres Kummers. Flüchtig streife ich ihren Arm, damit ich überhaupt etwas mit meinen Hände mache. Die Berührung sendet eine unglaubliche Hitze in meinen Brustkorb.
"Was ich dir noch sagen wollte, Allie. Ich würde gerne heute Abend eine kleine Party hier feiern. Finn, Johnny, Luca und noch der andere Finn kommen, sowie ein paar andere Freunde und Bekannte. Die Zeit mit unseren veröffentlichten Singles ist jetzt nämlich vorbei. Wir werden bald unsere erste Ep releasen und deshalb.. ja." Hoffentlich bemerkt sie nicht meine Aufregung und was eigentlich das Unterfangen dieses Abends ist..

• a l l i e •
Eine Party war das Letzte, an das ich jetzt hätte denken können.
"Aha.", gebe ich trocken zurück und stütze mich vom Sofa. "Das hättest du mir ja ruhig etwas früher sagen können, schau mich doch mal an!" Sei nicht so zickig! Und hättest du nicht so ein Drama vorhin gemacht, hätte er es dir vermutlich schon erzählt. Ein kurzer Moment der Stille.
"Also in meinen Augen siehst du heute genauso schön aus wie sonst auch, aber gut." Fred lächelt mir aufrichtig zu und greift wieder zu seiner Gitarre, da er wahrscheinlich vermutet, dass ich den Raum eh verlassen wollte. Was ich auch vorhatte.
"Was?" Ich fühle ich auf eine merkwürdige Weise sehr ertappt. Und erneut haben seine Worte mein Herz zum Rasen gebracht.
"So wie du grinst, hast du schon verstanden, was ich gesagt habe. Ich freu mich auf heute Abend." Ohne noch weiter auf mich zu achten, spielt er weiter. Ich habe gar nicht gemerkt, wie sehr ich wohl grinsen musste. Idiot.

warm colours 🍂 (giant rooks ff) [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt