Die Zeremonie

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Nervös ließ ich meine Augen über die Menge schweifen. Ganz Phinea hatte sich heute Nachmittag im Tempel zusammen gefunden. Und jeder von ihnen schien genauso nervös und aufgeregt zu sein wie ich. Wer wohl dieses Jahr auserwählt werden würde? Den Kopf schüttelnd und tief durchatmend wandte ich meinen Blick von den Menschen ab und starrte auf den Boden, um meinen Füßen dabei zuzusehen, wie sie nervös auf dem sandigen Boden scharrten.

"Miko Schatz, du brauchst doch nicht nervös zu sein", hörte ich die vertraute Stimme meiner Mutter und spürte im nächsten Moment ihre warme Hand auf meiner Schulter.

"Du kannst schließlich überhaupt nicht ausgewählt werden", erinnerte sie mich und lächtelte sanft.

Das war die Wahrheit. Lediglich Frauen in ihrem 21. Lebensjahr kamen als Kandidatinnen infrage. Ich war männlich. Für einen kurzen Moment keimte Enttäuschung in mir auf. Aber selbst wenn da nicht dieses Hindernis wäre; Wollte ich überhaupt auserwählt werden? Die Auserwählten wurden verehrt. Es war die größte Ehre die einem zu Teil kommen konnte, den König persönlich zu Gesicht zu bekommen. Niemand aus dem Norddorf hatte ihn bisher gesehen. Zwar gab es viele Gerüchte über ihn, aber keiner konnte beurteilen ob sie der Wahrheit entsprachen oder bloß frei erfunden waren.

Mein Blick schlich zu den Kandidatinnen. Sie sahen so wunderschön aus in ihren farbenfrohen Kleidern, den aufwendigen Frisuren und dem auffälligen Make up in ihren zarten Gesichtern. So schön sahen die Frauen hier nur einmal im Jahr aus. Dann taten ihre Eltern alles dafür, dass ihre Tochter die schönste von allen war, um sicherzustellen, dass ihre Tochter diejenige war die ausgewählt wurde, obwohl überhaupt niemand die Kriterien kannte, nach denen der König jemanden erwählte. Es schien ihre Eltern nicht zu stören, dass noch nie eine der Auserwählten bisher zurück gekehrt war. An sie erinnerte lediglich die heilige Schrift, in der alle Namen der bisherigen Auserwählten festgehalten wurden. Niemand wusste, was sie genau im Schloss des Königs erwartete. Für mich stand jedoch fest, dass er als Oberhaupt unseres Landes das größte Interesse am Wohlergehen seines Volkes hatte. Daher war ich mir auch sicher, dass die Auserwählten sicher ein tolles Leben führten.

In der Ferne ertönte das Wiehern eines Pferdes. Ein aufgeregtes Raunen durchfuhr die Menge, die nun all ihre Aufmerksamkeit der vorfahrenden königlichen Kutsche schenkte. Der Kutscher stoppte die zwei Schimmel, die edlen Purpurnen Kopfschmuck trugen und die schwarze Kutsche zogen, direkt vor dem Tempel. Die gold verzierte Tür öffnete sich mit einem knarrenden Geräusch und ein edel gekleideter, mittelgroßer Mann mit Honigblonden Haaren und Ozeanblauen Augen stieg aus. Seine Statur war kräftig und sein Auftreten strömte eine große Macht aus. Er war der Vertreter des Königs, Samu, denn der König kam niemals persönlich zu seinem Tempel. Aber das konnte auch niemand von ihm verlangen. Er war es schließlich, der für unsere Sicherheit sorgte und uns vor den anderen Königen beschützte.

Unser König war der mächtigste Magier von allen Königen und jeder andere war sich dessen bewusst. Niemand, der bei Verstand war, würde ihn freiwillig angreifen. Samu schritt elegant an dem Volk vorüber, während wir demütig vor ihm niederknieten. Er erklomm die Treppen zu dem steinernen Thron, der in der Mitte des Tempels auf ihn wartete und ließ sich auf ihm nieder. Angespannte Stille herrschte. Jeder wartete auf eine Regung des königlichen Vertreters. Dieser nickte kurz und wir begannen unsere Volkshymne zu singen. Sie wurde nur zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten, Beerdigungen, Geburten oder eben der Zeremonie gesungen.

Während wir sangen lockerte sich die Stimmung etwas. Doch kaum waren wir verstummt, fand auch die Atmosphäre wieder zu ihrer vorherigen Ernsthaftigkeit zurück.

Ein dunkler Schleier der Hoffnung und Angst legte sich nach und nach über den Tempel, denn es nährte sich die Entscheidung, wegen der wir heute alle hier versammelt waren.

The Magician (boyXboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt