11. Kapitel

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In Ruhe frühstücken die beiden, dieses Mal sogar ohne Unterbrechung von Reids Kollegen. Und kaum sind die beiden fertig, macht Chelsea sich schon daran, alles wegzuräumen. Wortlos steht sie auf und stellt die Nahrungsmittel wieder zurück in den Kühlschrank.

„Noch einen Kaffee?", fragt sie das junge Genie fast zeitgleich, doch er schüttelt nur den Kopf, als sie wieder zu ihm sieht. Kurz mustert er sie noch. Wie sie da steht, ihre Arme wegen des Shirts entblößt. Natürlich achtet sie nicht so sehr darauf ihre Narbe zu verstecken, wenn sie zuhause ist. Er schüttelt kurz den Kopf, will nicht, dass sie etwas bemerkt. Doch er will auch auf keinen Fall tatenlos zusehen, so steht er ebenfalls auf und hilft ihr – sehr zu ihrem Missfallen.

„Spencer, du musst mir nicht helfen.", lächelt sie leicht und will nach den Tellern greifen, die der junge Agent schon in seiner Hand hält. Er jedoch hebt einfach seinen Arm, sodass sie nicht an sie herankommt.

„Ich will dich aber nicht alles machen lassen.", erwidert er ihr nur, ein leichtes Lachen in der Stimme. Die Blonde verzieht kurz schmollend den Mund, ehe sie versucht sich hochzurecken, um die Teller zu bekommen. Er grinst jedoch nur leicht über ihr Verhalten. Zumindest bis er bemerkt wie nahe sie ihm dadurch gekommen war. Sie lehnt sich fast schon an ihn, während sie auf ihren Zehenspitzen steht und sich nach oben streckt. Auch Chelsea fällt die Nähe auf und als ihr Blick den des Braunhaarigen kreuzt, lässt sie langsam ihre Arme sinken. Sie schluckt, entfernt sich aber nicht von ihm. Spencer tut es ihr gleich. Er platziert die Teller wieder auf dem kleinen Tresen, während er seinen Blick nicht von dem ihren abwendet.

Reid legt seine Hände leicht auf ihre Unterarme und streicht langsam über die vernarbte Haut nach oben bis er an ihren Schultern angekommen war. Währenddessen läuft Chelsea ein leichter Schauer über den Rücken, sie genießt geradezu seine leichten Berührungen. Er ist der Erste, der ihre Haut von sich aus berührte. Der keine wirkliche Angst davor hatte, sie anzufassen oder den der Anblick abschreckt oder gar verstört.

Vorsichtig legt sie ihre Hände auf seine Brust, lehnt sich noch weiter zu ihm. Zeitgleich beugt sich das junge Genie etwas herunter, schließt seine Augen. Erst als er spürt wie seine Nase die der Blondine streift, hält er inne. Er erinnert sich wieder an die Situation, in der sie vor einer Weile schon einmal waren. Und wie Chelsea darauf reagiert hatte. Auf keinen Fall will er sie zu etwas zwingen, was sie nicht will. Oder sie gar bedrängen. So wartet er ab, will eigentlich wieder ein Stück zurückweichen.

Chelsea macht diesen Plan jedoch zunichte, indem sie ihren ganzen Mut zusammennimmt und die kurze Distanz überbrückt. Mit leichtem Druck legt sie ihre Lippen auf die seinen. Zittert leicht aus Angst davor, wie Spencer auf ihr Handeln reagieren wird.

Nach dem ersten Moment der Überraschung, erwidert der Braunhaarige ihren zaghaften Kuss. Allerdings – zu seiner eigenen Überraschung – etwas sicherer. Seine Hände wandern von ihren Schultern langsam auf ihren Rücken, ziehen sie näher an sich heran. Chelseas Zittern lässt augenblicklich nach und auch sie drängt sich weiter an ihn. Langsam gleiten ihre Hände nach oben, legen sich leicht in seinen Nacken, in dem Versuch, ihn näher an sich zu ziehen.

Das Genie war es eigentlich gewohnt, dass ihm durchgehend unzählbar viel durch den Kopf geht, doch in diesem Moment kann er nicht einen klaren Gedanken fassen. Plötzlich dreht sich alles um Chelsea. Darum wie nahe sie ihm ist. Wie weich sich ihre Lippen auf seinen anfühlen. Und wie sehr er sich wünscht, dass dieser Augenblick nie endet.

Der Blonden geht es ähnlich. Sie ist es gewohnt, eher vorsichtig und distanziert zu sein, wenn sie es mit anderen Leuten zu tun hat. Aber Spencer gibt ihr eine gewisse Sicherheit. Das Gefühl, dass nicht alle Menschen absolut schlecht sind und sie in jedem Augenblick wegstoßen könnten, nur weil sie so ist, wie sie ist. Sie fühlt sich wohl bei ihm, das Chaos, das normalerweise in ihr herrscht, scheint sich etwas zu beruhigen, wenn er in ihrer Nähe ist.

Sie verharren eine Weile, genießen den Moment. Bis Chelsea langsam den Kuss löst, ihren Kopf an seine Brust legt und ihn umarmt. Reid ruht seinen Kopf leicht auf dem ihren, hält sie wortlos in seinen Armen.

„Scheint als wären wir wirklich zusammen und es war nicht nur ein Traum.", summt sie leise und ein Lächeln breitet sich auf Spencers Gesicht aus.

„Das hoffe ich doch.", murmelt er und drückt ihr einen leichten Kuss aufs Haar. Sie löst sich von ihm und lächelt ihn an, ehe sie sich daran macht die Küche fertig aufzuräumen. Dieses Mal lässt sie das junge Genie ihr sogar helfen.

Nachdem sie in der Küche fertig sind, begeben die beiden sich wieder ins Wohnzimmer. Doch Reid geht eine Sache nicht aus dem Kopf. Die ganze Zeit über schon macht er sich Gedanken um den Vorabend. Darüber wie es Chelsea ging, wie und worauf sie reagiert hat. Bisher hatte er es nicht angesprochen, wollte warten, bis es ihr wieder besser geht. Allerdings brennen ihm die Fragen darum unaufhörlich auf der Seele.

„Chelsea...", beginnt er als er auf dem Sofa platzgenommen hat. Bei seinem Tonfall wird die Blonde direkt hellhörig, setzt sich neben ihn während ihre Augen neugierig auf dem jungen Genie liegen.

„Ich war mir nicht sicher, ob ich es ansprechen soll aber... Ich muss zugeben, ich bin doch sehr neugierig. Und ich verstehe auch, wenn es dir unangenehm ist oder du nicht darüber reden willst aber... Ich will dir wirklich helfen und nach der Situation gestern Abend-"

„Du möchtest wissen, was mein Verhalten gestern ausgelöst hat.", unterbricht sie seinen Redeschwall. Sie sieht ihn nicht an, schaut nur auf ihre Hände herab, deren Finger sie miteinander verhakt hat. Reids Blick ist auf sie fokussiert und er muss kurz schlucken, ehe er leise zustimmt. Chelsea beißt sich auf die Lippe ehe sie den Kopf hebt und in seine braunen Augen sieht.

„Das... ist etwas kompliziert. Und hat viel damit", ihr Blick schweift herab zu ihren Armen, „zu tun." Sie schluckt hörbar. An ihrer Gestik und Mimik kann das Genie klar erkennen, dass es ihr etwas unangenehm ist, sich daran zu erinnern und darüber zu reden. Er greift nach ihrer Hand, verhakt seine Finger mit den ihren. Will ihr zeigen, dass er für sie da ist und ihn auch so schnell nicht mehr los wird. Langsam hebt sie den Kopf wieder, lächelt ihn an. Ein brüchiges Lächeln.

„Du musst es mir jetzt nicht erzählen. Ich werde warten, bis du bereit dazu bist.", lächelt er zurück und streift ihr mit der freien Hand über die Wange. Sie nickt, drückt seine Hand leicht um zu zeigen, dass sie dankbar dafür ist.

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