7 - Der Schritt ins Ungewisse

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Joseph erwachte von dem schrillen Pfiff einer Trillerpfeife. Ruckartig saß er senkrecht im Bett. Eine weiße Haarsträhne versperrte ihm die verschwommene Sicht. Er musste sie erst entfernen und sich die Augen reiben bevor er sehen konnte wer mit ihm im Raum stand.

Es war Martha, in voller Montur. Sie sprühte vor Energie und hatte die Hände in die Hüften gestämmt. Die Trillerpfeife hatte sie sich um den Hals gehängt.

,,Na? Wach?", fragte sie mit einem verschmitzten Grinsen auf dem Gesicht.

Joseph starrte sie finster an. Er wusste nicht mehr viel, was er aber wusste war, das er es hasste so früh, so unsanft geweckt zu werden. Er war zwar ein Frühaufsteher aber Martha übertraf sogar ihn.

"Jetzt mach doch nicht so ein Gesicht~ Bist nicht gerade ein Sonnenschein, was? Den Morgenmuffel werde ich dir noch austreiben, wirst schon sehen!" Sie lachte und ging wieder zur Tür, wo die dunkelhäutige Frau missmutig auf sie wartete. Wahrscheinlich war sie als Backup mit Martha gegangen.

Bevor sie den Raum verließen, drehte sich Martha noch einmal um. "Aufstehen!", rief sie und ließ die Tür offen stehen, was Joseph nur noch mehr reizte.

Mit einem Knurren stand er auf und schloss sie wieder. Er musste es gar nicht erleben um es zu wissen... Das Training mit Martha würde kein Spaß werden.

Noch während er sich die Haare zusammen band, fiel ihm auf, das die ganzen Magnete vom Boden entfernt worden waren. Vertrauten sie ihm jetzt doch genug?

Joseph stieß einen Seufzer aus und schüttelte den Kopf. Was auch immer passierte, er würde es so nehmen müssen wie es kam.

Er öffnete die Tür und trat aus seinem Raum. Davor stand der Trainingstrupp, bestehend aus Martha, Fiona, Emily und Carl. Die vier unterhielten sich doch als Joseph sein Zimmer verließ, drehten sie sich ruckartig um.

"Warte stop-!!" Plötzlich hechtete Carl nach vorn doch es war zu spät. Mit einem schweren "klonk" heftete sich der Magnet an den verwirrten Joseph und beförderte ihn kraftvoll zurück in den Raum. Der Schrank an der gegenüberliegenden Seite stoppte seinen Flug und zitterte leicht als Joseph mit dem Rücken dagegen krachte.

Die vier hielten die Luft an.

"Ich dachte du sagst es ihm BEVOR er raus kommt!" Fiona warf Martha einen vorwurfsvollen Blick zu. Diese fühlte sich sichtlich schuldig.

"N-naja jetzt ist er auf jeden Fall wach...", versuchte sie sich kläglich zu verteidigen.

Joseph hörte ihnen nicht zu. Langsam richtete er sich wieder auf und griff nach seinem stechenden Kopf. Leise knurrend ballte er die andere Hand zu einer Faust. Seit er hier ankam, war er nur schikaniert worden. Warum ließ er sich das gefallen? Er hatte zwar sein Gedächtnis verloren, das bedeutete aber nicht das diese Gruppe von Zwergen mit ihm tun und lassen konnte was sie wollten.

Wut kochte in seiner Brust als er die vier anfunkelte. Er wollte gerade ungemütlich werden, als er von einer sanften Berührung aus der Bahn geworfen wurde.

"Ist alles in Ordnung?" Carl war auf ihn zu gekommen und hielt beide seiner Arme in einem kaum merklichen Griff. Er strahlte vollkommene Ruhe aus.

Joseph's Knie wurden weich als er in die aufrichtig besorgten, grauen Augen sah.

"Ich... ja...", murmelte er und konnte die Wut, die er bis eben noch verspürt hatte, nicht mehr wieder finden.

Schließlich mischte sich auch Martha ein. "Tut mir leid!", rief sie von draußen und winkte entschuldigend mit einer Hand.

Mit einem tiefen Seufzer stieß sich Joseph von dem Schrank ab und schloss sich mit der kleinen Gruppe zusammen.

"Wohin gehen wir?", fragte er als sie sich auf den Weg zum Eingangsbereich machten.

Fiona schien äußerst motiviert. "Zur roten Kirche!", zwitscherte sie fröhlich. "Wir haben ein Probespiel vorbereitet."

Joseph runzelte verwirrt die Stirn. "Spiel...?"

Marthe warf einen Arm um Fiona's Schulter und bedeckte mit der Hand ihren Mund. "Sie meint ein Probetraining. Training." Sie nickte bejahend während sich Fiona in ihrer Umarmung sträubte.

Joseph hatte keine Ahnung wovon sie sprachen. War es sicher anzunehmen das sie lediglich verrückt anstatt gefährlich waren? Er ignorierte wie die beiden Frauen sich zankten und spähte stattdessen in Carl's und Emely's Richtung.

Die beiden waren deutlich ruhiger. So ruhig das Joseph erst jetzt die kleine Schachtel bemerkte, die die junge Ärztin trug. Hatte das ebenfalls mit dem Training zu tun? Wahrscheinlich waren es erste Hilfe Materialien. Die hatte eine Ärztin so bei sich... oder? Joseph beäugte die Kiste, kam jedoch nicht mehr dazu zu fragen was sich darin befand.

Denn genau in dem Moment erreichten sie die große Tür, die nach draußen führen sollte. Da traf es Joseph wie einen Blitz. Er war bis jetzt weder draußen gewesen, noch hatte er aus dem Fenster gesehen. Vielleicht würde die Umgebung dafür sorgen, das er sich erinnerte. Rote Kirche hatte Fiona gesagt...? Der Name sagte ihm nichts. Noch nicht.

Martha hielt vor der Tür an und alle versammelten sich um sie.

"Okay.", begann sie und rüstete sich mit ihrer Pistole. "Wenn wir da durch gehen werden sicherlich ein paar Fragen aufkommen..." Sie sah Joseph an. "Lass alles am besten erstmal auf dich wirken bevor du sie stellst."

Joseph nickte, wenn doch etwas verunsichert. Sie sprach als wäre es eine große Sache durch eine Tür zu gehen. Als wäre es gefährlich da draußen. Er schaute erneut zu Carl der unmerklich am Ärmel seiner eigenen Jacke zupfte. Joseph blinzelte. War er nervös? Sein Gesicht gab nichts preis, dennoch war es als konnte Joseph seine Bewegungen deuten. Er schien ihm so vertraut. Alles an ihm.

Martha riss ihn aus seinen Gedanken. "Dann mal los." Für einen Moment wurde ihr Gesicht ernst als sie die anderen drei ansah. Sie nickten entschlossen zurück.

Joseph wurde das Gefühl nicht los das es hier um weitaus mehr ging als um sein verlorenes Gedächtnis.

Martha griff die beiden Henkel der Tür und stieß sie kraftvoll auf. Mit einem kalten Knarzen schwungen die beiden Flügel beiseite und ein gleißend helles Licht stach ihnen entgegen.

Joseph hielt sich reflexartig die Hände vor das Gesicht, doch selbst das war nicht genug. Die Umrisse der anderen wurden langsam von der leeren Weiße verschluckt. Irgendwann war auch er gezwungen die Augen zu schließen. Von da an konnte er sie nicht mehr öffnen, egal wie sehr er es auch versuchte. Sie waren wie zusammengeklebt. Seine Augäpfel brannten von dem stechenden Licht. Es fühlte sich an als würde er jeden Moment das Gleichgewicht verlieren. Er hatte jegliche Orientierung verloren. Etwas sog ihn in eine unbekannte Richtung und rief seinen Namen. Es war die Stimme eines Mannes, die seiner zu sehr ähnelte.

Fortsetzung folgt...

[ So Prüfungen sind vorbei und das Erste was ich mache, ist ein Kapitel raus hauen. ENDLICH! Vielen Dank für die Geduld. Ich hoffe ihr kommt noch mit. Wenn nicht, einfach nochmal von vorne lesen. ;P Was denkt ihr soweit? Bleibt Joseph das zahme Schäfchen sobald er von der Leine gelassen wird? Oder wird ihn der Jagdtrieb wieder zum Jäger machen? Ich bin gespannt auf eure Vermutungen! ]

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