Konsequenzen

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26. Kapitel

Milan

Auf meinem Handy Display finde ich nach dem Training drei verpasste Anrufe von Devon.

Ich überlege nicht lang, sondern schultere meine Sporttasche und steige auf mein Motorrad, um zu ihm zu fahren. Über mir schwebt wie immer dieses miese Gefühl, wenn in die Straße einbiege, in der sich sein Wohnblock befindet. Vielleicht klingt das arrogant und überheblich, aber ich hasse, dass er in diesen Verhältnissen leben muss, weil er seinen Vater zu sehr liebt.

Positiv ist, dass sich Devon wenigstens bei Spencer in der Bar zusammengerissen hat. Er kommt zwar immer zu spät zu seinen Schichten, aber er taucht auf. Und seine Arbeit soll er auch ganz gut machen.

Ich klopfe an die Tür vom 13. Appartement und warte. Devons Schritte auf dem alten Parkett sind schwer und langsam. Er öffnet sie Tür und, als er mich sieht, rümpft er die Nase. Einen Moment lang sehen wir uns nur an, bevor er sich umdreht und zurück in die Wohnung geht. Da ist er wie sein Vater: Eine offen stehenbleibende Tür ist quasi die Einladung nach drinnen zu kommen. Also folge ich ihm in das unaufgeräumte Wohnzimmer. Auf dem Couchtisch steht eine Wasserpfeife, auf der die Kohle bereits durch und zerfallen ist.

„Was willst du?", fragt Dev und bleibt am Fenster stehen, in nötiger Distanz zu mir. Er glaubt, dass ich wütend bin. Dass ich tobe. Darauf wartet er vermutlich seit drei geschlagenen Wochen und nichts kommt. Weil ich mich dazu entschieden habe nicht mehr zu toben. Nicht wütend zu sein. Nicht auf ihn. Ich habe ihn zu dem Frühstück bei Mom gebeten, damit er das begreift. Damit er sieht, was er hat. Dass es Menschen gibt, die für ihn da sind.

„Wo ist Vince?", frage ich, obwohl ich die Antwort kenne.

„Knast", sagt Dev, als wäre das nichts. Spencer hat mir davon erzählt, weil Devon deshalb dieses Wochenende frei haben wollte. Und vielleicht spielt das in meine Entscheidung, ruhig zu bleiben, ein bisschen mit rein. Denn das letzte, was mein Bruder gebrauchen kann, sind Vorwürfe.

„Kommt er zurück?"

Devon zuckt mit den Schultern und ballt die Hände zu Fäusten." Sie klagen ihn an."

Ich schnaube. „Wegen des bisschen Cracks, dass er immer bei sich hat?"

„Wegen allem. Weil er ein Arschloch ist und so."

Es tut weh die Verzweiflung aus seiner Stimme herauszuhören. Anfangs hat Devon Mom die Schuld für all das gegeben. Weil sie sich von Vince getrennt hatte. Da wusste Dev nur noch nicht, dass sein Vater bereits seit Jahren wieder ein Problem mit seinem Konsum etwaiger Substanzen hat.

„Ich weiß, dass das scheiße ist, aber Vince hat ein Problem und du solltest da nicht mit reinge-"

„Es war meins."

„Was?"

„Sie haben ihn wegen fünf Kilo Koks verhaftet, die ich hier gelagert habe. Er hat gelogen und gesagt, dass es seins ist."

Ich will nicht ausrasten, erinnere ich mich. Verdammt, ich will ruhig bleiben. Ich will das so sehr, dass die Anspannung, die sich in meinem Körper aufbaut, meine Haut beinahe zum Zerbersten bringt. Würde es helfen, ihn anzuschreien? Ihn zu maßregeln? Nein.

Und trotzdem muss ich irgendwas tun, um meinen Frust loszuwerden. Also trete ich gegen den Couchtisch, der in sich zusammenfällt. Die Wasserpfeife landet krachend auf den Boden und zerspringt in unzählige Einzelteile.

„Fuck, Dev. Ernsthaft?"

Ich habe nicht das Gefühl, dass wir am Höhepunkt der schlechten Entscheidungen, die mein kleiner Bruder trifft, angekommen sind. Weil er immer wieder eine Schippe drauflegt. Immer wieder folgt etwas Neues. Immer noch mehr Kopfschmerzen.

To be RecklessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt