Geschichten

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3. Kapitel

Milan

»Bist du echt dumm genug dich - wieder einmal - für jemanden zu verbürgen?«

Womöglich hätte ich Kjell noch härter rannehmen müssen. Stattdessen bin ich davon ausgegangen, dass es ihm nach ein paar Schlägen, einer halb-festen Drohung und einem Spaß auf seine Kosten bereits reichen würde. Auf mich wirkte er nicht wie ein ehrgeiziger Typ und vermutlich habe ich ihn damit einfach nur unterschätzt. Denn Josh erzählt mir, dass Kjell straight nach unserem Intermezzo seinen Vertrag unterschrieben hat. Ohne irgendetwas davon zu hinterfragen. Mut oder Dummheit? Ich weiß es bereits vorab.

Ein Seufzen gleitet mir durch die Lippen, als ich mir die Worte von Josh noch einmal durch den Kopf gehen lasse. Es kommt für mich nicht in Frage mich erneut für jemanden zu verbürgen - Josh hat unrecht: So dumm bin ich nicht.

»Ich habe nicht die geringste Ahnung was für Sympathien du dem Kleinen gegenüber hegst - ist mir auch ziemlich egal. Aber falls ich dich damit beruhigen kann: Es besteht unsererseits derzeit nur die Absicht rein geschäftlich und neutral mit ihm zusammen zu arbeiten. Du weißt worum es geht«, sagt Josh und versucht damit mich zu beruhigen. Weil er grinst, verfehlt er damit sein Ziel konsequent. Ich müsste mich daran längst gewöhnt haben, denn ich weiß, dass man Josh erstens, nicht vertrauen kann und zweitens, grinst er immerzu dämlich in der Gegend herum - vor allem, wenn er sich überlegen fühlt. Mich kotzt es an, dass er es in dieser Situation wieder einmal ist.

»Der Typ ist mir egal. Es geht mir um was anderes, du weißt das.«

Josh macht eine abwehrende Handbewegung und lässt sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen. Mit genervter Miene schiebt er mir einen winzigen Papierstapel über den Tisch. »Wenn du dich selbst überzeugen möchtest, viel Spaß.«

Ein kurzer Blick auf das obere Blatt verrät mir, dass es sich um den Vertrag zwischen Kjell Jaeger und Josh & Edgar Pix GmbH handelt. Ich nehme das Papier zwischen meine Finger und überfliege die ersten Zeilen. Vielleicht glaubt Josh, dass mir das reichen würde, denn er zieht überrascht die Brauen in die Höhe, als ich aufstehe und die Papiere mitnehme. »Ich seh' mir das in Ruhe an.«

»Tu was du nicht lassen kannst. Aber Milan: Lass den armen Jungen in Ruhe. Ich hab ehrlich keinen Bock darauf, dass du uns das Ding vermasselst.«

Er tut so, als hätte ich es mir zur Lebensaufgabe gemacht ihm die Tour zu vermasseln. Das ist nicht so. Denn sein Erfolg bedeutet für mich, dass ich noch schneller aus diesem Mistladen raus bin und nie wieder ein Wort mit Idioten wie Josh wechseln muss. Doch seine Idee, mich zu vermarkten - aus Fox Clancy eine etablierte Marke zu machen -, passt mir absolut nicht in den Kram. Es würde bedeuten, dass mir der Ruhm dieser Misere noch viel länger am Arsch kleben bleibt und das Nachhallen all dessen wird höllisch schmerzen. Es würde bedeuten, dass die Verbindung zwischen Fox Clancy und Milan Hastings noch viel stärker werden würde. Und ich hasse alles daran.

»Wird amüsant seine Grenzen zu testen«, gebe ich nüchtern zurück, um nicht den Eindruck zu erwecken mir läge tatsächlich etwas an Kjell. Ich höre das Lachen von Josh noch, als ich bereits aus der Tür verschwinde und sie hinter mir ins Schloss fallen lasse. Nach jedem Gespräch mit Josh spüre ich, wie die Anspannung in mir nur langsam abfällt. Wut überkommt mich, hängt sich in meine Nervenbahnen und es ist mühsam dieses Gefühl loszuwerden, weil ich es bereits viel zu lang mit mir herumschleppe.

Josh hat mein Leben zu etwas gemacht, für das ich mich schäme. Ich hatte nie einen Faible für Kampfsport, nicht einmal das geringste Interesse daran. Dass ich inzwischen ein begnadeter Kämpfer bin, der sich einen Namen gemach hat, ist pure Ironie. Gewalt ist nicht mein Ding, eine Tatsache, die verwischt, sobald man andere Leute fragt.

To be RecklessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt